Online-Nachricht - Montag, 04.11.2019

Verfahrensrecht | Keine Gemeinnützigkeit bei fehlender Regelung zur Selbstlosigkeit (FG)

Satzungen genügen nur dann den Anforderungen des § 60 Abs. 1 Satz 2 AO für die steuerliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit, wenn sie - unabhängig vom Aufbau und vom genauen Wortlaut der Mustersatzung - in Bezug auf das Kriterium der Selbstlosigkeit zumindest die Festlegung enthalten, dass nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt werden (; Revision zugelassen).

Hintergrund: Gemäß § 60 Abs. 1 AO müssen die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung so genau bestimmt sein, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für Steuervergünstigungen gegeben sind. Außerdem muss die Satzung gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 AO die in der Anlage 1 bezeichneten Festlegungen enthalten. Gemäß § 2 der Anlage zu § 60 AO muss die Satzung aus steuerlichen Gründen folgende Regelung enthalten: Die Körperschaft ist selbstlos tätig; sie verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke.

Sachverhalt: Streitig ist, ob es das FA zu Recht abgelehnt hat, die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60 Abs. 1 AO durch die Vereinssatzung des Klägers, eines im Jahr 2018 ins Vereinsregister eingetragenen Vereins, gesondert festzustellen: Im Laufe des Verfahrens hatte des FA den Kläger gebeten, § 2 der Mustersatzung [Anlage (zu § 60)] in dessen Satzung zu übernehmen. Der Kläger lehnte dies mit Hinweis auf unverhältnismäßigen Aufwand und unnötige Kosten ab: Die Satzung sei bereits von den Mitgliedern beschlossen, durch den Notar beim Amtsgericht eingereicht worden und im Vereinsregister hinterlegt worden.

Daraufhin lehnte das FA den Antrag auf Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO ab.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg:

  • Das FA hat den Kläger zu Recht nicht als gemeinnützig anerkannt, da die Satzung keine den Anforderungen der Mustersatzung i. S. des § 60 Abs. 1 Satz 2 AO entsprechende Regelung zur Selbstlosigkeit enthält.

  • Zwar ist die formelle Satzungsmäßigkeit nach Auffassung des Senates nicht bereits deshalb zu versagen, weil die Mustersatzung nicht wörtlich übernommen wurde. Es wird nicht gefordert, dass die Satzung einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck bzw. Muster entsprechen muss.

  • Satzungen genügen daher schon dann den Anforderungen des § 60 Abs. 1 Satz 2 AO, wenn sie unabhängig vom Aufbau und vom genauen Wortlaut der Mustersatzung die bezeichneten Festlegungen enthalten.

  • Ob der Begriff “selbstlos“ verwendet werden muss (so ) oder die genaue Wiedergabe des Inhaltes des Begriffs "selbstlos" ausreicht, kann hier offenbleiben.

  • Denn eine Förderung oder Unterstützung geschieht gemäß § 55 AO selbstlos, wenn dadurch in erster Linie nicht eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt werden und wenn weitere im Einzelnen beschriebene Voraussetzungen gegeben sind.

  • Im Streitfall findet sich in der Satzung jedoch keine Regelung, dass nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt werden. Allein aus der Satzungsregelung, dass der Förderverein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke i. S. des Abschnitts "steuerbegünstigte Zwecke" der AO verfolgt, ergibt sich nicht, dass nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt werden.

Hinweis:

Das FG hat die Revision zum BFH zugelassen, da die Rechtsfrage, ob und inwieweit Formulierungen der Mustersatzung sich in Satzungen wiederfinden müssen, um die Anerkennung als gemeinnützig zu erreichen, angesichts der Vielzahl von gemeinnützigen Körperschaften von grundsätzlicher Bedeutung ist.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB VAAAH-34168