Online-Nachricht - Donnerstag, 16.04.2020

Gewerbesteuer | Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (BFH)

Sieht ein Vertrag über die Vermietung eines Grundstücks mit einem noch zu errichtenden Gebäude vor, dass die auf Betriebsvorrichtungen entfallenden Aufwendungen vom Mieter getragen und Betriebsvorrichtungen nicht mitvermietet werden sollen, ist nicht bereits dann eine für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen anzunehmen, wenn bei einzelnen Betriebsvorrichtungen die darauf entfallenden Aufwendungen nicht herausgerechnet werden, sondern in die Herstellungskosten des Gebäudes eingehen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehörenden Grundbesitz gekürzt. Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tritt an Stelle der Kürzung nach Satz 1 auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (sog. erweiterte Kürzung).

Sachverhalt: Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, eine GmbH und Co. Vermietungs-KG (KG), erwarb 2001 von der Stadt ein Grundstück. Am selben Tag schloss sie über den erworbenen Grundbesitz einen Miet- und Ankaufrechtsvertrag mit der B-AG über die Vermietung eines noch zu errichtenden Zentrums. Hierin verpflichtete sich die KG dazu, auf dem Gelände auf eigene Rechnung das Zentrum zu errichten und anschließend für 20 Jahre an die AG zu vermieten. Daneben wurde ein Ankaufsrecht der B-AG nach Ablauf der Mietzeit vereinbart. Mietobjekt sollte der gesamte Grundbesitz nebst wesentlichen Bestandteilen sein, nicht jedoch Zubehör und Betriebsvorrichtungen i.S. des § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG. Betriebsvorrichtungen sollten nicht von der Vermieterin angeschafft und finanziert werden. Etwaige von der Mieterin eingebaute Betriebsvorrichtungen, die als wesentliche Bestandteile des Grundstücks zu beurteilen seien, sollten als vorbehaltenes wirtschaftliches Eigentum der Mieterin anzusehen sein.

Die Klägerin aktivierte in ihren Jahresabschlüssen die gesamte Immobilie und bewertete sie mit den gesamten angefallenen und von ihr getragenen Investitionskosten. Eine Herausrechnung oder ein gesonderter Ausweis der Betriebsvorrichtungen fand nicht statt. Für die VZ ab 2004 beantragte die Klägerin die erweiterte Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

Das FA gelangte zu der Auffassung, dass Betriebsvorrichtungen auf dem Grundstück vorhanden seien, die in den Gesamtinvestitionskosten enthalten und deren Kosten damit von der Klägerin getragen worden seien. Deswegen könne die erweiterte Grundstückskürzung für die Veranlagungszeiträume 2004 bis 2006 nicht gewährt werden. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 3.5.2017).

Der BFH dagegen hob das Urteil auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück:

  • Zweck der erweiterten Kürzung ist es, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben, freizustellen (Beschluss des Großen Senats des , BStBl II 2019, 262, Rz 96, m.w.N.).

  • Sieht ein Vertrag über die Vermietung eines Grundstücks mit einem noch zu errichtenden Gebäude vor, dass die auf Betriebsvorrichtungen entfallenden Aufwendungen vom Mieter getragen und Betriebsvorrichtungen nicht mitvermietet werden sollen, ist nicht bereits dann eine für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen anzunehmen, wenn bei einzelnen Betriebsvorrichtungen die darauf entfallenden Aufwendungen nicht herausgerechnet werden, sondern in die Herstellungskosten des Gebäudes eingehen.

  • Die Frage, ob Betriebsvorrichtungen Gegenstand eines Mietvertrags sind, ist nach zivilrechtlichen Kriterien zu beurteilen. Eine vom Wortlaut des Mietvertrags abweichende entgeltliche Nutzungsüberlassung kann anzunehmen sein, wenn sie auf eine Vertragsänderung zurückgeht. Haben die für die Vertragsparteien handelnden Personen hierfür nicht die Vertretungsmacht, so kann nach § 41 Abs. 1 Satz 1 AO eine schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen vorliegen, wenn die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis einer solchen Mitvermietung gleichwohl eintreten und bestehen lassen.

  • Für die Annahme "eigenen" Grundbesitzes gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genügt wirtschaftliches Eigentum.

  • Ob im Streitfall eine schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen anzunehmen ist, kann der Senat auf Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht entscheiden. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die Gegenstände und Anlagen, die das FG als Betriebsvorrichtungen beurteilt hat, vom Miet und Ankaufvertrag erfasst waren. Sollte dies nicht der Fall gewesen sein, verwaltete die Klägerin ausschließlich eigenen Grundbesitz. In diesem Fall wäre es für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung für Grundstücksunternehmen unschädlich, dass bei einzelnen Betriebsvorrichtungen eine gesonderte Abrechnung der darauf entfallenden Aufwendungen unterblieb.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB FAAAH-46488