Online-Nachricht - Mittwoch, 04.12.2019

Einkommensteuer | Treuhandvertrag und atypisch stille Gesellschaft (FG)

Ein atypisch stiller Gesellschafter, der gleichzeitig Treugeber ist, erzielt keine Einkünfte gem. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG aus einem Kapitalnutzungsverhältnis, wenn er als wirtschaftlicher Eigentümer seine Anteile an den Treuhänder veräußert und dies fremdüblich ist. Die unrichtige Bezeichnung als stille Gesellschaft im Treuhandvertrag ist unschädlich, wenn tatsächlich etwas anderes gewollt war (; Revision eingelegt).

Hintergrund: Treuhandverhältnisse im Steuerrecht

Treuhandverhältnisse regeln, dass dem Treuhänder nach außen hin ein Mehr an Rechten übertragen wird, als er im Innenverhältnis gegenüber dem Treugeber nach der gleichzeitig getroffenen schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung ausüben darf. Der Treuhänder ist zwar zivilrechtlich Eigentümer bzw. Inhaber der ihm zu treuen Händen übertragenen Sachen und Rechte. Diese werden jedoch wegen der im Innenverhältnis geltenden Beschränkung seiner Rechtsmacht nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Alt. 1 AO steuerrechtlich dem Treugeber zugerechnet.

Ein Treuhandverhältnis kann nur dann der Besteuerung zugrunde gelegt werden, wenn es im Vorhinein klar und eindeutig vereinbart und vereinbarungsgemäß durchgeführt wurde. Es muss sowohl nach den zwischen Treugeber und Treuhänder getroffenen Absprachen als auch nach deren tatsächlichem Vollzug zweifelsfrei erkennen lassen, dass der Treuhänder ausschließlich für Rechnung des Treugebers handelt. Weitere Informationen finden Sie bei Madle im AO Kommentar, Tz. 3.2.1.

Sachverhalt: Der Sohn des Klägers, A, war Gründungsgesellschafter und geschäftsführender Gesellschafter der X GmbH. In 2008 war A am damaligen Stammkapital der X GmbH von 36.000 € mit 9.550 € (26,09 %) beteiligt. Ebenfalls in 2008 schlossen A als „Treuhänder“ und der Kläger als „Treugeber“ einen Treuhandvertrag „betreffend eine stille Beteiligung des Treugebers an der X GmbH“.

In 2011 beschloss die Gesellschafterversammlung der X GmbH eine Ausschüttung des Gewinns für 2010 vorzunehmen. Der auf A entfallende Betrag wurde in 2012 ausgezahlt und A überwies den auf den Kläger entfallenden Betrag an diesen. Dieser erklärte den Betrag nicht in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2012. A erklärte den vollen Betrag unter Anrechnung der vollen Steuerabzugsbeträge.

In 2010 und 2012 veräußerte der Kläger seine Anteile an der X GmbH an seinen Sohn A. Der Kläger berücksichtigte den Veräußerungsvorgang nicht in seiner Einkommensteuererklärung, A erklärte einen Veräußerungsgewinn unter Minderung der an den Kläger weitergeleiteten Beträge, welche er als Anschaffungskosten für die Anteile ansetzte.

Das FA behandelte, die im Jahr 2013 zugeflossenen Erlöse des Klägers aus der Veräußerung der Anteile als Einnahmen aus einem Kapitalnutzungsverhältnis nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Der Kläger legte hiergegen erfolglos Einspruch ein und erhob dann Klage.

Das FG gibt der Klage statt:

  • Der wirtschaftliche Inhaber von Kapitalgesellschaftsanteilen erzielt Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Gewinnanteile und sonstige Bezüge) und nach § 17 EStG (Gewinne oder Verluste aus der Anteilsveräußerung) ().

  • Der Kläger war an der X GmbH atypisch still unterbeteiligt. Denn die rechtliche Einordnung ist nicht anhand der Vertragsbezeichnung, sondern anhand des von den Vertragspartnern Gewollten vorzunehmen. Im Streitfall spricht insbesondere das weitergehende eigene Interesse des A als geschäftsführender Gründungsgesellschafter der X GmbH gegen die gegensätzliche Interessenlage eines Treuhandvertrages.

  • Für das wirtschaftliche Eigentum kommt es darauf an, dass dem Kläger alle mit der wirtschaftlichen Inhaberschaft der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte zustehen. Dafür ist auf Inhalt und Vollzug des Vertrages abzustellen.

  • Wesentlich für die Begründung des wirtschaftlichen Eigentums des Klägers war die umfassende Teilhabe an der Wertentwicklung der Anteile. Diese zeigt sich u.a. dadurch dass der Kläger die Anteile an seinen Sohn exakt zu dem Wert veräußert hat, zu dem auch A seine Anteile kurz darauf am freien Markt veräußert hat.

  • Der Kläger konnte auch seine Stimmrechte hinreichend ausüben, weil im Rahmen der Unterbeteiligung gerade die Beteiligungsverhältnisse zur Geltung kamen, die so ungefähr auch bei unmittelbarer Abstimmung auf Gesellschaftsebene zur Anwendung gekommen wären. Der Kläger konnte stets nach Vorberatung und Abstimmung sein Stimmrecht auf Ebene der Unterbeteiligungsgesellschaft ausüben, wenn auch - aufgrund der geringen Anteilsquote – im Fall der Konfliktabstimmung nicht mit Erfolg.

  • Dass der Vertrag formunwirksam war, steht dem wirtschaftlichen Eigentum nicht entgegen, da die getroffenen Vereinbarungen tatsächlich durchgeführt wurden (; ).

  • Die tatsächliche Durchführung war fremdüblich. Dass der Hauptbeteiligte Sohn des Klägers - bis auf einen Aufwendungsersatz - kein Entgelt für seine Tätigkeit erhalten sollte und erhalten hat ist unschädlich, da er eigene Interessen mit dem Halten der Anteile verfolgte.

  • Vorliegend kommt eine Berücksichtigung des Gewinns nach § 17 EStG nicht in Betracht, da der Kläger mit maximal 0,28 % am Stammkapital der X GmbH nicht wesentlich beteiligt war. § 17 Abs. 1 S. 1 EStG nimmt eine wesentliche Beteiligung erst bei einer mindestens 1%igen Beteiligung am Kapital an.

  • Eine Besteuerung der Erlöse des Klägers nach § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG scheidet aus, weil der Mehrerlös auf einer Werterhöhung der Einlage beruht und dies von der Vorschrift nicht erfasst ist.

  • § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 EStG, welcher Gewinne aus der Veräußerung von stillen Beteiligungen erfasst, war nach § 52 Abs. 28 S. 13 EStG im Streitjahr mangels Anschaffung der Anteile nach dem nicht anwendbar.

  • Im Ergebnis verwirklicht der Kläger im urteilsgegenständlichen Sachverhalt keinen steuerpflichtigen Vorgang.

Hinweis:

Gegen das Urteil des FG Düsseldorf wurde Revision eingelegt, das BFH Aktenzeichen ist noch nicht bekannt.

Das Urteil wurde auf der Homepage des FG Düsseldorf veröffentlicht.

Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)

Fundstelle(n):
NWB OAAAH-36778