Online-Nachricht - Donnerstag, 07.11.2019

Gewerbesteuer | Keine gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung bei der Überlassung von Hotelzimmern an Reiseveranstalter (BFH)

Entgelte, die ein Reiseveranstalter an Hoteliers für die Überlassung von Hotelzimmern bezahlt, unterliegen nicht der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung (, veröffentlicht am ).

Hintergrund: Widersprüchliche FG Rechtsprechung

Seit 2012 wird der Einkauf von Hotelleistungen durch einen Reiseveranstalter dem Betriebsgewinn hinzugerechnet und ist damit gewerbesteuerpflichtig (§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG) und zwar ab 2008 (s. hierzu . Betroffen ist dabei der eigentliche Einkauf von Hotelkapazitäten ohne die sonstigen Nebenleistungen, die eher Dienstleistungscharakter haben. Zuvor war der Ankauf von Übernachtungen dem Umlaufvermögen zugeteilt worden. Die Rechtsprechung hat sich bisher in zwei Verfahren damit auseinandergesetzt:

Sachverhalt: Die Klägerin ist in der Rechtsform einer GmbH als Reiseveranstalterin tätig und organisiert Pauschalreisen. Zu diesem Zweck schloss sie mit anderen Leistungsträgern im Inland und im europäischen Ausland Verträge über typische Reisevorleistungen, insbesondere Übernachtungen, Personenbeförderungen, Verpflegungen, Betreuungen und Aktivitäten im Zielgebiet. Im Rahmen ihrer Gewerbesteuererklärung für 2008 nahm die Klägerin zwar Hinzurechnungen für von ihr geleistete Miet- und Pachtzinsen vor, jedoch nur hinsichtlich der von ihr angemieteten Geschäfts-räume. Die an die Hoteliers gezahlten Entgelte blieben bei den Hinzurechnungen unberücksichtigt.

Das FA war nach Durchführung einer Betriebsprüfung dagegen der Auffassung, dass nicht insgesamt eine Hotelleistung "eingekauft" werde, sondern ein Teil des an die Hoteliers bezahlten Entgeltes auf die "Anmietung" von Hotelzimmern entfalle. Entsprechend erhöhte es den gewerblichen Gewinn um den gesetzlich vorgesehenen Teil dieser Mietzinsen. Das FG entschied zunächst im Rahmen eines Zwischenurteils über verschiedene Rechtsfragen. Dabei gelangte es u.a. zu dem Ergebnis, dass in den von der Klägerin an die Hoteliers gezahlten Entgelten Mietzinsen enthalten seien und der betreffende Anteil bei der Hinzurechnung zu berücksichtigen sei.

Der BFH gibt der Revision statt und verweist die Sache an das FG zurück:

  • Die Hinzurechnung setzt neben dem Vorliegen eines Miet- oder Pachtvertrages voraus, dass die gemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgüter bei fiktiver Betrachtung Anlagevermögen des Steuerpflichtigen wären, wenn sie in seinem Eigentum stünden.

  • Eigentum liegt nicht vor, da bei einer nur kurzfristigen Überlassung der Hotelzimmer auch nur eine entsprechend kurzfristige Eigentümerstellung der Klägerin zu unterstellen wäre.

  • Für die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Anlage- oder Umlaufvermögen ist der konkrete Geschäftsgegenstand des Unternehmens zu berücksichtigen und - soweit wie möglich - auf die betrieblichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen abzustellen.

  • Insofern ist entscheidend, dass das Geschäftsmodell eines Reiseveranstalters typischerweise keine langfristige Nutzung der von den Hoteliers überlassenen Wirtschaftsgüter erfordert.

  • Vielmehr dient die nur zeitlich begrenzte Nutzung der Wirtschaftsgüter dem Bedürfnis des Reiseveranstalters, sich ständig an dem Wandel unterliegende Markterfordernisse (wie z.B. veränderte Kundenwünsche oder veränderte Verhältnisse am Zielort der Reise) anpassen zu können.

  • Da das FG bislang nur durch Zwischenurteil über Einzelfragen entschieden hatte, ging die die Sache an das FG zurück.

Anmerkung von Prof. Dr. Stefan Schneider, Richter am BFH:

§ 8 Nr. 1 Buchst. d, e GewStG rechnen die Miet- und Pachtzinsen für „im Eigentum eines anderen“ stehende (un-)bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens hinzu.

  • Liegen solche Mieten und Pachten vor, wenn Reiseveranstalter sich Hotels und Zimmerkontingente reservieren?

  • Sind diese Hotels und Zimmerkontingente solches Anlagevermögen?

Der BFH verneinte die Hinzurechnung. Er ließ offen, ob Mietverträge oder stattdessen Dienstleistungsverträge eigener Art vorliegen. Denn die Hotels wären - Eigentum des Reiseveranstalters fingiert - jedenfalls kein Anlagevermögen; fingiertes Eigentum allein genügt nicht. Ob Anlage oder Umlaufvermögen bestimmt der konkrete Geschäftsgegenstand mit den individuellen betrieblichen Verhältnissen. D.h. hier: Geschäftsmodell des Reiseveranstalters ist gerade nicht die langfristige Nutzung der vom Hotelier überlassenen Wirtschaftsgüter, sondern deren zeitlich begrenzte kurzfristige Nutzung, um sich den wechselnden Nachfrageerfordernissen anpassen zu können.

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 72/2019; ; NWB Datenbank (ImA)

Fundstelle(n):
NWB NAAAH-34444