BGH Beschluss v. - 1 StR 446/19

Umsatzsteuerhinterziehung: Strafmilderung bei Irrtum über den entstandenen Schaden

Gesetze: § 370 AO, § 46 StGB

Instanzenzug: LG Marburg Az: 2 Js 10662/15 - 12 (W) KLs

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Marburg vom wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Der Erörterung bedarf nur das Folgende:
Es kann dahingestellt bleiben, ob das Landgericht eine Frist zum Anbringen von Beweisanträgen (§ 244 Abs. 6 Satz 2 StPO) setzen und von einer Bescheidung der nach Fristablauf gestellten Anträge durch Beschluss (§ 244 Abs. 6 Satz 1 StPO) absehen, diese also erst im Urteil bescheiden durfte, oder ob sich dieses Vorgehen des Landgerichts als verfahrensfehlerhaft erweist. Das Urteil würde auf einer etwaigen Verletzung des § 244 Abs. 6 Satz 1 StPO jedenfalls nicht beruhen.
Der Senat kann aufgrund der unter anderem auf maßgebliche Teile der Einlassung des Angeklagten als auch auf die Aussage des Zeugen B.   und die verlesenen Urkunden - insbesondere die unterschiedlichen Versionen der Steuererklärungen für die einzelnen Veranlagungszeiträume, die hierzu passenden Scheinrechnungen und den sonstigen Inhalt der Handakte des verstorbenen Mitangeklagten H.      - gestützten Beweiswürdigung des Landgerichts und der danach insgesamt erdrückenden Beweislage ausschließen, dass die Strafkammer zu einer anderen Überzeugung und damit einer anderen Entscheidung gelangt wäre, wenn sie über die nach Fristablauf gestellten Anträge auf Vernehmung des Zeugen   C.     und auf Verlesung des von diesem ausgestellten Attests in der Hauptverhandlung durch Beschluss entschieden hätte und damit der Verteidigung die Möglichkeit eröffnet gewesen wäre, auf die Ablehnung der Anträge zu reagieren (vgl. Rn. 12 f.; Beschluss vom - 5 StR 573/02 Rn. 2). Die erst im Urteil beschiedenen Anträge stellen ebenso wenig wie das diesbezügliche Revisionsvorbringen die getroffenen Feststellungen zum Tatbeitrag und zum Vorsatz des Angeklagten beziehungsweise die hieraus vom Landgericht gezogenen Schlüsse infrage, sondern berühren lediglich den Schuldumfang (insbesondere die auf der Täuschung durch den früheren Mitangeklagten beruhende Annahme des Angeklagten, dem Fiskus entstehe durch die unrichtigen Umsatzsteuererklärungen kein Schaden, weil die Umsatzsteuer auf anderem Wege beglichen werde). Dieser Gesichtspunkt wurde vom Landgericht zutreffend strafmildernd bei der Strafzumessung berücksichtigt.
Raum     
        
Jäger     
        
Hohoff
        
Leplow     
        
Pernice     
        

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:140120B1STR446.19.0

Fundstelle(n):
PStR 2020 S. 98 Nr. 5
QAAAH-48317