Online-Nachricht - Donnerstag, 02.04.2020

Einkommensteuer | Veräußerung von Tickets für das Finale der UEFA Champions League als privates Veräußerungsgeschäft (BFH)

Veräußert der Steuerpflichtige ein kurz zuvor entgeltlich erworbenes Ticket für ein Spiel der UEFA Champions League, unterliegt ein daraus erzielter Veräußerungsgewinn der Einkommensteuer. Denn Champions League-Tickets zählen zu den "anderen Wirtschaftsgütern", die Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG sein können. (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Private Veräußerungsgeschäfte

Die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 EStG bilden keine eigene Einkunftsart, sondern gehören im System der sieben Einkunftsarten zu den sonstigen Einkünften (§ 22 Nr. 2 EStG). Sie erfassen steuerlich die Wertsteigerungen oder Wertverluste bestimmter Wirtschaftsgüter des Privatvermögens, soweit sie durch Veräußerung oder Beendigung eines Rechts realisiert werden. Wie bei allen anderen sonstigen Einkünften gehören auch die privaten Veräußerungsgeschäfte zu den Überschusseinkunftsarten. Entscheidend ist somit immer, ob der Steuerpflichtige mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat (vgl. Detmering/Tetzlaff, Grundlagen - Private Veräußerungsgeschäfte).

Sachverhalt: Im Streitfall hatten die Kläger im April 2015 über die offizielle UEFA-Webseite zwei Tickets für das Finale der UEFA Champions League in Berlin zugelost bekommen (Anschaffungskosten: 330 €) und diese im Mai 2015 über eine Ticketplattform wieder veräußert (Veräußerungserlös abzüglich Gebühren 2.907 €). Entgegen der Auffassung der Kläger, die von der Steuerfreiheit des Veräußerungsgeschäfts ausgingen, erfasste das FA den Gewinn in Höhe von 2.577 € bei deren Einkommensteuerfestsetzung. Das FG gab den Klägern Recht ().

Der BFH folgte dem nicht; er entschied, dass die Kläger mit der Veräußerung der beiden Tickets ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verwirklicht haben:

  • Einkünfte aus solchen privaten Veräußerungsgeschäften unterliegen der Einkommensteuer. Zu ihnen gehören u.a. Veräußerungen von sog. "anderen Wirtschaftsgütern" des Privatvermögens, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt (§§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG); von der Besteuerung ausgenommen sind nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG Veräußerungen von Gegenständen des täglichen Gebrauchs.

  • "Andere Wirtschaftsgüter" in diesem Sinne sind sämtliche vermögenswerten Vorteile, deren Erlangung sich der Steuerpflichtige etwas kosten lässt und die einer selbständigen Bewertung zugänglich sind.

  • Hierzu zählen auch UEFA Champions League-Tickets, mit denen der Karteninhaber das verbriefte Recht auf Zutritt zum Fußballstadion und Besuch des Fußballspiels an dem auf dem Ticket angegebenen Tag erwirbt.

  • Die Tickets stellen nach Auffassung des BFH insbesondere keine sog. "Gegenstände des täglichen Gebrauchs" dar, so dass sie nicht von der Besteuerung ausgenommen sind.

  • Außerdem hat der BFH bestätigt, dass die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 EStG nicht vorliegen. Denn die Tickets sind zwar nach zivilrechtlicher Betrachtungsweise Wertpapiere, erfüllen jedoch nicht die Merkmale einer Kapitalanlage i.S. des § 20 EStG.

Anmerkung von Dr. Nils Trossen, Richter im IX. Senat des BFH

Gäbe es keine Corona-Krise und damit keinen pandemiebedingten Ausfall aller Wettbewerbe im Profifußball, wäre die Entscheidung im Hinblick auf die anstehenden Finalwettbewerbe in der Champions-League und die (nunmehr auf 2021 verschobene) Europameisterschaft von großer Bedeutung. Denn unstreitig besteht bei derartigen Fußballspielen ein Schwarzmarkt, auf dem für Tickets erhebliche Preise gezahlt (hier fast das Zehnfache des ursprünglichen Eintrittspreises). Der BFH ordnet Fußballtickets unter die „anderen Wirtschaftsgüter“ i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG ein und lehnt die Qualifizierung als „Gegenstand des täglichen Gebrauchs“ ab. Dies gilt natürlich in gleicher Weise für Tickets anderer Wettbewerbe (Bundesliga, Weltmeisterschaft, DFB-Pokal usw.). Der BFH unterwirft damit die mit dem Tickethandel verbundenen erheblichen Wertsteigerungen der Besteuerung.

Die Finanzverwaltung wird diese Entscheidung vermutlich zeitnah umsetzen und an die einschlägigen Ticketplattformen im Internet Sammelauskunftsersuchen auf der Grundlage von § 93 Abs. 1a AO stellen. Da ein nicht unerheblicher Teil des Tickethandels sich über die Ticketplattformen im Netz abspielt und die Finanzverwaltung mit der Möglichkeit des Sammelauskunftsersuchens über entsprechende Ermittlungsmöglichkeiten verfügt, wird ein Berufen auf ein strukturelles Vollzugsdefizit ohne Erfolg bleiben. Denn ein solches liegt bereits nicht dann vor, wenn einzelne Ticketverkäufe unbesteuert bleiben (z.B. der Verkauf gegen Bargeld im Umfeld des Stadions), sondern die gesetzlichen Normen eine Besteuerung des Vorgangs dem Grunde nach nicht ermöglichen oder gar ausschließen (z.B. aufgrund des Ausschlusses effizienter Ermittlungen durch die mittlerweile abgeschaffte „Bankgeheimnisregelung“ in § 30a AO a.F.).

Quelle: BFH Pressemitteilung Nr. 18 vom sowie ; NWB Datenbank (ImA)

Fundstelle(n):
NWB HAAAH-45715