BVerwG Urteil v. - 7 C 33/17

Presserechtlicher Auskunftsanspruch und Steuergeheimnis

Leitsatz

Beim Zusammentreffen von presserechtlichem Auskunftsanspruch und Steuergeheimnis ist im Wege der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes des zwingenden öffentlichen Interesses nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO ein verhältnismäßiger Ausgleich zwischen dem Interesse an der Vertraulichkeit vom Steuergeheimnis geschützter Daten und gegenläufigen öffentlichen Interessen herzustellen. Bei dieser vom Gesetzgeber vorgeprägten Abwägung findet auch das nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Informationsinteresse der Presse Berücksichtigung.

Gesetze: Art 5 Abs 1 S 2 GG, § 30 Abs 1 AO 1977, § 30 Abs 2 AO 1977, § 30 Abs 4 Nr 5 AO 1977, § 4 Abs 2 Nr 2 PresseG NW, § 4 Abs 2 Nr 3 PresseG NW

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Az: 15 A 651/14 Urteilvorgehend Az: 26 K 5622/12 Urteil

Tatbestand

1Der Kläger ist Journalist bei einer überregionalen Tageszeitung. Er begehrt vom Beklagten Auskünfte zu einem Einsatz von Polizei und Steuerfahndung am in einem Swinger-Club in W.

2Am veröffentlichte der Kläger einen Artikel, in dem er über einen Polizeieinsatz in W. berichtete, bei dem "150 Polizeibeamte und 30 Steuerfahnder mit Schutzhunden" das Gelände, auf dem ein Swinger-Club betrieben werde, gestürmt hätten. Bei dem Einsatz sei auch ein Panzerwagen eingesetzt worden. Die Fahnder hätten Beweise für Steuerbetrug gesucht und hierbei den Eigentümer des Gebäudes, der Anhänger der Rocker-Gruppe "H." sei, im Visier gehabt. Auch dessen Wohnung in K. sei durchsucht worden. Nach Auskunft der Polizei V. habe es sich um eine Aktion der Steuerfahndung D. gehandelt, bei der alle anwesenden Personen überprüft worden seien. Unter der Überschrift "Riesige Swinger-Razzia wegen 70 000 Euro - War's das wirklich wert?" berichtete der Kläger zudem am , dass die Razzia durch eine anonyme Anzeige ausgelöst worden sei. Nach Ansicht der Steuerfahndung würden in dem Club regelmäßig Partys "mit satten Eintrittsgeldern" veranstaltet, die nicht versteuert worden seien. Wer die Partys veranstalte, sei unklar.

3Am beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf § 4 PresseG NW beim Finanzministerium des Beklagten die Erteilung von Auskünften zu fünf - nachfolgend im Revisionsantrag einzeln aufgeführten - den Einsatz betreffenden Fragen. Der Beklagte lehnte den Antrag unter Berufung auf das Steuergeheimnis ab.

4Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Auskunftserteilung sei zum Schutz des Steuergeheimnisses ausgeschlossen. Die erbetenen Auskünfte bezögen sich sämtlich auf die steuerlichen Verhältnisse eines individualisierbaren Dritten. Trotz der Berichterstattung durch den Kläger könne auch die mit der ersten Frage begehrte Auskunft, ob am ein behördlicher Einsatz der Polizei und Steuerfahndung D. im Swinger-Club "..." in W. stattgefunden habe, noch unbefugt offenbart werden. Insoweit gehe es dem Kläger um eine offizielle Bestätigung seiner nach eigenen Angaben noch ungesicherten Erkenntnisse durch die Finanzverwaltung. Die Offenbarung der begehrten Informationen sei nicht ausnahmsweise zulässig. Es fehle an dem dafür erforderlichen zwingenden öffentlichen Interesse. Der unbestimmte Rechtsbegriff des "zwingenden öffentlichen Interesses" biete ausreichend Raum, um der Pressefreiheit Rechnung zu tragen. Es sei daher verfassungsrechtlich unbedenklich, dass der Gesetzgeber dem Steuergeheimnis grundsätzlich Vorrang eingeräumt und keine umfassende Einzelfallabwägung vorgesehen habe. Eine Auskunft dazu, wer den Einsatz veranlasst hat und wem die Federführung oblag, sei zudem nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NW ausgeschlossen. Die im Rahmen dieser Vorschrift erforderliche Abwägung der widerstreitenden Interessen führe zu einem Überwiegen der Geheimhaltungsinteressen. Im Falle einer Veröffentlichung dieser Informationen drohten erhebliche Gefahren für die betroffenen Personen.

5Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision des Klägers, zu deren Begründung er im Wesentlichen ausführt:

6Das Oberverwaltungsgericht habe den Schutzbereich des Steuergeheimnisses so weit gefasst, dass kein Raum mehr für die verfassungsrechtlich geschützte Presse bleibe. Mit Hilfe der begehrten Informationen sei weder ein sicherer Rückschluss auf einzelne Personen möglich noch habe der Beklagte dargetan, dass der Einsatz einen Bezug zu einem Steuerverhältnis habe. Geschützt seien zudem nur solche Daten, die der Steuerpflichtige selbst preisgegeben habe. In Wahrheit missbrauche der Beklagte das Steuergeheimnis für eigene, sachfremde Zwecke. Von der Antwort auf die erste Frage erwarte er keine neuen Erkenntnisse, sondern eine amtliche Bestätigung des Einsatzes, der gesteigerte Beweiskraft zukomme. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, es sei verfassungsrechtlich unbedenklich, dass § 30 AO keine Einzelfallabwägung vorsehe, weil die Pressefreiheit bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs des "zwingenden öffentlichen Interesses" im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO angemessen berücksichtigt werden könne, sei unzutreffend. Beim Zusammentreffen von presserechtlichen Auskunftsansprüchen und dem Steuergeheimnis stehe dem Gesetzgeber keine Pauschalierungs- und Typisierungsbefugnis zu. Das gesetzlich vorgesehene Tatbestandsmerkmal des "unbefugten Offenbarens" verlange vielmehr eine offene Abwägung der widerstreitenden Interessen. Diese müsse, wenn es - wie hier - um den Bereich Steuer- und organisierte Kriminalität sowie eine mögliche Verschwendung von Steuergeldern für unverhältnismäßige Einsätze gehe, regelmäßig zugunsten der Presse ausfallen. Die begehrten Informationen beträfen nur die Sozialsphäre der Betroffenen und hätten nur staatliches Handeln zum Gegenstand. Ungeachtet dessen sei die Auskunftserteilung nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO im zwingenden öffentlichen Interesse zulässig, weil Kernfragen des demokratischen Rechtsstaats betroffen seien.

7Der Kläger beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom und das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, Auskunft auf folgende Fragen zu erteilen:

1. Hat am Samstagabend, den , ein behördlicher Einsatz der Polizei und Steuerfahndung D. im Swinger-Club "..." in W. stattgefunden?

2. Wie lange dauerte der Einsatz?

3. Wer war bei diesem Einsatz federführend und wer hat ihn veranlasst?

4. Wurde bei diesem Einsatz Beweismaterial gesichert?

5. Hat es Festnahmen gegeben oder wurden Haftbefehle erlassen?

8Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Gründe

10Die zulässige Revision ist nicht begründet und deshalb zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das angefochtene Urteil verstößt nicht gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO) bzw. stellt sich, soweit es um die Ausführungen zum Offenbaren der mit Frage 1 begehrten Auskunft geht, jedenfalls aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

111. Die revisionsrichterlicher Nachprüfung unterliegende Auslegung des - während des Revisionsverfahrens geänderten (siehe dazu nachfolgend unter 2.a)) - § 30 AO, der die Grenzen des landespresserechtlichen Auskunftsanspruchs im Hinblick auf steuerliche Daten bestimmt, durch das Berufungsgericht begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

12Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist es auch im Hinblick auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber der Wahrung des Steuergeheimnisses in § 30 AO grundsätzlich Vorrang eingeräumt und keine "offene" Abwägung im Einzelfall vorgesehen hat. Der Gesetzgeber sei zwar verpflichtet, dem Postulat der Pressefreiheit überall dort Rechnung zu tragen, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berühre. Hierfür biete der unbestimmte Rechtsbegriff des zwingenden öffentlichen Interesses in § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO aber ausreichend Raum. Hiergegen ist von Verfassungs wegen nichts zu erinnern.

13a) Die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgte Pressefreiheit dient der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung ( - BVerfGE 101, 361 <389>). Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG enthält nicht nur ein subjektives Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe, sondern garantiert nach seinem objektiv-rechtlichen Gehalt auch die institutionelle Eigenständigkeit der Presse (vgl. - BVerfGE 80, 124 <133>; 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 27). Neben der Freiheit der Verbreitung von Nachrichten und Meinungen schützt die Pressefreiheit auch den gesamten Bereich publizistischer Vorbereitungstätigkeit, zu der insbesondere die Beschaffung von Informationen gehört. Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie eröffnete Rolle bei der demokratischen Meinungs- und Willensbildung wirksam wahrzunehmen (vgl. - AfP 2000, 559 <260>, Urteil vom - 1 BvR 2623/95, 1 BvR 622/99 - BVerfGE 103, 44 <59> und Kammerbeschluss vom - 1 BvR 857/15 - NJW 2015, 3708 Rn. 16). Der Gesetzgeber ist daher verpflichtet, die Rechtsordnung in einer Weise auszugestalten, die der besonderen verfassungsrechtlichen Bedeutung der Presse gerecht wird und ihr eine funktionsgemäße Betätigung erlaubt. Dazu gehört auch die Schaffung behördlicher Auskunftspflichten, die es der Presse ermöglichen oder erleichtern, umfassend und wahrheitsgetreu Informationen über Geschehnisse von öffentlichem Interesse im staatlichen Bereich zu erhalten, und dadurch in die Lage versetzt zu werden, die Öffentlichkeit entsprechend zu unterrichten. Auf diese Weise können die Bürgerinnen und Bürger zutreffende und umfassende Informationen über tatsächliche Vorgänge und Verhältnisse, Missstände, Meinungen und Gefahren erhalten, die ihnen sonst verborgen bleiben würden, aber Bedeutung für eine abgewogene Beurteilung der für die Meinungsbildung essenziellen Fragen haben könnten. Erst diese für eine möglichst unverfälschte Erkenntnis notwendige Übersicht über Tatsachen und Meinungen, Absichten und Erklärungen ermöglicht eine eigene Willensbildung und damit die Teilnahme am demokratischen Entscheidungsprozess überhaupt (vgl. - NVwZ 2016, 50 Rn. 14; - DVBl. 2005, 980 <981> m.w.N.; 7 C 26.17 - NVwZ 2019, 1283 Rn. 22 m.w.N.).

