Online-Nachricht - Montag, 25.05.2020

Einkommensteuer | Teleologische Reduktion des § 3c Abs. 2 EStG bei Zinsen auf Darlehen von Gesellschaftern (BFH)

Der BFH bestätigt die Nichtanwendung des Teileinkünkfteverfahrens für Sonderbetriebseinnahmen. § 3c Abs. 2 EStG findet im Wege teleologischer Reduktion in dem Umfang auf Betriebsausgaben der Gesamthand keine Anwendung, soweit diese Sondervergütungen der Gesellschafter sind (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 3c Abs. 2 EStG dürfen u. a. Betriebsausgaben, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zu 60 % abgezogen werden. Die Norm bezweckt, dass bei steuerbefreiten Einnahmen kein doppelter steuerlicher Vorteil durch den zusätzlichen Abzug von mit diesen Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen erzielt wird.

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG mit Sitz im Inland. Gegenstand ihres Unternehmens ist u. a. die Verwaltung einer 100 %-igen Beteiligung an einer spanischen Aktiengesellschaft. Beteiligte der Klägerin sind die A GmbH als Komplementärin ohne Kapitaleinlage sowie im Streitjahr insgesamt 85 Kommanditisten. Die Gesellschafter gaben der Klägerin Darlehen gegen angemessene Verzinsung.

In ihrer Feststellungserklärung erklärte die Klägerin laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb und für ihre Gesellschafter Sonderbetriebseinnahmen (in Form von Zinseinkünften aus Gesellschafterdarlehen), die jeweils dem Teileinkünfteverfahren unterlägen, da im Ergebnis ansonsten eine Doppelbesteuerung und keine Gesamtbesteuerung vorliegt.

Das FA erhöhte im Rahmen einer Außenprüfung die Sonderbetriebseinnahmen und ordnet diese nicht dem Teileinkünfteverfahren zu.

Da eine exakte Zuordnung der Betriebsausgaben auf Gesellschaftsebene nicht möglich war, hatte das FA die auf die nach § 3 Nr. 40 EStG begünstigten Einnahmen entfallenden Ausgaben dahin geschätzt, dass die Betriebsausgaben im Verhältnis der vereinnahmten Dividenden zu den Gesamteinnahmen nach § 3c Abs. 2 EStG nur teilweise abzugsfähig sind. Das FA ging damit davon aus, dass auch von den Betriebsausgaben (und damit auch von den Zinszahlungen an die Gesellschafter) gem. § 3c Abs. 2 EStG nur zu 60 % abzugsfähig sind. Im Ergebnis kam es zur 100%-igen Besteuerung der Zinseinkünfte auf Ebene des Sonderbetriebsvermögens und auf Ebene der Gesellschaft nur zum Betriebsausgabenabzug von 60 % für die Zinsaufwendungen gem. § 3c Abs. 2 EStG.

Das FG () entschied, dass Zinseinnahmen aus Gesellschafterdarlehen, die die Gesellschafter einer Personengesellschaft als Sondervergütungen bezogen haben, nicht deshalb dem Teileinkünfteverfahren unterliegen, weil die Gesellschaft ihrerseits Dividenden aus ihrer Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft bezogen hat.

Die Klägerin (GmbH & Co. KG) legte Revision ein.

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück:

  • Bei den Sonderbetriebseinnahmen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 2. HS EStG) geht es um Vergütungen, die die Gesellschafter der Klägerin von dieser für die Hingabe von Darlehen erhalten haben. Dem Grunde nach handelt es sich allerdings um sonstige Kapitalerträge i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, die wegen § 20 Abs. 8 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören. Dementsprechend unterfallen die streitigen Sondervergütungen nicht dem Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d Satz 1 EStG.

  • FA und FG haben allerdings nicht berücksichtigt, dass das Teilabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG auf solche Zinszahlungen der Gesamthand nicht anzuwenden ist, die Sondervergütungen der Gesellschafter sind. Eine entsprechende Berücksichtigung ist jedoch im Streitfall nicht mehr möglich.

  • Die sog. „Bruttomethode“ ist für die Feststellung eine rechtlich zulässige Feststellungsart, es wird auf das verwiesen.

  • Über die Steuerfreistellung gem. § 3 Nr. 40 EStG und über das Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG ist bereits im Feststellungsverfahren der Personengesellschaft und nicht erst in den Veranlagungsverfahren ihrer Gesellschafter zu entscheiden.

  • Ist Anteilseigner (und damit Ausschüttungsempfänger) eine Mitunternehmerschaft, ist zu berücksichtigen, dass die Mitunternehmerschaft zwar Einkünfteermittlungssubjekt ist, die Einkommensteuersubjekte aber die an ihr beteiligten Mitunternehmer sind.

  • Soll das Teileinkünfteverfahren dazu führen, dass (u. a.) Gewinnausschüttungen aus einer betrieblichen Beteiligung beim Mitunternehmer (anteilig) von der Steuer befreit sind und andererseits Ausgaben, die mit diesen beim Mitunternehmer (anteilig) freizustellenden Einnahmen im Zusammenhang stehen, nur anteilig zum Abzug zugelassen werden, ist zu berücksichtigen, dass Zinszahlungen der Gesellschaft an den Gesellschafter beim Gesellschafter als Sondervergütung erfasst werden. Bezogen auf die Mitunternehmerschaft und ihren Gesamtgewinn haben sich die Zinszahlungen also nicht aufwandswirksam ausgewirkt, so dass eine Doppelbegünstigung, die § 3c Abs. 2 EStG vermeiden will, bezogen auf die Gesamthand nicht eingetreten sein kann. Auch wenn es sich also auf der Ebene der Gesamthand um Betriebsausgaben handelt, sind die Voraussetzungen des § 3c Abs. 2 EStG bezogen auf den Zweck der Norm nicht erfüllt.

