Online-Nachricht - Donnerstag, 19.03.2020

Einkommensteuer | Arbeitshilfe des BMF zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (BFH)

Im Revisionsverfahren stellt sich die Frage, ob die vom BMF zur Verfügung gestellte "Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)" bei der Aufteilung eines vertraglich vereinbarten Kaufpreises auf Grund und Gebäude für Zwecke der AfA-Bemessung zugrunde gelegt werden kann. Der Senat hat das BMF zum Beitritt zu diesem Verfahren aufgefordert (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Arbeitshilfen zur Kaufpreisaufteilung

Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die AfA von Gebäuden (§ 7 Absatz 4 bis 5a EStG) ist es häufig erforderlich, einen Gesamtkaufpreis für ein bebautes Grundstück auf das Gebäude, das der Abnutzung unterliegt, sowie den nicht abnutzbaren Grund und Boden aufzuteilen. Hierzu stellen die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder regelmäßig eine Arbeitshilfe zur Verfügung, die es unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ermöglicht, in einem typisierten Verfahren entweder eine Kaufpreisaufteilung selbst vorzunehmen oder die Plausibilität einer vorliegenden Kaufpreisaufteilung zu prüfen.

Sachverhalt: Die Klägerin ist Eigentümerin einer Einzimmerwohnung mit einem Miteigentumsanteil von 39/1000 an dem Grundstück. Es besteht ein Sondernutzungsrecht an einem Kellerraum und einer Doppelgarage. Laut notariellem Kaufvertrag entfiel von dem Kaufpreis ein Anteil von 18,18 % auf den anteiligen Wert des Grundstücks. Diesen legte die Klägerin ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr zugrunde.

Das FA folgte dem nicht, sondern nahm eine neue Berechnung anhand der Arbeitshilfe des BMF vor. Diese führte zu einem Kaufpreisanteil von lediglich 27,03 % für das Gebäude und einem auf den Boden entfallenden 72,97 %. Hierbei hatte das FA die Tiefgarage nicht berücksichtigt. In dem sich anschließenden Einspruchsverfahren änderte das FA den angefochtenen Bescheid insoweit, als es nunmehr einen Gebäudewertanteil von 30,9 % als AfA-Bemessungsgrundlage zugrunde legte.

Die Klägerin macht u.a. geltend, dass nach der Rechtsprechung des BFH grundsätzlich die im Kaufvertrag vorgenommene Kaufpreisaufteilung für die Ermittlung der Gebäude-AfA maßgeblich sei. Danach ergebe sich hier ein Gebäudewertanteil, der noch weit unter den derzeitigen Gebäudeherstellungskosten liege.

Das FG wies die Klage als unbegründet zurück (; vgl. auch Online-Nachricht v. 14.01.2020).

Der BFH fordert das BMF auf dem Verfahren IX R 26/19 beizutreten:

  • Der BFH nimmt das Revisionsverfahren zum Anlass, sich grundlegend mit der Frage zu befassen, welche Bedeutung der vom BMF zur Verfügung gestellten "Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)" bei der Aufteilung eines vertraglich vereinbarten Kaufpreises auf Grund und Gebäude nach den realen Verkehrswerten (vgl. ) für Zwecke der AfA-Bemessung zukommt.

  • Vor diesem Hintergrund hält es der BFH für angezeigt, das BMF an diesem Revisionsverfahren zu beteiligen und zum Beitritt aufzufordern (§ 122 Abs. 2 Satz 3 FGO).

Anmerkung von Dr. Nils Trossen, Richter im IX. Senat des BFH:

Die Arbeitshilfe des BMF zur Kaufpreisaufteilung auf Grund und Boden auf Gebäude befindet sich seit längerem in der Kritik (vgl. auch aktuell Jacoby/Geiling, DStR 2020, 481). Sie führt in vielen Fällen zu einem den Mandanten nur schwierig vermittelbaren Ergebnis. Das zeigt auch der Besprechungsfall, in dem die Beteiligten den Grund und Boden Anteil mit ca. 18 % bezifferten, die Finanzverwaltung aber nach Anwendung der Arbeitshilfe zu einem Bodenwert von ca. 72 %, nach einer Korrektur dann von ca. 70 % also dem fast Vierfachen kam.

Der BFH hat in dem anhängigen Verfahren IX R 26/19 die Gelegenheit, sich umfassend dazu zu äußern. Spannend bleibt, ob er sich den in der Praxis verbreiteten Einwänden anschließt oder die typisierte Betrachtung der Finanzverwaltung akzeptiert. So wird als Kritik gegenüber der Arbeitshilfe u.a. angeführt, dass die starken Preissteigerungen bei Immobilien in Regionen mit einem starken Nachfrageüberhang aufgrund der Berechnungssystematik nur zu einer Erhöhung des Bodenwerts und damit zu einer entsprechenden Verschiebung auf den Grund und Boden führe. Die örtlich sehr unterschiedlichen Preissteigerungen bei Immobilien beruhten aber nicht allein auf einer Steigerung des Bodenrichtwerts.

Für die Beratungspraxis wird die Entscheidung jedenfalls große Bedeutung haben, da sich die Aufteilung bei jeder Neuanlage einer Anlage V oder der anteiligen Zuordnung von Gebäude-AfA zu den Arbeitszimmeraufwendungen in der Anlage N auswirkt. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH der Käufer einer Immobilie sich der Aufteilung anhand des Berechnungstools entziehen konnte, indem er eine vertragliche Aufteilung auf Grundstück und Gebäude vornimmt (). Dies gilt jedenfalls dann, sofern diese nicht zum Schein getroffen wurde, keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt und nach einer Gesamtwürdigung von den das Grundstück und das Gebäude betreffenden Einzelumständen nicht davon auszugehen ist, dass die vertragliche Kaufpreisaufteilung die tatsächlichen Wertverhältnisses in grundsätzlicher Weise verfehlt und das Ergebnis wirtschaftlich nicht haltbar ist.

Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)

Fundstelle(n):
NWB AAAAH-44835