14b) Nach der ständigen - auch vom Oberverwaltungsgericht zugrunde gelegten - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht dem Gesetzgeber bei der Normierung presserechtlicher Auskunftsregeln ein weiter Ausgestaltungsspielraum hinsichtlich der Gewichtung und des Austarierens der widerstreitenden Interessen bei der Formulierung von Versagungsgründen zu. Dabei ist er grundsätzlich nicht gehindert, auf der Grundlage typisierender bzw. pauschalierender Interessengewichtungen und -abwägungen bestimmte behördliche Funktionsbereiche von der Pflicht zur Auskunftserteilung ganz auszunehmen; entscheidend ist, dass die Auskunftsregeln insgesamt hinreichend effektiv sind, d.h. der Presse im praktischen Gesamtergebnis eine funktionsgemäße Betätigung sichern (vgl. Urteile vom - 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 27 und vom - 7 C 26.17 - NVwZ 2019, 1283 Rn. 23 m.w.N.). Die dem Auskunftsanspruch entgegenstehenden Ausschlussgründe müssen einen punktuellen Zuschnitt aufweisen, mit dem konkret umrissenen gegenläufigen Schutzgütern Rechnung getragen wird, und zwar beschränkt auf das Maß, in dem bei materieller Betrachtung tatsächlich ein Schutzbedarf erkennbar ist. Ungeachtet seiner rechtlichen Verortung darf ein genereller, abwägungsfester Vorrang eines privaten oder öffentlichen Vertraulichkeitsinteresses vor dem Informationsinteresse der Presse nur dann normiert werden, wenn dies demjenigen Abwägungsergebnis entspricht, das in aller Regel in Einzelfällen tatsächlich erzielt würde (vgl. 6 C 12.14 - BVerwGE 151, 348 Rn. 31 m.w.N. und vom - 7 C 5.17 - NVwZ 2019, 473 Rn. 18).

15c) Diese Grundsätze sind auf die bundesrechtliche Regelung des § 30 AO, die nicht in einem speziell presserechtlichen Kontext erlassen worden ist, sondern die Grenzen des Zugangs zu steuerlichen Daten allgemein bestimmt, in Ansehung presserechtlicher Auskunftsansprüche entsprechend anzuwenden. Gemessen daran hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die Pressefreiheit im Rahmen von § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO ausreichend berücksichtigt werden kann. Der verfassungsrechtlich gewährleistete Vermittlungs- und Kontrollauftrag der Presse gebietet es entgegen der Auffassung des Klägers insbesondere nicht, den Begriff des unbefugten Offenbarens im Sinne von § 30 Abs. 2 AO weit auszulegen und dort eine normativ nicht vorgeprägte Einzelfallabwägung zu verorten.

