BAG Urteil v. - 3 AZR 456/17

Gesamtzusage - ablösende Betriebsvereinbarung

Gesetze: BetrAVG

Instanzenzug: ArbG Essen Az: 5 Ca 1879/16 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 12 Sa 166/17 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Ehefrau des Klägers ein kostenloses Ticket zur Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs zur Verfügung zu stellen sowie über Erstattungsansprüche.

2Der im Juli 1954 geborene Kläger wurde zum bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, der Essener Verkehrs-Aktiengesellschaft (im Folgenden EVAG), als Omnibusfahrer eingestellt. Laut Handelsregistereintragung übernahm die EVAG im Wege der am wirksam gewordenen Umwandlung durch Ausgliederung den Betriebsteil „ÖPNV Mülheim“ der Mülheimer VerkehrsGesellschaft (im Folgenden MVG) und wurde sodann in die Beklagte umgewandelt. Diese betreibt, wie zuvor die EVAG bzw. die MVG, für die Städte Essen und Mülheim an der Ruhr den öffentlichen Personennahverkehr (im Folgenden ÖPNV) und ist Teil des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (im Folgenden VRR).

3Der Arbeitsvertrag des Klägers vom enthält ua. folgende Regelung:

4Die EVAG stellte ihren Beschäftigten und in der Vergangenheit auch deren Ehepartnern auf Antrag unentgeltliche Fahrausweise zur Nutzung der Verkehrsmittel im ÖPNV zur Verfügung. Im Zeitpunkt der Einstellung des Klägers warb sie auf Fahrzeugen mit der Aufschrift: „Als Mitarbeiter der EVAG haben Sie und Ihre Frauen immer freie Fahrt.“

5Die Voraussetzungen für die Bereitstellung von Fahrausweisen waren ursprünglich in sog. „Bestimmungen über die Gewährung von Dienstausweisen, Frei-Fahrkarten, Familien-Fahrkarten, Lehrlings- und Schülerkarten“ vom (im Folgenden Bestimmungen 1958) wie folgt geregelt:

6Der Betrag von 150,00 DM wurde später auf 200,00 DM geändert.

7Durch „Verfügung“ vom wurden die Bestimmungen 1958 für die Zeit ab Januar 1985 wie folgt geändert:

8In einer weiteren „Verfügung“ vom heißt es zur „Gewährung von Freifahrt-Ausweisen“:

9Unter dem schlossen die EVAG und ihr Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung (im Folgenden BV 1991) über die Gewährung eines Tickets 2000, „Firmenservice“. Diese enthält folgende Regelungen:

10Ungeachtet dieser Vereinbarungen gab die EVAG an ihre Mitarbeiter weiterhin höherwertige Tickets nach deren Wahl ohne Zuzahlung aus. Auch die Ehepartner der Arbeitnehmer konnten auf Antrag weiterhin kostenfrei Familienfahrkarten beziehen. Spätestens seit Mitte der 2000er-Jahre erhielten auch die Betriebsrentner für sich und ihre Ehegatten Tickets ihrer Wahl, ohne dass eine Zuzahlung verlangt wurde. Soweit erforderlich, erfolgte eine Versteuerung des geldwerten Vorteils. Bei den zur Wahl gestellten Tickets handelte es sich zuletzt um sog. Tickets 1000. Ein solches Ticket war personenbezogen, galt für beliebig viele Fahrten in seinem Geltungsbereich und konnte durch ein sog. Zusatzticket hinsichtlich des Geltungsbereichs erweitert werden, wenn es nicht ohnehin bereits für die höchste Preisstufe galt. Derartige Tickets bietet die Beklagte nach wie vor ihren Kunden im Abonnement an. Die Abonnementpreise im Jahr 2017 beliefen sich in den Preisstufen A 1, A 2, A 3 auf 65,32 Euro, in der Preisstufe B auf 94,43 Euro, in der Preisstufe C auf 125,11 Euro und in der Preisstufe D auf 159,40 Euro monatlich. Die Preisstufe A 3 ermöglicht die Fahrt mit den Verkehrsmitteln der im VRR zusammengeschlossenen Verkehrsunternehmen in einem größeren Stadtgebiet, ua. im Stadtgebiet Essen. Die Preisstufe D beinhaltet die Fahrt im gesamten Geltungsbereich des VRR. Nicht den eigenen Mitarbeitern und Betriebsrentnern bzw. ihren Ehepartnern zur Verfügung gestellt wurden die ebenfalls im VRR angebotenen sog. Firmentickets, welche anderen Unternehmen für deren Arbeitnehmer zu vergünstigten Konditionen ab einer bestimmten Abnahmemenge angeboten werden.

