Online-Nachricht - Donnerstag, 12.12.2019

Einkommensteuer/Verfahrensrecht | Endgültige Einnahmelosigkeit einer Kapitalbeteiligung als rückwirkendes Ereignis (BFH)

Endgültig einnahmelos ist eine Kapitalbeteiligung erst, wenn feststeht, dass Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen aus der nämlichen Beteiligung niemals als Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen i.S. des § 3 Nr. 40 EStG einer bestandskräftigen Veranlagung des Steuerpflichtigen oder einer bestandskräftigen gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung seiner Einkünfte zugrunde gelegen haben. Die endgültige Einnahmelosigkeit ist ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Teilabzugsverbot nach § 3c Abs. 2 EStG

§ 3c Abs. 2 EStG soll die Verwirklichung eines doppelten Vorteils verhindern, der erzielt werden könnte, wenn die Einnahmen einerseits zu 40 % steuerfrei wären, andererseits die damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Ausgaben in voller Höhe steuermindernd berücksichtigt werden könnten. Diese Regelung sieht daher ein Abzugsverbot in Höhe des steuerfreien Anteils der Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG von 40 % vor, so dass folglich lediglich 60 % der Aufwendungen steuerlich berücksichtigt werden können (sog. Komplementärfunktion).

Nach § 3c Abs. 2 Satz 7 EStG ist die Absicht zur Erzielung von Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen i. S. des § 3 Nr. 40 EStG ausreichend. Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Einnahmen bzw. Erträgen und Aufwendungen besteht somit nicht (mehr). Weiterführende Informationen finden Sie bei .

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, an der neben der R-GmbH als Komplementärin nur natürliche Personen als Kommanditisten beteiligt sind.

Die Klägerin war an zwei GmbHs beteiligt. Nach einer längeren Verlustphase wurde die Liquidation der beiden GmbHs beschlossen. In ihrem Jahresabschluss für 2009 (Streitjahr) schrieb die Klägerin die Beteiligungen wegen voraussichtlich dauernder Wertminderungen außerplanmäßig auf 0 € ab.

Die Klägerin sollte aus der Liquidation der beiden Gesellschaften (beschlossen in 2010) jeweils einen Festbetrag i. H. v. 60.000 € erhalten. Daraufhin rechnete die Klägerin die auf die Komplementärin entfallenden Teilwertabschreibungen für 2009 dem Gewinn wieder hinzu (§ 8b Abs. 3 Satz 3 KStG). Bezüglich der Anteile der Kommanditisten nahm sie die Teilwertabschreibungen in voller Höhe erfolgswirksam vor.

Das FA vertrat die Auffassung, dass das Teilabzugsverbot des § 3c EStG anzuwenden sei. Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolgt ().

Der BFH hebt die Entscheidung des FG auf und verweist die Sache zurück:

  • Zu Unrecht wurde davon ausgegangen, dass die Frage, ob die streitigen Beträge unter § 3 Nr. 40 EStG fallen, im Streitjahr 2009 zu klären sei, weil davon die Frage abhängt, ob die von der Klägerin geltend gemachten Teilwertabschreibungen dem Teilabzugsverbot nach § 3c Abs. 2 EStG unterfallen.

  • Fallen keine Einnahmen an, kommt eine anteilige Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 EStG nicht in Betracht. Es tritt die nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG maßgebende Bedingung dafür, entsprechende Aufwendungen nur anteilig zu berücksichtigen, nicht ein.

  • Werden daher aus einer Kapitalbeteiligung endgültig keine Einnahmen erzielt, ist bis 2010 das Teilabzugsverbot - vor Geltung des heutigen § 3c Abs. 2 Satz 7 EStG - nicht anzuwenden und der Erwerbsaufwand in vollem Umfang abziehbar. Dies gilt auch, wenn die Kapitalbeteiligung, wie im Streitfall, in einem Betriebsvermögen gehalten wird (z.B. , Rz 33 ff.).

  • Ob eine Kapitalbeteiligung endgültig einnahmelos ist, steht regelmäßig erst fest, wenn die Beteiligung veräußert oder die Gesellschaft, an der die Beteiligung gehalten wurde, vollbeendet wurde (z.B. BFH-Urteil in BFHE 240, 333, BStBl II 2013, 802).

  • Bei der endgültigen Einnahmelosigkeit handelt sich um ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (vgl. ).

  • Vor diesem Hintergrund durfte das FG die Frage, ob die streitigen Beträge i. H. v. 60.000 € dem § 3 Nr. 40 EStG unterfallen, nicht im Rahmen des gegen den Feststellungsbescheid 2009 gerichteten Klageverfahrens entscheiden.

  • Das FG hat die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung zu beurteilen und hierbei auch rückwirkende Ereignisse zu berücksichtigen (z.B. ).

  • Im Ergebnis hat das FG zu prüfen, ob im Zeitpunkt seiner erneuten Entscheidung die endgültige Einnahmelosigkeit der Beteiligungen festgestellt werden kann.

  • Dabei kommt es darauf an, ob für die Klägerin Einnahmen gem. § 3 Nr. 40 EStG aus den Beteiligungen bestandskräftig festgestellt wurden. Auf die Rechtmäßigkeit der Berücksichtigung etwaiger Einnahmen kommt es dabei nicht an.

Hinweis:

Durch das JStG 2010 wurde in § 3c Abs. 2 EStG ein neuer Satz eingefügt (jetzt Satz 7), demzufolge für die Anwendung des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG die Absicht zur Erzielung von Einnahmen i. S. d. § 3 Nr. 40 EStG ausreicht. Im vorstehenden Urteilsfall war der jetzige § 3c Abs. 2 Satz 7 EStG noch nicht anzuwenden, daher kann diese Rechtsprechung nicht ohne weiteres auf die aktuelle Rechtslage übertragen werden.

Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)

Fundstelle(n):
NWB JAAAH-37594