16§ 30 AO räumt dem Steuergeheimnis keinen generellen, unüberwindbaren Vorrang ein, sondern lässt im zwingenden öffentlichen Interesse Ausnahmen vom Verbot der Offenbarung zu. § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO ermöglicht so eine im Einzelfall verhältnismäßige Anwendung. Die darin enthaltene Aufzählung von Anwendungsfällen eines zwingenden öffentlichen Interesses ist nicht abschließend und lässt Raum für unbenannte Konstellationen (vgl. - juris Rn. 15 und 18 f.). Damit ist den Anforderungen von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG genügt, weil keine generalisierende Prüfung erfolgt, sondern die spezifischen Einzelfallumstände in eine Abwägung eingestellt werden können (vgl. BVerfG a.a.O. Rn. 19). Die Regelbeispiele engen den Spielraum für die behördliche Entscheidung zwar insoweit ein, als für eine freie Abwägung im Einzelfall kein Raum mehr bleibt, weil der Gesetzgeber damit den Maßstab für das zwingende öffentliche Interesse vorgegeben und die Behörde sich hieran auch für die Anwendung auf unbenannte Fälle zu orientieren hat ( - juris Rn. 15). Das begegnet aber keinen Bedenken. Die Regelbeispiele sind das Ergebnis einer wertenden Betrachtung der normativen Eigenarten des hier betroffenen Verwaltungsbereichs durch den Gesetzgeber. Eine solche bereichsspezifische Vorstrukturierung und Vorprägung der Abwägung ist dem Gesetzgeber auch in Ansehung der Pressefreiheit nicht versagt. Im Gegenteil war gerade der (Steuer)Gesetzgeber dazu berufen, sachspezifisch die hier geregelte Problemlage in den Blick zu nehmen und den Sach- und Rechtsstrukturen der betroffenen Sachmaterie Rechnung zu tragen (vgl. 6 C 12.14 - BVerwGE 151, 348 Rn. 31 ff. und vom - 7 C 24.15 - BVerwGE 159, 194 Rn. 66). Diese Aufgabe hat er wahrgenommen und selbst abgewogen (vgl. 7 C 2.09 - BVerwGE 135, 34 Rn. 45).

17d) Wenn § 30 AO für die Offenbarung von Steuerdaten hohe Hürden errichtet, kommt darin zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber das private und öffentliche Interesse an der Vertraulichkeit steuerlicher Daten als gewichtig einschätzt. Die besondere Schutzbedürftigkeit steuerlicher Daten ist auch in der Rechtsprechung anerkannt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schützt § 30 AO das Steuergeheimnis als Gegenstück zu den weitgehenden Offenbarungspflichten des Steuerrechts. Die Vorschrift dient zum einen dem privaten Geheimhaltungsinteresse des Steuerpflichtigen und der anderen zur Auskunftserteilung verpflichteten Personen. Zugleich wird mit ihr der Zweck verfolgt, durch besonderen Schutz des Vertrauens in die Amtsverschwiegenheit die Bereitschaft zur Offenlegung der steuerlich relevanten Sachverhalte zu fördern, um so das Steuerverfahren zu erleichtern, die Steuerquellen vollständig zu erfassen und eine gesetzmäßige, d.h. insbesondere auch gleichmäßige Besteuerung sicherzustellen. Diese im Rechtsstaatsprinzip und im Gleichbehandlungsgebot verankerten öffentlichen Interessen haben einen hohen Rang, der über das nur fiskalische Interesse an der Sicherung des Steueraufkommens hinausgeht ( - BVerfGE 67, 100 <139 f.>). Das Recht auf Wahrung des Steuergeheimnisses ist als solches zwar kein Grundrecht, jedoch eine auf verfassungsrechtlichen Verbürgungen beruhende "Abwehranspruchsnorm", die dazu dient, Grundrechte des Steuerbürgers zu schützen und zu realisieren (vgl. Alber, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand Oktober 2002, § 30 AO Rn. 12). Die Geheimhaltung bestimmter steuerlicher Angaben und Verhältnisse kann durch das grundrechtlich verbürgte Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG geboten sein ( - NJW 2008, 3489). Vor diesem Hintergrund war der Gesetzgeber nicht gehalten, den Zugang zu steuerlichen Daten bei presserechtlichen Auskunftsansprüchen einer freien Einzelfallabwägung durch die zuständigen Behörden zu überantworten. Der Einwand des Klägers, die Ausnahmeregelung des § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO komme nur für Verwaltungsbehörden zum Tragen, greift nicht durch. Das Tatbestandsmerkmal des zwingenden öffentlichen Interesses erfasst auch die Belange der Presse, die ihre Rolle bei der demokratischen Meinungs- und Willensbildung im öffentlichen Interesse wahrnimmt.

18Aus dem - (NVwZ 2016, 50 Rn. 12) ergibt sich nichts Anderes. Soweit dort ausgeführt wird, "die untereinander im wesentlichen inhaltsgleichen Auskunftsansprüche in den Landespressegesetzen zielten auf eine Abwägung", folgt daraus nicht, dass für presserechtliche Auskunftsansprüche stets eine freie Einzelfallabwägung vorzusehen ist. Dass gerade Geheimhaltungsvorschriften im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 2 der Landespressegesetze regelmäßig nicht auf eine freie Einzelfallabwägung ausgerichtet sind und es überdies spezielle Funktionsbereiche geben mag, bei denen die Vertraulichkeitsinteressen so großes Gewicht haben, dass selbst die Pressefreiheit sie nicht überwinden kann, wird durch diese Formulierung ebenso wenig in Frage gestellt wie die generelle Pauschalierungs- und Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers. In welcher Weise er von dieser Befugnis Gebrauch macht, ist aber bereichsspezifisch zwangsläufig verschieden.