11Die Beklagte wendet seit Herbst 2005 den zum in Kraft getretenen Spartentarifvertrag Nahverkehrsbetriebe (TV-N NW) vom an. Dieser regelt ua. Folgendes:

12Die Parteien schlossen am einen Altersteilzeitarbeitsvertrag. Dieser sieht in § 3 eine Arbeitsphase vom bis zum und eine Freistellungsphase vom bis zum vor. Im Übrigen lautet er auszugsweise:

13Der Kläger wird ab dem von der Beklagten eine Betriebsrente nach Maßgabe des Tarifvertrags vom über die betriebliche Altersversorgung der Arbeitnehmer und Auszubildenden der Essener Verkehrs-Aktiengesellschaft (im Folgenden ATV EVAG) beziehen.

14Am schlossen die EVAG und ihr Betriebsrat die zum in Kraft getretene „Betriebsvereinbarung FirmenTicket“ (im Folgenden BV 2015). Dort heißt es:

15Ab stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihren Beschäftigten nur noch Tickets 1000 der Preisstufe A kostenlos zur Verfügung. Betriebsrentnern gewährte sie entsprechende Fahrscheine nur bei monatlicher Zuzahlung iHv. 12,00 Euro. An die Ehegatten der Beschäftigten und der Betriebsrentner reichte sie keine unentgeltlichen Fahrausweise mehr aus. Mit Schreiben vom unterbreitete sie ihren Betriebsrentnern und deren Ehepartnern vergleichsweise das Angebot, jeweils wohnortbezogen ein - im Gegensatz zum Ticket 1000 - nicht personalisiertes, sondern übertragbares Ticket 2000 der Preisstufe A zum monatlichen Preis des aktuellen Umsatzsteueranteils lebenslang zu beziehen.

16Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse seiner Ehefrau lebenslang unentgeltlich ein Ticket 1000 der Preisstufe A 3 zur Verfügung stellen. Die Ansprüche folgten aus einer bei der Einstellung getroffenen individuellen Vereinbarung, jedenfalls aus einer Gesamtzusage oder einer betrieblichen Übung. Sie seien durch die BV 2015 nicht abgelöst worden. Abgesehen davon, dass deren Geltungsbereich Ehepartner der Betriebsangehörigen bzw. Betriebsrentner nicht umfasse, gingen die bis bestehenden Vereinbarungen mangels „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ den Regelungen in der BV 2015 aufgrund des Günstigkeitsprinzips vor. Unabhängig davon seien die mit der BV 2015 verbundenen Verschlechterungen zumindest für die Zeit nach Eintritt in den Ruhestand unverhältnismäßig. Auch hätten die Betriebsparteien Übergangsregelungen für rentennahe Arbeitnehmer wie ihn vorsehen müssen. Die Ansprüche ergäben sich ferner aus einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, weil Mitarbeitern der MVG, die nach der „Fusion“ mit der EVAG bei dieser weiterbeschäftigt worden seien, keine Einbußen beim Bezug kostenfreier Tickets abverlangt worden seien. Im Hinblick auf den Hilfsantrag zu 1. hat sich der Kläger ebenfalls auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen und insoweit auf das an die Betriebsrentner gerichtete Vergleichsangebot der Beklagten vom verwiesen.

17Der Kläger hat zuletzt - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - sinngemäß beantragt,

18Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

19Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, der Ehefrau des Klägers ein Ticket 1000 der Preisstufe D des VRR zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufungen der Beklagten und des Klägers hat das Landesarbeitsgericht - unter Zurückweisung der Berufungen im Übrigen - die Beklagte verurteilt, der Ehefrau des Klägers ab dem , jedoch frühestens ab Rechtskraft des Urteils, ein Ticket 1000 der Preisstufe A 3 des VRR lebenslang zu gewähren, solange die Eheleute verheiratet sind und im selben Haushalt leben; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

20Die Beklagte begehrt mit ihrer Revision die vollständige Klageabweisung. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision seinen Antrag auf Gewährung eines Tickets 1000 der Preisstufe A 3, den Hilfsantrag zu 1. sowie seinen Antrag zu 2. für die Zeit vor Eintritt des Versorgungsfalls weiter. Im Übrigen erstreben die Parteien jeweils die Zurückweisung der gegnerischen Revision.

21Im Revisionsverfahren hat die Beklagte eine zwischen ihr, dem Betriebsrat am Standort Essen, dem Betriebsrat am Standort Mülheim an der Ruhr und dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat geschlossene „Betriebsvereinbarung über die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen hinsichtlich der Zurverfügungstellung von Fahrausweisen zur Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs im Raum des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr“ vom (im Folgenden BV 2017) vorgelegt. Diese Betriebsvereinbarung regelt in ihren §§ 6 und 8 vergünstigte Fahrausweise für Lebenspartner oder Ehepartner von aktiven Arbeitnehmern und Auszubildenden und von Betriebsrentnern. Nach § 11 Abs. 3 tritt die BV 2017 zum in Kraft. Weiter ist dort bestimmt, dass durch diese Betriebsvereinbarung die BV 2015 und alle sonstigen kollektiven und individualrechtlichen Regelungen (insbesondere auch Gesamtzusagen und Ansprüche aus betrieblicher Übung) bezüglich des Erhalts von Fahrausweisen, Tickets, Familienkarten oder sonstigen Fahrscheinen, die zur Nutzung des ÖPNV berechtigen, für alle Arbeitnehmer, Auszubildenden, Rentner und Pensionäre sowie deren Lebens-/Ehepartner abgelöst werden.