  • Durch diese auf den Gesamtgewinn bezogene Betrachtung des § 3c Abs. 2 EStG wird auch dem Regelungszweck des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG genügt. Diese Vorschrift zielt zum einen darauf ab, den Gewinn des Mitunternehmers demjenigen eines Einzelunternehmers anzunähern, der mit sich selbst keine schuldrechtlichen Verpflichtungen eingehen und deshalb auch den Gewinn seines Einzelgewerbes nicht um einen Unternehmerlohn, Zinsen für ein seinem Unternehmen gewährtes Darlehen oder ein Entgelt für ein seinem Unternehmen zur Nutzung überlassenes Wirtschaftsgut mindern kann.

Anmerkung von Walter Bode, Richter im IV. Senat des BFH:

Das betrifft die Anwendung von § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG im Rahmen der Gewinnfeststellung einer Personengesellschaft (Klägerin), die Dividenden aus einer 100%-igen Beteiligung an einer ausländischen AG bezogen hatte, während ihre Gesellschafter der Personengesellschaft Darlehen zur Finanzierung dieser Beteiligung gewährt hatten. Dabei ist der BFH davon ausgegangen, dass über die Anwendung vorgenannter Vorschriften im Feststellungsverfahren und nicht erst im Veranlagungsverfahren der Gesellschafter zu entscheiden ist.

Das FA kam nach einer Außenprüfung zu dem Schluss, dass die Betriebsausgaben im Verhältnis der vereinnahmten, dem sog. Teileinkünfteverfahren unterliegenden Dividenden zu den Gesamteinnahmen nach § 3c Abs. 2 EStG nur teilweise abzugsfähig seien. Nach der sog. modifizierten Bruttomethode stellte es laufende Einkünfte nach Quote verteilt und als Sonderbetriebseinnahmen zu erfassende Vergütungen auf schuldrechtlicher Grundlage sowie in diesen Einkünften enthaltene laufende Einkünfte, die unter § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG fallen, fest. Bei der modifizierten Bruttomethode - einer rechtlich zulässigen Feststellungart () - wird der Regelungsgegenstand einer Feststellung (z. B. Netto-Feststellung laufender Gesamthandseinkünfte) auf zwei Feststellungen aufgespalten (im Besprechungsfall Bruttofeststellung der laufenden Gesamthandseinkünfte einerseits und andererseits die selbständige Feststellung der darin enthaltenen laufenden Gesamthandseinkünfte, die unter § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG fallen).

Die Revision der Klägerin gegen das klageabweisende FG-Urteil hatte keinen Erfolg, weil sich die Klägerin gegen die „falsche“ (selbständige) Feststellung gewandt hatte. Sie begehrte nämlich die Feststellung, dass in den festgestellten Sonderbetriebseinnahmen in bestimmter Höhe solche enthalten sind, die unter § 3 Nr. 40 EStG fallen. Eine entsprechende Feststellung war jedoch im Streitfall nicht zu treffen, da die festgestellten Sonderbetriebseinnahmen – von der Klägerin ihren Gesellschaftern gezahlte Zinsen für die Hingabe von Gesellschafterdarlehen zur Finanzierung der Beteiligung an der AG - nach Auffassung des BFH nicht unter § 3 Nr. 40 EStG fallen. Dem Grunde nach handelt es sich insoweit um sonstige Kapitalerträge i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, die wegen § 20 Abs. 8, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören. Um eine Dividendenzahlung, auf die § 3 Nr. 40 EStG anzuwenden ist, handelt es sich nur bei der Zahlung im Verhältnis der AG zur Klägerin.

Der Umstand, dass § 3 Nr. 40 EStG auf die genannten Dividendenzahlungen Anwendung findet, führt jedoch auch nicht zur Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG auf die Zinszahlungen der Personengesellschaft an ihre Gesellschafter als Betriebsausgaben. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass Zinszahlungen der Gesellschaft an den Gesellschafter, der der Gesellschaft ein Darlehen zum Erwerb einer Beteiligung gewährt hat, bei ihm als Sondervergütung erfasst werden. § 3c Abs. 2 EStG setzt indes bei teleologischer Auslegung voraus, dass sich die Ausgaben aufwandswirksam ausgewirkt haben. Durch eine solche auf den Gesamtgewinn bezogene Betrachtung des § 3c Abs. 2 EStG wird nach Ansicht des BFH auch dem Regelungszweck des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG genügt. Dies konnte im Streitfall der Klägerin jedoch nicht mehr helfen, nachdem sie es versäumt hatte, mit ihrer Klage geltend zu machen, dass das FA in dem Bescheid laufende Gesamthandseinkünfte zu Unrecht als dem § 3c Abs. 2 EStG unterfallend festgestellt habe. Für eine andere Auslegung der Klageschrift sah der BFH keinen Raum. Unterschiedliche selbständige Feststellungen dürften im Klageverfahren auch dann nicht „ausgetauscht“ werden, wenn damit im Ergebnis der mit der Klage verfolgte, aber nur als Rechengröße zu verstehende Gesamtgewinn erreicht würde.

Quelle: , NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
NWB VAAAH-49254