19Die Presse kann ihre Informations- und Kontrollfunktion im Steuerbereich auch dann noch effektiv wahrnehmen, wenn das Steuergeheimnis nur zugunsten eines zwingenden öffentlichen Interesses durchbrochen werden darf. Eine auf andere Quellen gestützte Presseberichterstattung über Steuerfälle, an denen kein solchermaßen qualifiziertes Interesse besteht, wird damit nicht ausgeschlossen. Dies belegen nicht zuletzt die vom Kläger verfassten Artikel vom 11. und über den hier streitgegenständlichen Einsatz.

202. Auch die Anwendung des § 30 AO durch das Oberverwaltungsgericht verstößt - soweit es um die mit den Fragen Nr. 2 bis 5 begehrten Auskünfte geht - nicht gegen revisibles Recht. Ob dies auch hinsichtlich der Ausführungen zum Offenbaren der mit der Frage Nr. 1 begehrten Auskunft gilt, kann dahinstehen. Das Urteil ist insoweit jedenfalls im Ergebnis richtig.

21a) Die angegriffene Entscheidung ist nicht in einen Bundesrechtsverstoß "hineingewachsen", weil § 30 AO während des Revisionsverfahrens durch Art. 17 Nr. 8 des Gesetzes vom (BGBl. I S. 2541) geändert worden ist. Zwar müsste das Berufungsgericht seinem Urteil, wenn es heute zu entscheiden hätte, die mit Wirkung vom in Kraft getretene Fassung des § 30 AO zugrunde legen. Die hier relevanten (Teil)Regelungen von § 30 AO haben aber durch die mit der Novellierung vorgenommene Anpassung dieser Vorschrift an die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung - DS-GVO - ABl. L 119 S. 1) keine materielle Änderung erfahren.

22Mit der Ersetzung des Begriffes der "Verhältnisse eines anderen" in § 30 Abs. 2 Nr. 1 AO a.F. durch den Begriff der "personenbezogenen Daten eines anderen" in § 30 Abs. 2 Nr. 1 AO ist keine sachliche Änderung verbunden; hiervon ist auch der Gesetzgeber ausgegangen (BT-Drs. 18/12611, S. 81). Gleiches gilt für die Ergänzung des § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. a AO um weitere Regelbeispiele eines zwingenden öffentlichen Interesses, in denen - in Anlehnung an die Neufassung des § 23 Abs. 1 Nr. 4 BDSG (vgl. BT-Drs. 18/12611, S. 82) nach Art eines allgemeinen Auffangtatbestandes (vgl. Albers/Veit, in: BeckOK Datenschutzrecht, 28. Edition, Stand , § 23 BDSG Rn. 24) - die Offenbarung zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl erforderlich ist (vgl. Tormöhlen, in: Gosch, AO/FGO, Stand Juni 2018, § 30 Rn. 137.7; in diesem Sinne wohl auch Rüsken, in: Klein, AO, 14. Aufl. 2018, § 30 Rn. 183). Bereits zu der bis zum geltenden Fassung von § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO ist die Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte übereinstimmend davon ausgegangen, dass ein zwingendes öffentliches Interesse an der Offenbarung vom Steuergeheimnis geschützter Daten in solchen Fällen, die nicht den Regelbeispielen des § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO unterfallen, nur dann anzunehmen ist, wenn ohne eine Offenbarung der Daten die Gefahr bestünde, dass schwere Nachteile für das allgemeine Wohl eintreten ( 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1 <6> m.w.N.; VII R 77.84 - BFHE 149, 387 Rn. 19 m.w.N.; 2 AZR 325.00 - NZA 2002, 1030 <1032> m.w.N.; RiSt (R) 1.00 - juris Rn. 28 <insoweit in NJW 2002, 834 nicht abgedruckt>). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber hiervon durch die Ergänzung von § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. a AO abrücken wollte, sind nicht ersichtlich.

23b) Die vom Kläger begehrten Informationen zu dem Einsatz am betreffen sämtlich die "Verhältnisse eines anderen" bzw. "personenbezogene Daten eines anderen" im Sinne von § 30 Abs. 2 Nr. 1 AO a.F./n.F.

24Nach der datenschutzrechtlichen Begriffsbestimmung in Art. 4 Nr. 1 DSGVO sind "personenbezogene Daten" alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Darauf, ob die Daten vom Betroffenen selbst in Erfüllung steuerrechtlicher Pflichten preisgegeben worden sind, kommt es entgegen der Auffassung des Klägers nicht an. Dasselbe gilt für den Einwand des Klägers, vorliegend gehe es mangels konkreter Darlegungen des Beklagten nur um ein "hypothetisches Steuerverhältnis". Dem Schutz des § 30 AO unterliegen auch Informationen, die den Schluss auf ein Steuerverfahren zulassen, so etwa Informationen darüber, ob eine Außenprüfung oder Steuerfahndungsprüfung stattgefunden hat oder ob sich steuerstrafrechtliche Ermittlungen gegen jemanden richten. Bereits die Tatsache der steuerlichen Erfassung oder der Beteiligung an einem anhängigen oder anhängig gewesenen Verwaltungsverfahren wird vom Steuergeheimnis umfasst (vgl. nur Rüsken, in: Klein, a.a.O., § 30 Rn. 43; vgl. auch BayVerfGH, Entscheidung vom - Vf. 67-IVa-13 - NVwZ-RR 2015, 81 Rn. 44).

