Online-Nachricht - Montag, 16.12.2019

Kirchensteuer | Kirchensteuerpflicht von im Kindesalter getauften und nicht aus der Kirche wieder ausgetretenen Erwachsenen (VG)

Die Heranziehung der als Säugling getauften Klägerin zur Entrichtung der Kirchensteuer im Erwachsenenalter war mangels ausdrücklichen Kirchenaustritts rechtens ( 27 K 292.15).

Sachverhalt: Die Klägerin wendet sich gegen zwei Bescheide, mit denen sie zur Entrichtung der Kirchensteuer verpflichtet wird. Nach einem Auszug aus dem Taufregister der Evangelischen Kirchengemeinde Bitterfeld wurde sie dort zwei Monate nach ihrer Geburt im Jahr 1953 im evangelischen Glauben getauft. Ihre Eltern traten 1956 und 1958 aus der Kirche aus.

Die Klägerin gab in einem ihr von der Kirchensteuerstelle beim FA Prenzlauer Berg im September 2011 zugesandten Fragebogen an, nicht getauft zu sein. Als die Kirchensteuerstelle im Oktober 2011 von der Kirchengemeinde auf Anfrage jedoch erfuhr, dass die Klägerin 1953 getauft worden sei, zog diese die Klägerin mit zwei Bescheiden für 2012 und 2013 zur Kirchensteuerentrichtung mit der Begründung heran, dass sie infolge ihrer Taufe und mangels Kirchenaustritts Kirchenmitglied und damit kirchensteuerpflichtig sei.

Hiergegen setzt sich die Klägerin gerichtlich zur Wehr. Sie macht unter anderem geltend, ihre Eltern hätten seinerzeit auch den Austritt der Klägerin miterklärt. Eine Kirchenmitgliedschaft sei ihr aufgrund ihrer atheistischen Erziehung auch nicht bewusst gewesen. Davon abgesehen sei die Anbindung der Kirchensteuerpflicht an die Kirchenmitgliedschaft und dieser wiederum an die Säuglingstaufe verfassungswidrig, weil das Freiwilligkeitsprinzip verletzt werde. Ferner rügt die Klägerin Verstöße der Kirchensteuerstelle gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen anlässlich deren Informationserhebung bei ihr und der genannten Kirchengemeinde.

Das VG Berlin weist die Klage ab:

  • Die Bescheide sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten.

  • Sie ist in den betreffenden Veranlagungszeiträumen, den Jahren 2012 und 2013, Mitglied der Beklagten gewesen. Sie wurde durch ihre Taufe im Juni 1953 Mitglied der Evangelischen Kirche.

  • Es lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin vor dem Jahr 2014 aus dieser Kirche ausgetreten ist. Insbesondere ergibt sich ihr Kirchenaustritt nicht aus den Austrittserklärungen ihrer Eltern.

  • Die Heranziehung der Klägerin zur Zahlung von Kirchensteuer verstößt auch nicht gegen Art. 29 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung von Berlin; vor allem ist das Freiwilligkeitsprinzip nicht verletzt. Die Klägerin musste mit ihrer Kirchenmitgliedschaft rechnen und hätte daher austreten können, dies aber nicht getan.

  • Die für die Erhebung der Kirchensteuer erlangten Informationen sind auch nicht, insbesondere nicht aus datenschutzrechtlichen Gründen, unverwertbar. Infolgedessen steht der Klägerin auch kein Anspruch auf Erstattung der als Kirchensteuer einbehaltenen Beträge zu.

Hinweis:

Gegen das Urteil kann Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestellt werden.

Quelle: VG Berlin Pressemitteilung vom 12.12.2019 - Nr. 40/2019 (ImA)

Fundstelle(n):
NWB NAAAH-37879