Gründe

22Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet. Die Revision der Beklagten ist begründet.

23I. Die Revision des Klägers ist unzulässig, soweit der Kläger sein Begehren weiterhin auf eine bei der Einstellung oder den Abschluss des Altersteilzeitarbeitsvertrags getroffene individuelle Vereinbarung sowie auf eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes stützt. Hinsichtlich dieser Streitgegenstände ist die Revision nicht bzw. nicht ausreichend begründet. Dies gilt auch für den Hilfsantrag zu 1. für die Zeit bis zum Eintritt des Versorgungsfalls.

241. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO muss die Revisionsbegründung diejenigen Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Die Revisionsbegründung hat sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Bei mehreren Streitgegenständen muss für jeden eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig. Eine eigenständige Begründung ist nur entbehrlich, wenn mit der Begründung der Revision über den einen Streitgegenstand zugleich dargelegt ist, dass die Entscheidung über den anderen unrichtig ist. Im Übrigen muss die Revisionsbegründung, soweit das Berufungsgericht seine Entscheidung auf zwei voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt hat, beide Erwägungen angreifen. Andernfalls ist das Rechtsmittel hinsichtlich des betreffenden Streitgegenstands insgesamt unzulässig ( - Rn. 20 mwN).

252. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung im dargestellten Umfang nicht gerecht.

26a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die behaupteten Ansprüche folgten nicht aus § 611 BGB iVm. dem Arbeitsvertrag bzw. einer diesen oder den Altersteilzeitarbeitsvertrag ergänzenden individuellen Zusage. Der Arbeitsvertrag enthalte keine Vereinbarungen über die Zurverfügungstellung von Tickets. Dem Kläger seien auch mündlich keine Zusagen dahingehend gemacht worden, dass er unabhängig von allgemeinen Arbeitsbedingungen mit kollektivem Bezug einen individuellen Anspruch auf die Gewährung eines kostenlosen Tickets für seine Ehefrau haben solle. Mit den dargelegten Äußerungen anlässlich seiner Einstellung seien lediglich die bei der Beklagten allgemein geltenden Regelungen wiedergegeben worden. Dies gelte auch für Erklärungen im Zusammenhang mit dem Abschluss des Altersteilzeitarbeitsvertrags. Dagegen hat der Kläger Rügen nicht erhoben. Sein Vorbringen, durch die Äußerungen bei der Einstellung „mögen“ keine Ansprüche aus § 611 BGB iVm. dem Arbeitsvertrag bzw. einer diesen ergänzenden Individualvereinbarung begründet worden sein, die Erklärungen stünden aber einer betriebsvereinbarungsoffenen Ausgestaltung von Ansprüchen aufgrund einer Gesamtzusage oder betrieblichen Übung entgegen, unterstellt vielmehr sinngemäß die vom Landesarbeitsgericht zum Fehlen einer Individualabrede gegebene Begründung als zutreffend (vgl.  - Rn. 22).

27b) Die Revision ist ebenso wenig ausreichend begründet, soweit sie sich gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts wendet, das Vorbringen des Klägers reiche nicht aus, um die Voraussetzungen eines Anspruchs in Anwendung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes begründen zu können.

28Das Landesarbeitsgericht hat die Klage, soweit der Kläger sie auf eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung mit vormaligen Arbeitnehmern der MVG gestützt hat, deshalb für unbegründet erachtet, weil die behauptete „Verschmelzung“ der EVAG mit der MVG bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz nicht vollzogen worden sei. Außerdem hat es gemeint, selbst nach einer „Verschmelzung“ sei ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz allenfalls gegeben, wenn die gegenüber vormaligen Mitarbeitern der MVG erbrachten Leistungen nicht auf einer Verpflichtung beruhten, sondern freiwillig erfolgten, wozu der Kläger keinen Vortrag gehalten habe. Mit der Revisionsbegründung hat der Kläger lediglich Angriffe gegenüber der Erstbegründung erhoben. Auf die selbständig tragende Zweitbegründung geht er nicht ein; erst recht stellt er nicht dar, warum diese unrichtig sein soll ( - Rn. 24).

29c) Schließlich ist die Revision auch im Hinblick auf den Hilfsantrag zu 1., soweit es die Zeit vor Eintritt des Versorgungsfalls betrifft, mangels ausreichender Begründung unzulässig.

30aa) Insoweit hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, der Kläger könne sich jedenfalls für die Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz berufen. Eine willkürliche Differenzierung zwischen Aktiven und Betriebsrentnern sei nicht gegeben. Sie sei schon deshalb gerechtfertigt, weil Betriebsvereinbarungen mangels Regelungsbefugnis der Betriebsparteien nicht in die Ansprüche der Ruheständler eingreifen könnten. Es sei nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte das daraus resultierende erhöhte Prozessrisiko zum Anlass genommen habe, sich außergerichtlich zu vergleichen. Außerdem könne ein etwaiger Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nur zur Folge haben, dass die Beklagte dem Kläger ein entsprechendes Vergleichsangebot unterbreite, was aber nicht das Begehren des Klägers sei.