25Für die Personenbeziehbarkeit einer Information genügt es, wenn die Angaben vom Informationsempfänger aufgrund von diesem zugänglichen Zusatzwissen mit der betreffenden Person verknüpft werden können (vgl. Gola, DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art. 4 Rn. 18; siehe auch 7 C 20.12 - BVerwGE 151, 1 Rn. 41). Von diesem Maßstab ist das Oberverwaltungsgericht ausgegangen und hat festgestellt, dass die vom Einsatz betroffene Person für den Kläger und für Personen aus dem näheren Umfeld des Clubs identifizierbar wären, weil der Kläger ausweislich seiner Presseberichte über den streitgegenständlichen Einsatz am offenbar über zusätzliche Teilinformationen verfüge, die zur Identifizierung des Betroffenen führen können.

26Diese Feststellungen sind für den Senat mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO). Soweit der Kläger im Zusammenhang mit der Individualisierbarkeit personenbezogener Daten Verstöße gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) und die richterliche Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO) rügt, genügen die Ausführungen in der Revisionsbegründung schon nicht den Anforderungen an die ordnungsgemäße Darlegung solcher Verfahrensfehler. Der Sache nach wendet sich der Kläger auch insoweit gegen die Würdigung des Oberverwaltungsgerichts, die begehrten Informationen stellten personenbezogene Daten dar. Sein Einwand, es handele sich ausnahmslos um Sachdaten ohne erkennbaren Zusammenhang zu irgendwelchen Personen geht indes fehl. Sachdaten sind nur solche, die sich ausschließlich auf eine Sache beziehen. Das ist hier nicht der Fall. Im Hinblick auf die Frage Nr. 1, ob am ein behördlicher Einsatz der Polizei und Steuerfahndung D. im Swinger-Club "..." in W. stattgefunden hat, ergibt sich die erforderliche Personenbeziehbarkeit schon aus der Bezeichnung der Örtlichkeit. Den mit den Fragen 2 bis 5 erbetenen Informationen zu den näheren Umständen des Einsatzes (Dauer, Veranlasser, Federführung, Sicherung von Beweismaterial, Festnahmen, Erlass von Haftbefehlen) wird der Personenbezug dadurch vermittelt, dass sie in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Frage Nr. 1 stehen. Das Vorbringen des Klägers, es dürfe der Presse nicht zum Nachteil gereichen, dass sie mehr Kenntnisse habe als andere, liegt neben der Sache. Für ein speziell presserechtliches Verständnis des Begriffs "personenbezogene Daten" besteht kein Anlass.

27c) Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, die begehrten Informationen könnten sämtlich noch im Sinne von § 30 Abs. 2 Nr. 1 AO offenbart werden. Ob diese Annahme auch bezüglich der Frage Nr. 1 mit Bundesrecht vereinbar ist, ist zweifelhaft, kann aber offenbleiben.

28Eine Offenbarung ist jede Handlung, die bewirkt, dass geheim zu haltende Tatsachen einem Dritten bekannt werden, der das Geheimnis noch nicht oder noch nicht sicher oder nicht vollständig kennt. Ein "Offenbaren" scheidet daher aus, wenn die Daten schon öffentlich bekannt sind. Die Bestätigung oder das Dementi einer Behauptung oder eines Gerüchts stellt ein Offenbaren dar, wenn deren Wahrheit oder Unwahrheit noch nicht für jedermann bzw. für den jeweiligen Adressaten offenkundig bzw. zweifelsfrei ist (vgl. Rüsken, in Klein, a.a.O., § 30 Rn. 59 f.; Intemann, in: Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 30 Rn. 96).

29Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts kann das Tatbestandsmerkmal des Offenbarens auch bezüglich Frage Nr. 1 noch verwirklicht werden, weil der Kläger zum einen davon ausgehe, dass er durch die Auskunft noch etwas in Erfahrung bringen könne, was er nicht sicher wisse, und zum anderen eine offizielle Bestätigung seiner Vermutungen durch die Finanzverwaltung begehre. Damit knüpft das Oberverwaltungsgericht für seine rechtliche Würdigung maßgeblich an Erklärungen und subjektive Einschätzungen des Klägers an. Es spricht allerdings vieles dafür, dass die Frage, ob eine Information bereits öffentlich bekannt ist oder bisher nur Gerüchts- oder Verdachtscharakter hat und daher noch offenbart werden kann, anhand objektiver Umstände zu beurteilen ist.

