Online-Nachricht - Donnerstag, 09.04.2020

Einkommensteuer | Notwendiges Betriebsvermögen bei einem land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetrieb (BFH)

Ein vom Verpächter eines ruhenden land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs erworbenes verpachtetes landwirtschaftliches Grundstück ist nur dann dem notwendigen Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs zuzuordnen, wenn es innerhalb eines überschaubaren Zeitraums (zwölf Monate) in das bestehende Pachtverhältnis des landwirtschaftlichen Betriebs einbezogen wird. Ist eine Nutzung des hinzuerworbenen Grundstücks durch den Pächter des landwirtschaftlichen Betriebs weder beabsichtigt noch innerhalb eines überschaubaren Zeitraums möglich, kann dieses durch eine geeignete Zuweisungsentscheidung dem gewillkürten Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs zugeordnet werden (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Kläger sind Ehegatten, die für die Streitjahre (2008 und 2009) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt worden sind. Die Klägerin erzielte u.a. Einkünfte aus der parzellenweisen Verpachtung eines ruhenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Bereits im Jahr 1985 hatten die Eltern der Klägerin die Grundstücke Grundstück 1 und Grundstück 2 übertragen. Dabei handelte es sich um Grünlandflächen, die der beabsichtigten Erweiterung des Gewerbebetriebs des Klägers dienen sollten.

Nachdem eine gewerbliche Nutzung der Grundstücke 1 und 2 nicht möglich erschien, tauschte die Klägerin diese Grundstücke im Jahr 1986 gegen die im Eigentum Dritter stehenden Teilflächen aus. Mit Wirkung zum erwarb die Klägerin das Grundstück 1 und eine aus dem Grundstück 2 abgetrennte Teilfläche (Grundstück 5) wieder zurück. Die Grundstücke nutzte anschließend u.a. der Ehemann für seinen Gewerbebetrieb.

Da der Kläger für den Aufwuchs keine Verwendung hatte, verpachtete die Klägerin die Grundstücke 1 und 5 ab Mai 1999 an den benachbarten Landwirt R. Die jährliche Pacht erklärte die Klägerin in voller Höhe als Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft.

Mit Vertrag vom verkaufte die Klägerin die Grundstücke 1 und 5 zu einem Kaufpreis von 850.000 €. Einen Veräußerungsgewinn erfasste sie bei der Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft für das Wirtschaftsjahr 2008/2009 nicht, da sie die Grundstücke ihrem Privatvermögen zuordnete.

Das FA vertrat die Auffassung, die Grundstücke 1 und 5 seien mit Erwerb, spätestens im Mai 1999 in das Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs der Klägerin eingelegt worden und der Veräußerungsgewinn sei entsprechend steuerpflichtig. Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das FG statt, da die Grundstücke 1 und 5 dem Privatvermögen der Klägerin zuzuordnen gewesen sein ().

Der BFH wies die Revision des FA als unbegründet zurück:

  • Der Gewinn aus der Veräußerung der Grundstücke war nicht bei der Gewinnermittlung für das Wirtschaftsjahr 2008/2009 und mithin auch nicht anteilig bei den Einkünften der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 EStG) im Jahr 2008 zu erfassen, da die Grundstücke weder dem notwendigen noch dem gewillkürten Betriebsvermögen, sondern dem Privatvermögen der Klägerin zuzuordnen waren.

  • Die Grundstücke waren nicht dem notwendigen Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs der Klägerin zuzuordnen, da sie nicht in die bestehenden Pachtverhältnisse einbezogen worden waren.

  • Die Grundstücke wurden auch nicht dem gewillkürten Betriebsvermögen zugeordnet. Denn es ist davon auszugehen, dass die Klägerin die Grundstücke nicht zur Betriebserweiterung des Verpachtungsbetriebs, sondern nur im Hinblick auf deren mögliche Nutzung für den Gewerbebetrieb ihres Ehemanns erworben hat. Die Verpachtung an den Landwirt R stellte nur eine Ertrag bringende Interimslösung dar, die keine endgültige Funktionszuweisung zum Verpachtungsbetrieb beinhaltet.

  • Der Gewinn aus der Veräußerung der Grundstücke war auch nicht gemäß § 22 Nr. 2 EStG bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 EStG zu erfassen, da die Grundstücke außerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG veräußert wurden.

Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter im VI. Senat des BFH:

Das FA ist im Streitfall davon ausgegangen, dass ein an einen Dritten verpachtetes landwirtschaftlich genutztes Grundstück, welches erst nach der Einstellung der aktiven Bewirtschaftung erworben worden ist, ohne weitere Zweckbestimmung des Betriebsinhabers immer dem notwendigem Betriebsvermögen dessen landwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs zugehört, auch wenn es nicht in die bestehenden Pachtverhältnisse einbezogen wurde. Es hat sich dabei von der Überlegung leiten lassen, dass der Erwerb eines an einen Dritten verpachteten Grundstücks durch den Inhaber eines Verpachtungsbetriebs ebenso zu behandeln ist, wie der Erwerb eines nicht verpachteten, zur aktiven Bewirtschaftung vorgesehenen Grundstücks durch den Inhaber eines aktiv bewirtschafteten Betriebs.

Diesen (grundstücksbezogenen) Vergleichsmaßstab und den damit einhergehenden Automatismus haben FG und BFH zurückgewiesen. Denn gleich zu behandeln ist der Erwerb eines verpachteten Grundstücks sowohl beim aktiven als auch beim ruhenden Betrieb. Insoweit kommt es für die Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen bei beiden Betriebsformen, darauf an, ob der Betriebsinhaber eine entsprechende Zweckbestimmung getroffen hat, wonach das erworbene verpachtete Grundstück dem (aktiven) Betrieb oder dem Verpachtungsbetrieb auf Dauer zu dienen bestimmt ist (betriebsbezogene Betrachtung).

Davon ist bei einem Verpachtungsbetrieb indes nur auszugehen, wenn das Grundstück in das oder bei parzellenweiser Verpachtung in eines der bestehenden Pachtverhältnisse einbezogen wird (, BFHE 187, 42, BStBl II 1999, 55). Damit gewinnt der passive die nämliche Gestaltungsfreiheit wie der aktive Land- und Forstwirt. Er kann - wie dieser - ein an einen Dritten verpachtetes, landwirtschaftlich genutztes Grundstück, wenn er es nicht zum Einsatz im Pachtbetrieb und darüber hinaus auch nicht für eine zukünftige (wieder) aktive Bewirtschaftung des Betriebs vorgesehen hat, im Privatvermögen erwerben, es durch Einbeziehung in das oder bei parzellenweiser Verpachtung in eines der bestehenden Pachtverhältnisse dem notwendigen Betriebsvermögen zuweisen oder als gewillkürtes Betriebsvermögen behandeln. Für die Zuordnung des an Dritte verpachteten Grundstücks zum gewillkürten Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs ist allerdings erforderlich, dass der Land- und Forstwirt seinen diesbezüglichen Zuordnungswillen klar und eindeutig bekundet.

Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)

Fundstelle(n):
NWB UAAAH-46295