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PiR Nr. 5 vom Seite 180

Abbildung von Mietkonzessionen im Kontext der Corona-Pandemie

Temporäre Ergänzung des Regelwerks für Leasingnehmer

Dr. Jens Freiberg und Melanie Schunk

Die Welt hält den Atem an: Das Coronavirus bestimmt das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben. Die Anstrengungen der Regierungen zur Eindämmung der Pandemie, insbesondere der verordnete „Lockdown“ führen zu einem (noch) nicht absehbaren wirtschaftlichen Kollateralschaden. Zur Abfederung der Konsequenzen kommen nicht nur staatliche Stützen, sondern auch bilaterale Einigungen zwischen Geschäftspartnern in Betracht. Im Zusammenhang mit Mietvereinbarungen lassen sich aktuell – aus unterschiedlichen Gründen motivierte – Konzessionen seitens der Leasinggeber beobachten. Das Regelwerk sieht de lege lata zwar eine Antwort auf die Frage nach der zutreffenden Bilanzierung vor, im aktuellen Kontext der Corona-Pandemie wird aber seitens des IASB eine Erleichterung vorgeschlagen. Angekündigt ist eine temporäre Ausnahme für die bilanzielle Abbildung von Mietkonzessionen.

Kirsch, Leasing (IFRS 16), infoCenter NWB CAAAF-76676

Kernaussagen
  • Im Rahmen der Corona-Pandemie begebene Mietkonzessionen können wahlweise nicht als lease modification abgebildet werden.

  • Die temporäre Erleichterung ist auf Mietkonzessionen in 2020 begrenzt und soll retrospektiv ohne Anpassung der Vergleichsperiode erfolgen.

  • Für Leasinggeber wird das Regelwerk nicht angepasst.

I. Einführung

Die Auswirkungen des Coronavirus auf die Gesellschaft und die Wirtschaft lassen sich (noch) nicht absehen. Sicher ist allerdings: Die Maßnahmen zur Bekämpfung führen zu erheblichen Einschnitten. Betroffen ist auch das erwartete Bruttoinlandsprodukt für 2020 und damit die (Gesamt-)Wohlfahrt der Volkswirtschaft. Im Vergleich zum Vorjahr wird global ein Rückgang um -3,0 % erwartet. Der staatlich verordnete „Lockdown“ trifft den (Einzel-)Handel und die Tourismusbranche bis ins Mark, mit den Kunden fehlen die Einnahmen. Zur Vermeidung einer existenzbedrohenden Krise sind die Unternehmen auf Hilfsprogramme angewiesen. Bilanziell sind alle Vermögenswerte auf deren Werthaltigkeit zu untersuchen.

Zur Abfederung der Belastung aus weiterhin laufenden Mietverpflichtungen werden auch Anpassungen bestehender Vereinbarungen, insbesondere Stundungen und Nachlässe angestrebt. Das Regelwerk wertet eine nachträgliche Änderung als eine lease modification und knüpft an den Eintritt bestimmte Rechtsfolgen (IFRS 16.44 ff.). Diese Vorgaben passen allerdings nur bedingt für Mietkonzessionen, die im Kontext der Corona-Pandemie vereinbart werden. Nach Veröffentlichung von educational material, welches lediglich die bestehenden Rechtsfolgen zusammenfasst, hat sich der IASB nur eine Woche später auf eine temporäre Erweiterung des Regelwerks verständigt und am 24. April 2020 den Exposure Draft ED/2020/2 Covid-19-Related Rent Concessions als Änderung zu IFRS 16 veröffentlicht. Vorausgegangen ist eine als STAFF Q&A betitelte Erklärung des amerikanischen FASB, nach der für die vergleichbaren Vorgaben zur Leasingbilanzierung nach US GAAP für die bilanzielle Abbildung ein Wahlrecht eingeräumt wird. Der seitens des FASB eingeschlagene Weg steht dem IASB aber nicht offen. Das House of IFRS kann nur durch ein standard setting erweitert und/oder angepasst werden. Für mögliche Erleichterungen für den Leasingnehmer hat sich der IASB für einen eigenen Weg ausgesprochen. S. 181Eine Anpassung der (Bilanzierungs-)Vorgaben für den Leasinggeber ist nicht vorgesehen.

II. Nachweis einer (Vertrags-)Modifikation

1. Abgrenzung zu Schätzungsänderungen

Werden die vertraglichen Bedingungen eines lease nachträglich geändert, liegt eine lease modification vor, wenn sich eine Auswirkung einstellt auf

  • die Zahlungsverpflichtung (change in the consideration), also den (Gegen-)Wert des vereinbarten Zins- und Tilgungsplans oder

  • den Umfang des Nutzungsrechts (change in the scope) in mengenmäßiger oder in zeitlicher Dimension.