30Dies zugrunde gelegt begegnet die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die mit Frage Nr. 1 begehrte Information könne noch offenbart werden, Zweifeln. In den im Tatbestand des angegriffenen Urteils wiedergegebenen - in der Print- und der Digitalausgabe einer überregionalen Zeitung veröffentlichten - Presseartikeln des Klägers wird über den Einsatz im Swinger-Club "..." in W. am nicht im Sinne einer Verdachtsberichterstattung berichtet. Insbesondere die Bezugnahme im Artikel vom auf die Auskunft der namentlich genannten Sprecherin der Polizei V., bei der Razzia handele es sich um eine Aktion der Steuerfahndung D., transportiert den - von der Polizei begleiteten - Einsatz der Steuerfahndung nicht als Gerücht, sondern als Tatsache. Dem entspricht, dass der Kläger in der Revisionsbegründung betont hat, er erhoffe sich von der Antwort auf diese Frage keine weitere (neue) Erkenntnis, sondern eine behördliche Bestätigung von (beweisbar) tatsächlich erfolgten Geschehnissen, für die er im Übrigen schon in den Vorinstanzen umfangreiches Bildmaterial vorgelegt hat.

31Selbst wenn das Oberverwaltungsgericht danach bezogen auf Frage Nr. 1 gegen Bundesrecht verstoßen haben sollte, führt dies gleichwohl nicht zum Erfolg der Revision. Für den Fall, dass insoweit keine personenbezogenen Daten mehr offenbart werden können, weil diese bereits öffentlich bekannt sind, stellt sich das Urteil im Ergebnis mangels Sachbescheidungsinteresse des Klägers jedenfalls aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

32Ein Sachbescheidungsinteresse besteht nur dann, wenn der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an der begehrten Handlung der Behörde hat (vgl. etwa 4 C 49.71 - BVerwGE 42, 115 <117>; Engel/Pfau, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 22 Rn. 52 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Das Landespressegesetz vermittelt der Presse einen Anspruch auf Erteilung von Auskünften, die ihr die Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgabe bei der demokratischen Meinungs- und Willensbildung ermöglichen. Der Auskunftsanspruch dient aber nicht dazu, sich nachträglich eine Information nochmals amtlich von der zuständigen Behörde bestätigen zu lassen, die zuvor bereits eine andere, ebenfalls mit dem Sachverhalt befasste bzw. daran beteiligte amtliche Stelle bestätigt und auf deren Auskunft sich der Antragsteller im Rahmen seiner veröffentlichten Berichterstattung über diesen Sachverhalt gestützt hat. Aus dem Hinweis des Klägers auf die Rechtsprechung zur behördlichen Bestätigung bzw. dem behördlichen Dementi eines Gerüchts folgt nichts anderes. Eine solche Fallgestaltung liegt hier offenkundig nicht vor.

33d) Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht ein zwingendes öffentliches Interesse im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO an der Offenbarung der begehrten Daten verneint.

34Das Oberverwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass vorliegend keines der in § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. a bis c AO aufgeführten Regelbeispiele erfüllt ist; daran ändert auch die vorstehend unter 2.a) behandelte Ergänzung des Regelbeispiels in Buchstabe a nichts. Die Auffassung des Klägers, sein Auskunftsbegehren unterfalle den Regelbeispielen der Buchstaben b und c liegt neben der Sache. Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass der streitgegenständliche Sachverhalt von Buchstabe b erfasst wird. Der Kläger ist auch nicht dazu berufen und es ist zudem nicht sein Anliegen, die Finanzbehörde gegen die Verbreitung unwahrer Tatsachen zu schützen oder diese zu "rehabilitieren". Sein Vorbringen, die Berichterstattung über Steuerstraftaten liege stets im zwingenden öffentlichen Interesse, wird schon durch § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. b AO widerlegt.

35Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht auch ein sonstiges, den Regelbeispielen in ihrer Bedeutung vergleichbares zwingendes öffentliches Interesse an der Offenbarung der Informationen verneint. Voraussetzung dafür ist nach der ständigen Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte, dass im Falle des Unterbleibens der Offenbarung die Gefahr bestünde, dass schwere Nachteile für das allgemeine Wohl eintreten ( 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1 <6> m.w.N.; VII R 77.84 - BFHE 149, 387 Rn. 19 m.w.N.; 2 AZR 325.00 - NZA 2002, 1030 <1032> m.w.N.; RiSt (R) 1.00 - juris Rn. 28 <insoweit in NJW 2002, 834 nicht abgedruckt>).