31bb) Der Kläger hat sich mit diesen Erwägungen des Landesarbeitsgerichts in seiner Revisionsbegründung, obwohl dies für die Zulässigkeit seiner Revision hinsichtlich des vom Landesarbeitsgericht insoweit abgewiesenen Hilfsantrags zu 1. für die Zeit des Bestehens des Arbeitsverhältnisses erforderlich gewesen wäre, nicht auseinandergesetzt. Er hat lediglich geltend gemacht, dass Gleichbehandlung geboten sei. Das genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Auseinandersetzung mit den Gründen des Landesarbeitsgerichts.

32II. Soweit die Revision des Klägers zulässig ist, ist sie unbegründet, die Revision der Beklagten hingegen begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Beklagte sei verpflichtet, dem Kläger für seine Ehefrau ab Eintritt des Versorgungsfalls „Alter“ - frühestens ab Rechtskraft des Urteils - ein kostenloses Ticket 1000 der Preisstufe A 3 zur Verfügung zu stellen. Der dem Senat deshalb zur Entscheidung angefallene Hilfsantrag zu 1. für die Zeit nach dem Eintritt eines Versorgungsfalls ist ebenso wie der Antrag zu 2. unbegründet.

331. Der zu 1. erhobene Hauptantrag ist als Leistungsantrag nur teilweise zulässig. Er ist aber, soweit unzulässig, in einen Feststellungsantrag umzudeuten und als solcher zulässig. Der Hilfsantrag zu 1. ist - soweit über ihn noch zu entscheiden ist - als Leistungsantrag ebenfalls unzulässig, jedoch gleichfalls in einen Feststellungsantrag umzudeuten. Der Antrag zu 2. ist zulässig.

34a) Der Hauptantrag zu 1. ist für die Zeit bis zum Eintritt des Versorgungsfalls zulässig. Er zielt bei gebotener Auslegung auf die Vornahme aller Handlungen, die seitens der Beklagten erforderlich sind, um der Ehefrau des Klägers - wie bis Ende 2015 geschehen - den Besitz von Tickets der bezeichneten Art zu verschaffen, ohne die dafür im normalen Verkauf anfallenden Kosten aufwenden zu müssen. Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (ausführlich  - Rn. 29 f.).

35Der Kläger ist auch insoweit prozessführungsbefugt, als er die Ausstellung von Tickets für seine Ehefrau begehrt (ausführlich  - Rn. 31).

36b) Der Hauptantrag zu 1. ist, soweit er sich auf die Zeit eines zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses bezieht, nach § 258 ZPO zulässig.

37aa) Bei der begehrten „Gewährung“ eines Tickets 1000 der Preisstufe A 3 an seine Ehefrau handelt es sich um eine „wiederkehrende Leistung“ iSv. § 258 ZPO. Die Beklagte soll die Fahrausweise fortlaufend und damit für jeden Monat, frühestens ab Rechtskraft des Urteils, zur Verfügung stellen. Die Klage nach § 258 ZPO setzt voraus, dass der Anspruch auf die wiederkehrende Leistung bereits entstanden ist und die Verpflichtung des Schuldners als Folge eines Rechtsverhältnisses nur vom Zeitablauf, dh. nicht von einer Gegenleistung abhängig ist ( - Rn. 33 mwN).

38bb) Die danach maßgeblichen Voraussetzungen liegen für die Zeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit vor dem Eintritt eines Versorgungsfalls vor.

39Nach den Behauptungen des Klägers ist der Anspruch durch den Abschluss des Arbeitsvertrags bereits entstanden. Die fortlaufende Zurverfügungstellung des begehrten Tickets ist bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis für dessen Dauer nur vom Fristablauf abhängig. Dem steht nicht entgegen, dass die Leistung nur solange erfolgen soll, wie die Eheleute verheiratet sind und im selben Haushalt leben. Damit sind keine aufschiebenden Bedingungen benannt, die den Anspruch erst künftig entstehen lassen. Vielmehr handelt es sich hierbei um nach dem Vorbringen des Klägers gegenwärtig vorliegende Voraussetzungen, bei deren Wegfall - wie bei einer auflösenden Bedingung - das Recht auf die künftige Leistung erlischt ( - Rn. 34).

40c) Für die Zeit ab Eintritt eines Versorgungsfalls beim Kläger sind der Hauptantrag zu 1. und der Hilfsantrag zu 1. - soweit er sich auf diesen Zeitraum bezieht und deshalb über ihn zu entscheiden ist - nur als Feststellungsanträge zulässig.