Entscheidend für den Nachweis einer lease modification ist das Fehlen einer „Öffnungsklausel“ in den ursprünglichen Vertragsbedingungen (IFRS 16.A). Es ist nicht relevant, ob die Parteien bilateral eine Anpassung vereinbaren oder die Vertragsänderung exogen vorgegeben wird. Nur wenn in den ursprünglichen Konditionen einer Vereinbarung eine spätere Anpassung angelegt ist, kann eine Schätzungsänderung unterstellt und ein reassessment erfolgen (IFRS 16.39 ff.). Die Änderung eines lease als Reaktion auf die Corona-Pandemie stellt somit nur dann keine Modifikation dar, wenn die ursprüngliche Vereinbarung bereits ein durchsetzbares Recht auf eine Vertragsanpassung vorsieht (etwa eine force majeure-Klausel). Der Nachweis einer wirksamen „Öffnungsklausel“ wird sich allerdings nur nach einer rechtlichen Würdigung und Auseinandersetzung erbringen lassen. Die Abbildung einer Vertragsanpassung als Reaktion auf die Folgen der Corona-Pandemie als ein reassessment kommt daher nur für einzelne Vereinbarungen und auch dann nur als absolute Ausnahme in Betracht.

2. Widerlegung der konstituierenden Merkmale

2.1. Notwendigkeit einer materiellen Auswirkung

Eine Vertragsänderung alleine zieht noch nicht zwangsläufig die Rechtsfolgen einer lease modification für die bilanzielle Abbildung nach sich. Wenn aus der Anpassung keine Auswirkungen auf die durchsetzbaren Rechte und Verpflichtungen (enforceable rights and obligations) der Parteien folgen, sind auch für die Abbildung keine Konsequenzen zu ziehen. Die Bilanzierung einer lease modification setzt entweder einen change in the scope oder einen change in the consideration voraus.

Beispiel 1:

Ein Unternehmen hat einen lease mit einer Laufzeit von 10 Jahren vereinbart. Nach 3 Jahren erhält das Unternehmen eine Mitteilung über einen Wechsel des rechtlichen Eigentums an dem Leasingobjekt. Zahlungen sind künftig an den neuen Eigentümer und eine neue Bankverbindung zu leisten. Mangels einer materiellen Änderung führt die Mitteilung nicht zu einer lease modification.

2.2. Änderung des Nutzungsrechts

Eine Anpassung des Nutzungsrechts des Leasingnehmers kann sich auf den Umfang oder den Zeitraum beziehen und ein positives oder negatives Vorzeichen aufweisen. In Abhängigkeit der Vereinbarung gilt:

  • Für eine Ausweitung des Nutzungsrechts im Umfang ist vorrangig die Notwendigkeit der Abbildung eines neuen lease zu würdigen. Entscheidend ist die Höhe der zusätzlich erforderlichen Leasingzahlung (IFRS 16.44).

  • Weist die Anpassung ein negatives Vorzeichen auf, wird entweder der Umfang oder der Zeitraum der Nutzung gekürzt. Es ist zunächst ein Teilabgang (partial or full termination) zu erfassen und eine Neubewertung der noch ausstehenden Vereinbarung geboten (IFRS 16.46).

  • Erfolgt eine Verlängerung des Nutzungsrechts, scheidet die Erfassung eines separaten lease aus. Die bestehende Vereinbarung ist neu zu bewerten (IFRS 16.45).

Die Einräumung einer Mietkonzession führt nicht zu einem change in the scope, da das reine Nutzungsrecht nicht betroffen ist.

2.3. Reduzierung der Zahlungsverpflichtung

Eine lease modification liegt auch ohne Anpassung des Nutzungsrechts vor, wenn die Parteien eine – ursprünglich nicht angelegte – Änderung der Zahlungsverpflichtung vereinbaren. Notwendige Bedingung ist allerdings eine Auswirkung auf die Höhe der Verpflichtung. Wird lediglich – eine zusätzliche scope-Adjustierung ausgeschlossen – eine kurzfristige Anpassung des Zins- und Tilgungsplans beschlossen, die Gesamtverpflichtung (overall consideration) aber nicht geändert, fehlen die Merkmale einer lease modification. Zu unterscheiden sind

  • ein Erlass (forgiveness of lease payments) der Zahlungsverpflichtung,

  • eine nur vorübergehende Stundung, bei der aber eine Nachzahlung vorgesehen ist (deferred lease payments) oder

  • eine Kombination und damit nur ein teilweiser Erlass.

Das Zugeständnis einer forgiveness of lease payments führt als Schulderlass zu einer Reduzierung der Verbindlichkeit (extinguishment), die eine Ausbuchung (derecognition) nach sich zieht (IFRS 9.3.3.1). Werden lediglich deferred lease payments vereinbart, ergeben sich – unter Berücksichtigung eines neuen Zins- und Tilgungsplans (IFRS 16.36(b)) – keine besonderen Auswirkungen für die Folgebilanzierung. Eine Minderung der Verbindlichkeit des Leasingnehmers scheidet aus.

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Seiten: 5
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