36Schwere Nachteile für das allgemeine Wohl können sich im Lichte des durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Vermittlungs- und Kontrollauftrages der Presse mit Blick auf einen presserechtlichen Auskunftsanspruch im Einzelfall dann ergeben, wenn es um einen Sachverhalt geht, an dem ein erhebliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht. Diese Feststellung erfordert eine Bewertung von dessen Gewicht und Bedeutung. Eine unzulässige journalistische Relevanzprüfung im Sinne einer staatlichen Inhaltsbewertung des Informationsanliegens der Presse geht damit nicht einher. Zwar ist die Entscheidung darüber, was sie des öffentlichen Interesses für Wert hält und was nicht und welche Informationen für sie vonnöten sind, der Presse vorbehalten (vgl. 6 C 65.14 - BVerwGE 154, 222 Rn. 19 m.w.N.). Diese Entscheidung ist der normspezifisch vorgeprägten Gewichtung des Informationsinteresses aber vorgelagert und davon zu unterscheiden.

37Die Subsumtion des Oberverwaltungsgerichts unter die zutreffend erkannten Rechtsmaßstäbe ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Auf der Grundlage seiner nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen und daher bindenden Tatsachenfeststellungen ist das Oberverwaltungsgericht unter Orientierung an der Rechtsprechung der Instanzgerichte zum sogenannten "Schwabinger Kunstfund" und zur Parteispendenaffäre mit nachvollziehbaren Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass die vom Kläger geltend gemachten Gesichtspunkte der Verhältnismäßigkeit des Einsatzes einerseits sowie der Person eines der Gäste andererseits die Annahme eines zwingenden öffentlichen Interesses an der Offenbarung der Informationen nicht rechtfertigen. Der Einsatz sei weder Gegenstand einer intensiven öffentlichen Diskussion gewesen noch gehe es um Grundfragen des demokratischen Rechtsstaats oder annähernd vergleichbare Kontroll- und Überwachungsinteressen der Bürger. Zudem sei der Kläger auf die Offenbarung der gewünschten Informationen nicht zwingend angewiesen. Der vom Kläger in diesem Zusammenhang gerügte Gehörsverstoß, den er damit begründet, dass das Oberverwaltungsgericht die Mitgliedschaft des Betroffenen in der international agierenden Gruppierung der "H." nicht gewürdigt hat, ist schon nicht ordnungsgemäß dargetan.

38e) Anders als der Kläger meint, kommt es bei der Anwendung des § 30 AO im Rahmen der Geltendmachung eines presserechtlichen Auskunftsanspruches auf eine Unterscheidung zwischen Auskunfts- und Berichtsstufe nicht an. Liegen die in § 30 Abs. 4 AO bestimmten Voraussetzungen für eine ausnahmsweise zulässige Offenbarung geschützter Daten nicht vor, darf die Behörde die Auskunft unabhängig von der beabsichtigten Verwendung nicht erteilen. Das Steuergeheimnis würde nicht erst mit der Veröffentlichung der Daten durch die Presse, sondern bereits mit der Auskunftserteilung gegenüber dem Antragsteller durchbrochen werden.

393. Ist nach dem Vorstehenden auch die mit der Frage Nr. 3 begehrte Auskunft vom Steuergeheimnis erfasst und die Offenbarung der Daten nicht ausnahmsweise nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO zulässig, kommt es darauf, ob insoweit - wie das Oberverwaltungsgericht angenommen hat - auch der irrevisible Ausschlusstatbestand des § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NW vorliegt, nicht mehr an. Es kann daher dahinstehen, ob die Auslegung und Anwendung dieser Norm durch das Oberverwaltungsgericht mit revisiblem Recht, insbesondere Art. 5 Abs. 2 Satz 1 GG, in Einklang steht.

404. Aus Art. 10 EMRK ergibt sich ebenfalls kein Auskunftsanspruch. Zwar werden Auskunftsbegehren der Presse als "public watchdog" von der Garantie des Art. 10 Abs. 1 EMRK grundsätzlich erfasst. Auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Senats ist aber nichts dafür ersichtlich, dass die nach innerstaatlichem Recht bestehenden Einschränkungen des Auskunftsrechts bei Beachtung des den Konventionsstaaten zuzubilligenden Beurteilungsspielraumes den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gemäß Art. 10 Abs. 2 EMRK nicht genügen (vgl. 7 C 6.17 - NVwZ 2019, 479 Rn. 18 und vom - 7 C 23.17 - NVwZ 2019, 978 Rn. 22 jeweils m.w.N.).

415. Der vom Kläger noch benannte Art. 42 GRCh bezieht sich auf den Zugang zu Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union und ist für Auskünfte durch den Beklagten nicht einschlägig.

42Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2019:290819U7C33.17.0

Fundstelle(n):
AO-StB 2020 S. 115 Nr. 4
BB 2019 S. 2134 Nr. 37
BFH/NV 2020 S. 335 Nr. 3
DStR 2019 S. 12 Nr. 37
HFR 2020 S. 84 Nr. 1
PStR 2019 S. 279 Nr. 12
XAAAH-36240