41aa) Die Voraussetzungen für eine Klage auf zukünftige Leistung nach § 258 ZPO liegen insoweit nicht vor. Der mit der Klage verfolgte Anspruch ist in dieser Zeit nicht lediglich vom Zeitablauf abhängig. Er knüpft an den Eintritt des Versorgungsfalls sowie die Erfüllung der in der maßgeblichen Versorgungszusage bestimmten Voraussetzungen und damit an eine aufschiebende Bedingung an (vgl.  - Rn. 39; - 3 AZR 478/89 - zu 1 der Gründe, BAGE 67, 24). Es handelt sich deshalb nicht um einen iSv. § 258 ZPO gegenwärtig bereits bestehenden Anspruch.

42bb) Der Antrag ist ebenso wenig nach § 259 ZPO zulässig. Ein auf die Vornahme einer künftigen Handlung gerichteter Antrag ist nach § 259 ZPO zulässig, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen. Solche Umstände, die zu der Annahme berechtigen könnten, die Beklagte werde sich trotz gerichtlicher Feststellung einer Leistungspflicht der rechtzeitigen Leistung entziehen, hat der Kläger nicht dargetan (vgl. ausführlich  - Rn. 37 ff.).

43cc) Für die Zeit ab Eintritt des Versorgungsfalls beim Kläger sind der Hauptantrag zu 1. und der Hilfsantrag zu 1. indes als Feststellungsanträge zu behandeln und als solche zulässig.

44(1) In einem unzulässigen oder unbegründeten Leistungsantrag kann unter Berücksichtigung von Inhalt und Ziel der Klage ein Feststellungsantrag als ein „Weniger“ enthalten sein. Die Bindung der Gerichte an den Klageantrag nach § 308 Abs. 1 ZPO steht einer in diesem Sinne möglichen Umdeutung des Klagebegehrens nicht entgegen (sh.  - Rn. 19 mwN). Eine solche Umdeutung ist, da es um die Auslegung von Prozesserklärungen geht, durch das Revisionsgericht selbst vorzunehmen, soweit das Berufungsgericht sie unterlassen hat (sh.  - zu 2 der Gründe).

45(2) Gemäß ihrer Begründung zielt die Klage nicht ausschließlich darauf, einen vollstreckbaren Titel zu erlangen. Vielmehr will der Kläger - zumindest durch gerichtliche Feststellung - die Ungewissheit über eine Leistungspflicht der Beklagten beseitigt wissen. Die Voraussetzungen von § 256 Abs. 1 ZPO liegen vor. Eine allgemeine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen beschränken ( - Rn. 19 mwN, BAGE 163, 192). Der Kläger hat auch schon vor Eintritt des Versorgungsfalls ein rechtliches Interesse an der Klärung des Umfangs der Leistungspflicht nach Renteneintritt (vgl.  - Rn. 19). Durch die Entscheidung über einen darauf bezogenen Feststellungsantrag kann der Streit der Parteien über die Verpflichtung der Beklagten, im fraglichen Zeitraum der Ehefrau ein Ticket 1000 der Preisstufe A 3 kostenfrei zur Verfügung zu stellen bzw. ein Ticket 2000 der Preisstufe A unter Zuzahlung des monatlichen Umsatzsteueranteils, beseitigt werden. Es kann erwartet werden, dass die Beklagte einem gegen sie ergehenden Feststellungsurteil nachkommen und die sich daraus ergebenden Leistungsansprüche erfüllen wird (zu dieser Voraussetzung zB  - Rn. 14, BAGE 142, 294).

46d) Der Klageantrag zu 2. ist ebenfalls zulässig.

47aa) Der Kläger verlangt - wie die Auslegung ergibt - den Ersatz der Anschaffungskosten für die von seiner Ehefrau im Streitzeitraum erworbenen Fahrscheine, deren Kauf erforderlich war, weil ihr für Zeiten, zu denen sie mit dem Kläger als Arbeitnehmer oder Betriebsrentner der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in einem Haushalt gelebt hat bzw. weiterhin lebt, ein Ticket 1000 der Preisstufe A 3 nicht zur Verfügung stand. Zudem geht es dem Kläger offensichtlich darum, eine zeitliche „Überlappung“ der Zeiträume, auf die sich die Anträge beziehen, auszuschließen (ausführlich  - Rn. 44).

48bb) In dieser Auslegung ist der Antrag zu 2. hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Satz 2 ZPO und nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig (ausführlich  - Rn. 45 mwN).

49cc) Ob der Kläger die Feststellung einer Leistungspflicht ihm gegenüber verlangen kann, obwohl die Aufwendungen nach der Klagebegründung seiner Ehefrau entstanden wären, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage ( - Rn. 46).

502. Der zu 1. erhobene Klageantrag ist insgesamt unbegründet.

51a) Mangels insoweit zulässiger Revision steht nach der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts fest, dass der Kläger das für seine Ehefrau beanspruchte Ticket nicht aufgrund einer zwischen den Parteien bei der Einstellung des Klägers bzw. bei Abschluss seines Altersteilzeitarbeitsvertrags getroffenen individuellen Vereinbarung und auch nicht aufgrund einer Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes verlangen kann.

52b) Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat sich dem Kläger gegenüber zunächst im Wege einer Gesamtzusage verpflichtet, ihm kostenfreie Fahrausweise gemäß den jeweils bei ihr geltenden Bestimmungen zur Verfügung zu stellen (ausführlich  - Rn. 49 bis 54 mwN).

