Online-Nachricht - Donnerstag, 14.05.2020

Einkommensteuer | Bewertung der Angemessenheit des Kaufpreises von Mietwohngrundstücken im Privatvermögen (BFH)

Ist für die Anschaffung (von Bruchteilen) eines zum Gesamthandsvermögen zählenden Grundstücks mit aufstehendem Gebäude ein Gesamtkaufpreis gezahlt worden, ist der Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die AfA in Boden- und Gebäudewert aufzuteilen und ggf. auf seine Angemessenheit zu überprüfen. Ein von den Vertragsbeteiligten vereinbarter und bezahlter Kaufpreis ist grundsätzlich auch der Besteuerung zugrunde zu legen, sofern er zum einen nicht nur zum Schein getroffen wurde sowie keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt und zum anderen das FG auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung von den das Grundstück und das Gebäude betreffenden Einzelumständen nicht zu dem Ergebnis gelangt, dass die vertragliche Kaufpreishöhe oder -aufteilung die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten u.a. um die vorzunehmenden Bewertungsmethode bei Mietwohngrundstücken im Privatvermögen für die Kaufpreisaufteilung sowie um die Prüfung der Angemessenheit der Kaufpreisfindung bei nahestehenden Personen.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Eine GbR ist für die Einkommensteuer insoweit Steuerrechtssubjekt, als sie in der gesamthänderischen Verbundenheit ihrer Gesellschafter Merkmale eines Besteuerungstatbestands verwirklicht, welche den Gesellschaftern für deren Besteuerung zuzurechnen sind.

  • Entsteht einem Gesellschafter einer vermögensverwaltend tätigen GbR Aufwand für den Erwerb seiner Gesellschafterstellung, sind diese Anschaffungskosten in einer separaten Ergänzungsrechnung zur Überschussrechnung der Gesellschaft zu erfassen und auf die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens zu verteilen.

  • Die steuerrechtliche Bewertung der in einer solchen Ergänzungsrechnung ausgewiesenen Rechnungsposten ist grundsätzlich nicht von der Handhabung in der Gesamthandsbilanz abhängig.

  • Übernimmt der Erwerber mit einem Gesellschaftsanteil an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft auch das negative Kapitalkonto des Veräußerers, gehört der Betrag des Kapitalkontos nur insoweit zu den Anschaffungskosten des Erwerbers, als dieser durch die Übernahme tatsächlich wirtschaftlich belastet wird. Die bloße Übernahme einer in diesem Zusammenhang bestehenden unbeschränkten Haftung genügt hierfür nicht.

  • Ist für die Anschaffung (von Bruchteilen) eines zum Gesamthandsvermögen zählenden Grundstücks mit aufstehendem Gebäude ein Gesamtkaufpreis gezahlt worden, ist der Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die AfA in Boden- und Gebäudewert aufzuteilen und ggf. auf seine Angemessenheit zu überprüfen.

  • Ein von den Vertragsbeteiligten vereinbarter und bezahlter Kaufpreis ist grundsätzlich auch der Besteuerung zugrunde zu legen, sofern er zum einen nicht nur zum Schein getroffen wurde sowie keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt und zum anderen das FG auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung von den das Grundstück und das Gebäude betreffenden Einzelumständen nicht zu dem Ergebnis gelangt, dass die vertragliche Kaufpreishöhe oder -aufteilung die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint.

Anmerkung von Dr. Nils Trossen, Richter im IX. Senat des BFH:

Der Entscheidung liegt der klassische Fall des Immobilien-Step-Up im Privatvermögen zugrunde: Eine vermietete und im Privatvermögen bereits abgeschriebene Immobilie wird außerhalb der Frist für ein privates Veräußerungsgeschäft an eine Familienstiftung veräußert. So kann bei (z.B. aufgrund der Nutzung von Sonder-AfA) abgeschriebenen Gebäuden neues Abschreibungsvolumen geschaffen werden. Wurde die Immobilie von einer vermögensverwaltenden GbR gehalten und beschränkt sich die Veräußerung auf eine Anteilsquote von 94%, ist der Vorgang zudem grunderwerbsteuerneutral.

Auf der Grundlage dieser Fallgestaltung bestätigt die Entscheidung des BFH einige Punkte, die bei der Beratung von vermögensverwaltenden Personengesellschaften in der Praxis eine Rolle spielen:

  • Erwirbt ein Gesellschafter einen Anteil an einer vermögensverwaltenden GbR zu einem Preis über dem Buchwert der (aufgrund der Bruchteilsbetrachtung) anteilig erworbenen Wirtschaftsgüter, so sind seine Anschaffungskosten (entsprechend der Handhabung in einer Ergänzungsbilanz bei einer gewerblichen Personengesellschaft) in einer Ergänzungsrechnung zur Überschussrechnung zu erfassen. In der Ergänzungsrechnung sind seine gesamten Anschaffungskosten und nicht lediglich seine "Mehr"-Anschaffungskosten auszuweisen und nach der für ihn maßgeblichen Restnutzungsdauer abzuschreiben. Zudem sind Sondereinnahmen und Sonderwerbungskosten zu erfassen, soweit sie in der Überschussrechnung der Gesamthand nicht berücksichtigt werden können.

  • Die Übernahme eines negativen Kapitalkontos bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft (§ 21 Abs. 1 Satz 2 i.V. mit § 15a EStG) führt nur dann zu Anschaffungskosten, als der Erwerber durch die Übernahme tatsächlich wirtschaftlich belastet wird. Die bloße Übernahme der akzessorischen Haftung analog § 128 HGB reicht nicht. Vielmehr muss der Erwerber finanziell durch das negative Kapitalkonto belastet, z.B. aufgrund seiner unbeschränkten Haftung für eine Verbindlichkeit der Gesellschaft in Anspruch genommen worden sein oder dieses auf Aufforderung der Gesellschaft oder der anderen Gesellschafter ausgeglichen haben.

  • Für die Bewertung eines vermieteten Mehrfamilienhauses (z.B. für Zwecke der Aufteilung der Aufwendungen auf Grund und Boden und Gebäude) nach der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmowertV) hält der BFH an der Anwendung des Sachwertverfahrens fest. Denn bei derartigen Objekten ist regelmäßig davon auszugehen, dass für den Erwerb neben Ertragsgesichtspunkten und der sicheren Kapitalanlage auch die Aussicht auf einen steuerfreien Wertzuwachs ausschlaggebend ist. Eine Bewertung nach dem Ertragswertverfahren ist ausnahmsweise möglich, wenn dies zum zutreffenderen Wert führt und die tatsächlichen Wertverhältnisse besser abbildet.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB AAAAH-48558