Online-Nachricht - Freitag, 07.02.2020

Dieselgate | Schadensersatz auch bei Leasing (OLG)

Wird ein vom sog. Abgasskandal betroffenes Fahrzeug verleast, kann dem Leasingnehmer gegen die Volkswagen AG ein Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zustehen, der auf Erstattung der Leasingraten unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung gerichtet ist (; Revision zugelassen).

Sachverhalt: Der Kläger aus Münster leaste bei einem Leasingunternehmen aus Pullach einen neuen Audi Q5. Ihm wurde die Option eingeräumt, das Fahrzeug am Vertragsende ausgehend von einem Bruttokaufpreis von 66.050 € zu einem festen Preis zu kaufen. In dem Fahrzeug war der vom Dieselskandal betroffene Motor vom Typ „EA 189“ verbaut.

Der Kläger ist der Auffassung, die Volkswagen AG habe der Herstellerin des Autos, der Audi AG, durch ihre Handlung zumindest Hilfe zu einem Betrug geleistet. Deshalb könne er von ihr insbesondere Schadensersatz von rund 31.000 € - nämlich für angefallene Gebühren für die Nichtausübung der Kaufoption, die geleisteten Leasingraten, die Anzahlung sowie Logistik- und Servicedienstleistungen - verlangen.

Das Landgericht Münster hatte die Klage mit Urteil v. - 012 O 320/17 abgewiesen. Es seine keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Verantwortlichen der Volkswagen AG die Schädigung eines Leasingnehmers für möglich gehalten und in Kauf genommen hätten oder auch der Kläger getäuscht worden wäre.

Dem folgten die Richter des OLG Hamm nicht:

  • Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch i.H.v. knapp 17.500 € wegen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung nach den §§ 826, 31 BGB zu.

  • Die Volkswagen AG hat den in dem vom Kläger geleasten Fahrzeug verbauten Motor vorsätzlich zusammen mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht. Dabei hat sie in Kauf genommen, dass der Kläger einen Leasingvertrag abgeschlossen hat, den er in Kenntnis der Abschalteinrichtung und den sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Typgenehmigung des Fahrzeugs - möglicherweise deren Rücknahme oder Änderung - so nicht vereinbart hätte.

  • Denn der abgeschlossene Leasingvertrag hat nicht den - berechtigten - Erwartungen des Klägers entsprochen. Darüber hinaus ist das Fahrzeug für seine Zwecke nicht voll brauchbar.

  • Wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung haben nämlich die Entziehung der EG-Typengenehmigung bzw. die Anordnung von Nebenbestimmungen sowie - bei deren Nichterfüllung - die Stilllegung des Fahrzeugs gedroht.

  • Das Verhalten der Volkswagen AG ist sittenwidrig. Als Beweggrund für das Inverkehrbringen des mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Motors kommt allein eine angestrebte Kostensenkung und Gewinnmaximierung durch hohe Absatzzahlen in Betracht.

  • Dabei hat Volkswagen in Kauf genommen, nicht nur ihre Kunden, sondern auch die Zulassungsbehörden zu täuschen und sich oder den zum Konzernverbund gehörenden weiteren Herstellern auf diese Weise die Betriebszulassung für die Fahrzeuge zu erschleichen.

  • Der Senat muss nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast davon ausgehen, dass der Vorstand oder ein sonstiger Repräsentant der Volkswagen AG umfassende Kenntnis von dem Einsatz der manipulierten Software gehabt und in der Vorstellung die Erstellung und das Inverkehrbringen der mangelhaften Motoren veranlasst hat, dass diese unverändert und ohne entsprechenden Hinweis an Kunden weiterveräußert werden.

  • Der Kläger kann somit fordern, im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als wäre der unerwünschte Leasingvertrag nicht abgeschlossen worden.

  • Deshalb kann er die Rückzahlung seiner Anzahlung, geleisteter Leasingraten und der Gebühr für die Nichtausübung der Kaufoption verlangen. Die Gebrauchsvorteile nach der bisherigen Laufleistung muss er sich jedoch anrechnen lassen.

Hinweis:

Der Senat hat zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zugelassen.

Quelle: OLG Hamm, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
NWB MAAAH-41743