Online-Nachricht - Donnerstag, 26.09.2019

Erbschaftsteuer | Keine Beschränkung der Erbenhaftung nach § 2059 Abs. 1 BGB für Erbschaftsteuerschulden (BFH)

Die vom Erben als Gesamtrechtsnachfolger aufgrund Erbanfalls nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i. V. m. § 1922 BGB geschuldete Erbschaftsteuer ist eine Nachlassverbindlichkeit. Eine Beschränkung der Erbenhaftung für Erbschaftsteuerverbindlichkeiten ist nach § 2059 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Erblasserin wurde von der Klägerin und deren Bruder zu einem Anteil von jeweils 1/2 beerbt. Zum Nachlass gehörten neben Grundbesitz Geschäftsanteile an einer GmbH, Konten bei mehreren Banken sowie Wertpapiere. Das FA setzte gegen die Klägerin Erbschaftsteuer fest. Die Klägerin beantragte, wegen dieser Erbschaftsteuer die Forderungen aus dem auf den Namen der Erblasserin bei der D-Bank AG geführten Konto zu pfänden. Das FA pfändete die Forderungen der Klägerin aus ihren Geschäftsbeziehungen mit mehreren Banken und ordnete die Einziehung der gepfändeten Forderungen an. Am erließ das FA gegenüber der Klägerin und ihrem Bruder zwei auf § 191 AO, § 20 Abs. 3 ErbStG gestützte Haftungsbescheide, mit denen es beide zur Entrichtung der von der Klägerin noch geschuldeten Erbschaftsteuer zzgl. Säumniszuschläge aus dem Nachlass aufforderte. Daraufhin wurde insgesamt 5.661.305,73 € an das FA gezahlt, woraufhin dieses die streitgegenständlichen Pfändungs und Einziehungsverfügungen aufhob.

Mit ihrer erfolglosen Klage begehrte die Klägerin die Feststellung, dass die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen rechtswidrig gewesen seien, weil das FA vorrangig den Nachlass im Wege der Haftung nach § 20 Abs. 3 ErbStG hätte in Anspruch nehmen müssen. Zwar bejahte das FG die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage wegen Wiederholungsgefahr im Hinblick auf die ausgesetzten Steuerbeträge. Jedoch verneinte es eine Verpflichtung des FA, zunächst von der Möglichkeit einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme nach § 20 Abs. 3 ErbStG Gebrauch zu machen.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Das FG hat zutreffend einen Ermessensfehler des FA bei Erlass der vier Pfändungs- und Einziehungsverfügungen verneint. Insbesondere ergibt sich aus § 20 Abs. 3 ErbStG keine Beschränkung der Vollstreckung auf den Nachlass.

  • § 20 Abs. 3 ErbStG enthält keine Vorgabe an die Finanzbehörde, primär in den ungeteilten Nachlass vollstrecken zu müssen. Der Vorschrift lässt sich keine Reihenfolge der Vollstreckung und auch keine Verpflichtung des FA entnehmen, umfangreiche Ermittlungen zum Bestand des Nachlasses und zum eigenen Vermögen des Erben anzustellen.

  • Die Pfändungs und Einziehungsverfügungen waren als Vollstreckungsmaßnahmen geeignet, weil die Klägerin nach den Erkenntnissen des FA über Forderungen gegen Drittschuldner (Banken) verfügte und die Maßnahme deshalb nicht aussichtslos war. Die Maßnahmen waren auch erforderlich, um die ausstehenden Erbschaftsteuerschulden wenn auch nicht in vollem Umfang zu tilgen.

Anmerkung von Steuerberater Klaus Korn, Mitherausgeber der NWB und of counsel der c•k•s•s Carlé • Korn • Stahl • Strahl Partnerschaftsgesellschaft mbB, Köln::

Die Besonderheit des Streitfalls besteht darin, dass der Nachlass – und damit die Erbschaftsteuer – sehr hoch, für die Klägerin jedoch nicht verfügbar war, weil durch den Erbfall eine Erbengemeinschaft entstand. Die Klägerin hat sich vergeblich gegen die Zwangsvollstreckung in ihr eigenes Vermögen gewehrt, die für sie äußerst belastend war, gleichwohl nur zu einem verhältnismäßig geringen Teil zur Befriedigung der Erbschaftsteuerschuld beitrug. Die Belastung hätte vermieden werden können, wenn das Finanzamt den Nachlass als Haftenden nach § 20 Abs. 3 ErbStG in Anspruch genommen hätte, was durchaus möglich gewesen wäre. Darin, dass das Finanzamt dies unterließ, erblickte der BFH keinen Ermessensverstoß.

Quelle: ; NWB Datenbank (Sc)

Fundstelle(n):
NWB GAAAH-31302