53c) Die Gesamtzusage der Rechtsvorgängerin der Beklagten ist nicht wegen eines Verstoßes gegen ein Schriftformerfordernis unwirksam.

54aa) Die Gesamtzusage der Rechtsvorgängerin der Beklagten war zwar nach § 125 BGB nichtig, weil sie gegen das konstitutive Schriftformerfordernis aus § 4 Abs. 2 Satz 1 BMT-G II verstoßen hat. Nach Wegfall dieses Formerfordernisses ist sie jedoch bestätigt worden (§ 141 Abs. 1 BGB), indem die Beklagte die Fahrscheine weiterhin kostenfrei zur Verfügung stellte (ausführlich  - Rn. 55 bis 58 mwN).

55bb) Die Gesamtzusage verstößt auch nicht gegen das Schriftformgebot in § 13 Abs. 1 Satz 2 Altersteilzeitarbeitsvertrag. Ungeachtet dessen, ob diese Bestimmung wirksam ist, gilt sie nur für Änderungen und Ergänzungen „dieses“ Vertrags. Damit betrifft sie ausschließlich solche Vereinbarungen, die sich auf das Altersteilzeitarbeitsverhältnis beziehen. Die Bestimmung soll lediglich sicherstellen, dass sich gegenteilige Rechte und Pflichten, die die Besonderheiten der Altersteilzeit betreffen, nur nach dem Altersteilzeitarbeitsvertrag und im Übrigen nach dem ATZ-TV bestimmen. Hierfür spricht auch der systematische Zusammenhang zu den sonstigen Bestimmungen des Altersteilzeitarbeitsvertrags. Diese enthalten nur Regelungen, die durch die Besonderheiten der Altersteilzeit bedingt sind.

56d) Die BV 2015 hat die bis zum bestehende, von der Rechtsvorgängerin der Beklagten bestätigte Gesamtzusage abgelöst. Diese Betriebsvereinbarung regelt abschließend, an wen und unter welchen Voraussetzungen die Beklagte unentgeltlich oder vergünstigt Fahrausweise zur Verfügung zu stellen hat. Danach sind die Ehegatten von Beschäftigten und Betriebsrentnern der Beklagten für die Zeit ab Inkrafttreten der BV vom Bezug kostenfreier Tickets ausgeschlossen. Der Kläger hat deshalb keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte seiner Ehefrau die von ihm begehrten Tickets nach den im Antrag zu 1. ausformulierten Maßgaben zur Verfügung stellt. Das ergibt die Auslegung der Betriebsvereinbarung (ausführlich  - Rn. 59 bis 62 mwN).

57e) Der sich aus der Gesamtzusage der Rechtsvorgängerin der Beklagten ergebende Anspruch war betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet. Die Betriebsparteien konnten durch die BV 2015 die vormals zugunsten der Ehefrauen der Arbeitnehmer zugesagten kostenlosen Beförderungsleistungen mit Wirkung vom ersatzlos beseitigen ( - Rn. 63 bis 73 mwN).

58f) Die Ablösung künftiger, vormals auf Grundlage der Gesamtzusage beruhender Ansprüche durch die BV 2015 ist mit höherrangigem Recht vereinbar (ausführlich  - Rn. 74 bis 81 mwN).

59Entgegen der Ansicht des Klägers erfordert das Gebot des Vertrauensschutzes auch keine Übergangsregelungen für rentennahe Jahrgänge durch die BV 2015 (vgl. zum Erfordernis von Übergangsregelungen für rentennahe Arbeitnehmer bei Einführung von Altersgrenzen  - Rn. 19, BAGE 158, 142; siehe auch  - Rn. 105 f., BVerfGE 116, 96). Die besondere Situation rentennaher Jahrgänge kann zwar eine Sonderregelung erfordern, wenn diese von einer Leistungseinschränkung besonders hart und nachhaltiger als andere Arbeitnehmer betroffen werden (vgl.  - Rn. 41 mwN) und die rentennahen Arbeitnehmer etwa ein schutzwürdiges Bedürfnis haben, sich in einer angemessenen Zeit auf die veränderte rechtliche Lage einzustellen und ihre Lebensführung oder -planung gegebenenfalls an diese anzupassen ( - aaO).

60Derartige Umstände liegen hier aber nicht vor. Der Kläger ist von der durch die BV 2015 erfolgten Leistungseinschränkung und dem Ausschluss der Ticketgewährung für seine Ehefrau nicht übermäßig hart und nachhaltiger als andere Arbeitnehmer betroffen. In dem vollständigen Leistungsausschluss des kostenlosen Tickets für Ehepartner liegt noch keine übermäßige Verschlechterung der Rechtslage. Der vollständige Leistungsausschluss betrifft nur das kostenlose Ticket für die Ehepartner. Dem Kläger ist zumutbar, seine Lebensführung hieran anzupassen. Dass er auf ein kostenfreies Ticket für seine Ehefrau aus persönlichen Gründen angewiesen ist, hat er nicht dargetan.

61g) Die BV 2015 verstößt nicht gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit (ausführlich  - Rn. 47), denn die den Ehepartnern der Betriebsrentner zur Verfügung gestellten kostenlosen Tickets sind keine Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (zutreffend  - Rn. 83 ff. mwN).

62aa) Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG handelt es sich um betriebliche Altersversorgung, wenn dem Arbeitnehmer aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung zugesagt sind. Die Zusage muss einem Versorgungszweck dienen und die Leistungspflicht muss nach dem Inhalt der Zusage durch ein im Gesetz genanntes biologisches Ereignis, nämlich Alter, Invalidität oder Tod ausgelöst werden. Erforderlich und ausreichend ist, dass durch die vorgesehene Leistung ein im Betriebsrentengesetz genanntes biometrisches Risiko teilweise übernommen wird. Die Altersversorgung deckt einen Teil der „Langlebigkeitsrisiken“, die Hinterbliebenenversorgung einen Teil der Todesfallrisiken und die Invaliditätssicherung einen Teil der Invaliditätsrisiken ab. Die Risikoübernahme muss in einer Versorgung bestehen. Dabei ist der Begriff der Versorgung weit auszulegen. Versorgung sind alle Leistungen, die den Lebensstandard des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Versorgungsfall verbessern sollen ( - Rn. 23; - 3 AZR 594/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 133, 289).

63bb) Leistungen der betrieblichen Altersversorgung iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG sind nicht nur Geldleistungen. Auch Sach- und Nutzungsleistungen sowie im Ruhestand gewährte Personalrabatte können Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sein. Es spielt keine Rolle, ob derartige Leistungen auch den aktiven Mitarbeitern gewährt werden ( - Rn. 24 mwN). Auch steht dem Charakter einer Leistung als betriebliche Altersversorgung grundsätzlich nicht entgegen, wenn in der für die Gewährung maßgeblichen Regelung neben Leistungen, die ein biometrisches Risiko iSd. Betriebsrentengesetzes abdecken, weitere Ansprüche oder Anwartschaften vorgesehen sind, die die Betroffenen gegen andere Risiken sichern sollen. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Versorgungsregelung Bestimmungen enthält, die einer Rechtsprüfung nach dem Betriebsrentengesetz standhalten ( - Rn. 30, BAGE 133, 289; - 3 AZR 61/06 - Rn. 40).

64cc) In Anwendung dieser Grundsätze ist die kostenfreie Überlassung eines Tickets 1000 mit frei wählbarer Preisstufe für die Ehegatten der Betriebsrentner keine den Arbeitnehmern der Beklagten zugesagte Leistung der betrieblichen Altersversorgung.

65(1) Die Gewährung des kostenlosen Tickets wird zwar durch ein biometrisches Ereignis ausgelöst. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte bis zum den Ehepartnern ihrer früheren Arbeitnehmer das Ticket 1000 zur Verfügung gestellt, wenn die Arbeitnehmer eine von der Beklagten zugesagte Altersrente bezogen. Damit stellt die Leistungsvoraussetzung auf einen Tatbestand ab, der - wie bei den Ehefrauen vorzeitig ausgeschiedener Arbeitnehmer deutlich wird - an den Bezug einer Betriebsrente und damit an das biometrische Risiko Alter oder Invalidität iSd. Betriebsrentengesetzes anknüpft. Dass auch die Ehegatten aktiver Arbeitnehmer Freifahrtickets erhalten, ist entgegen der Ansicht der Beklagten unerheblich. Unschädlich ist auch, dass die Gewährung des Tickets erfordert, dass der Betriebsrentner verheiratet ist und mit seinem Ehegatten einen gemeinsamen Haushalt führt. Der Arbeitgeber, der eine solche geldwerte Leistung unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung stellt, kann ihre Gewährung auch von weiteren Voraussetzungen abhängig machen, um seine Leistungspflichten zu begrenzen. Auch ist die Annahme, es handele sich um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung, entgegen der Auffassung der Beklagten nicht deshalb ausgeschlossen, weil die von ihr gewährten Betriebsrenten im ATV EVAG geregelt sind. Das schließt es nicht von vornherein aus, zusätzliche Leistungen, die den Betriebsrentnern aus Anlass des Versorgungsfalls gewährt werden, als Leistungen der betrieblichen Altersversorgung einzuordnen.

66(2) Die gegenüber den Ehefrauen der Betriebsrentner zu erbringenden Leistungen dienen aber keinem Versorgungszweck der (früheren) Arbeitnehmer der Beklagten. Sie sichern nicht deren Lebensstandard nach ihrem Eintritt in den Ruhestand ab. Dem steht entgegen, dass die Tickets 1000 personenbezogen sind und daher nur von den Ehepartnern, nicht aber von den Versorgungsempfängern genutzt werden können. Der Versorgungsempfänger selbst erhält insoweit keine unmittelbare Leistung zur Absicherung seines Lebensstandards im Ruhestand. Mit dem Ticket, das die unentgeltliche oder vergünstigte Nutzung aller Verkehrsmittel des ÖPNV im VRR durch den Ehepartner ermöglicht, wird, anders als bei einem Strom- bzw. Gasdeputat oder einer Energiebeihilfe (dazu etwa  - Rn. 31 ff., BAGE 133, 289), kein beim Betriebsrentner erwartungsgemäß bestehender Bedarf gedeckt. Er profitiert allenfalls mittelbar.

67h) Es kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen, ob die Betriebsparteien, soweit die BV 2015 nach § 1 Nr. 1.2, § 2 Nr. 2 verschlechternde Regelungen für den Bezug von Tickets durch bereits ausgeschiedene und im Ruhestand befindliche Arbeitnehmer trifft, regelungsbefugt waren. Selbst wenn dies zu verneinen wäre, wäre die BV 2015 nicht insgesamt nichtig, sondern nach § 139 BGB nur teilnichtig (ausführlich  - Rn. 88).

68i) Ebenso kann vorliegend dahinstehen, ob die Betriebsparteien für betriebsangehörige Arbeitnehmer, die sich - wie der Kläger - im Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Betriebsvereinbarung, die eine bisherige Regelung verschlechternd ablöst, bereits in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befanden, regelungsbefugt sind. Da § 2 des Arbeitsvertrags des Klägers dynamisch auf die jeweils bei der Beklagten geltenden betrieblichen Vereinbarungen verweist, ist der Abschluss der BV 2015 auch von der Regelungsmacht der Betriebsparteien in Bezug auf den Kläger gedeckt.

693. Der Hauptantrag zu 1. ist nicht deshalb teilweise begründet, weil sich aus der BV 2017 mit Wirkung vom Ansprüche der Ehefrau des Klägers auf ein verbilligtes Ticket ergeben. Die BV 2017 verstößt gegen den Grundsatz der Normenklarheit und ist deshalb unwirksam (ausführlich  - Rn. 89 bis 95 mwN).

704. Der Hauptantrag zu 1. ist auch unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung nicht begründet. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung kommt nicht in Betracht, wenn der Arbeitgeber zu den zu ihrer Begründung angeführten Verhaltensweisen durch andere Rechtsgrundlagen verpflichtet war oder sich auch nur zur Leistungserbringung verpflichtet glaubte. So liegt es hier. Die EVAG hat den Arbeitnehmern für die Zeit des Arbeitsverhältnisses und nach Rentenbeginn eine dynamisch ausgestaltete Gesamtzusage erteilt, die sich auch auf die Gewährung kostenfreier Tickets für deren Ehegatten bezog. Das spricht ohne Weiteres dafür, dass sie mit der Ausstellung solcher Fahrscheine den Zweck verfolgte, im Wege der Gesamtzusage begründete arbeitsvertragliche Ansprüche zu erfüllen. Soweit die Gesamtzusage bis zu ihrer Bestätigung (§ 141 Abs. 1 BGB) im Jahre 2001 wegen Verstoßes gegen das tarifliche Schriftformerfordernis nichtig war, konnte auch keine betriebliche Übung entstehen. Denn die betriebliche Übung hätte gleichfalls gegen dieses Schriftformerfordernis verstoßen und wäre deshalb nach § 125 BGB nichtig gewesen ( - Rn. 96 mwN).

715. Der als Feststellungsantrag zulässige Hilfsantrag zu 1. ist - soweit über ihn in der Sache zu entscheiden ist - ebenfalls nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, seiner Ehefrau ein Ticket 2000 der Preisstufe A - unter Zuzahlung des Umsatzsteueranteils - ab Eintritt eines Versorgungsfalls, frühestens jedoch ab Rechtskraft des Urteils, lebenslang zu gewähren.

72Der Kläger hat sich insoweit auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt und gemeint, er sei mit den Ruheständlern gleichzubehandeln, denen im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der BV 2015 von der Beklagten ein entsprechendes Vergleichsangebot gemacht worden war. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung (zu Inhalt und Voraussetzungen des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes vgl. etwa  - Rn. 18 ff. mwN) besteht jedoch schon deshalb nicht, weil der Kläger mit den Ruheständlern, die von der Beklagten dieses Angebot erhalten haben, nicht vergleichbar ist. Er war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der BV 2015 noch Arbeitnehmer und gerade nicht Betriebsrentner. Zudem könnte ein Verstoß ohnehin nur zur Folge haben, dass ihm ein entsprechendes Vergleichsangebot unterbreitet werden müsste. Das macht der Kläger jedoch nicht geltend. Er verfolgt vielmehr einen seiner Ansicht nach bestehenden unbedingten Anspruch.

736. Die Klage hat mit dem Antrag zu 2. ebenfalls keinen Erfolg. Der für den Streitzeitraum erhobene Ersatzanspruch besteht nicht (ausführlich  - Rn. 97 bis 99 mwN).

74III. Der Kläger hat nach § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2019:250619.U.3AZR456.17.0

Fundstelle(n):
RAAAH-33919