BSG Beschluss v. - B 12 KR 4/19 B

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache

Gesetze: § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG

Instanzenzug: Az: S 15 KR 284/15 Urteilvorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Az: L 1 KR 158/16 Urteil

Gründe

1I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob der Kläger in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der zu 1. beigeladenen GmbH vom bis aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

2Der Kläger war im streitigen Zeitraum Geschäftsführer der zu 1. beigeladenen GmbH, von deren Stammkapital er 1/3 hielt. Im Rahmen eines von ihm initiierten Statusfeststellungsverfahrens stellte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund fest, dass er in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt. Das SG Potsdam hat die Klage abgewiesen (Urteil vom ), das LSG Berlin-Brandenburg hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom ). Der Kläger sei als Beschäftigter anzusehen, weil er nur Minderheitsgesellschafter ohne maßgebende Sperrminorität gewesen sei. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.

3II. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

4Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18 = Juris RdNr 9).

5Der Kläger beruft sich in der Beschwerdebegründung vom auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und macht das Vorliegen eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) geltend.

61. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

9Es gehe um eine besondere Fallkonstellation, zu der die bislang ergangenen Entscheidungen des BSG keine abschließenden Ausführungen enthielten. Gerade der vorliegende Fall werfe die klärungsbedürftige Rechtsfrage auf, inwieweit das Unternehmerrisiko neben der formalen Rechtsmacht noch eine eigenständige Bedeutung bei der Abgrenzung von selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit besitze. Der Kläger habe gleichsam allein das Unternehmerrisiko getragen, während die beiden weiteren Gesellschafter der Beigeladenen zu 1. ihre Existenz aus Tätigkeiten in anderen Unternehmen bestritten und nur eine Minimalvergütung von jeweils 375 Euro pro Monat erhalten hätten. Demgegenüber habe der Kläger eine Vergütung von 120 000 Euro pro Kalenderjahr bezogen und zusätzlich - anders als die weiteren Gesellschafter und Geschäftsführer - eine gewinnabhängige Tantieme erhalten.

10a) Es kann offenbleiben, ob die Beschwerdebegründung die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) nicht erfüllt, weil der Kläger keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht ( - Juris RdNr 11 mwN) formuliert. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann ( B 10 ÜG 3/14 B - Juris RdNr 11 mwN).

11b) Jedenfalls legt der Kläger die Klärungsbedürftigkeit der von ihm formulierten Fragen nicht hinreichend dar. Insbesondere befasst er sich nicht mit der umfangreichen Rechtsprechung des Senats zur Versicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH und unterlässt daher die im Rahmen der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde gebotene Untersuchung der Rechtsprechung dahingehend, ob sich daraus bereits Anhaltspunkte für die Beantwortung ergeben können. Insbesondere unterlässt der Kläger die gebotene Auseinandersetzung mit dem Urteil des Senats vom (B 12 KR 13/17 R - BSGE 125, 183 = SozR 4-2400 § 7 Nr 35). Danach sind Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung nur dann selbstständig tätig, wenn sie mindestens 50 vH der Anteile am Stammkapital halten oder ihnen bei geringerer Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine "echte"/"qualifizierte" Sperrminorität eingeräumt ist. Eine "echte"/"qualifizierte" Sperrminorität setzt danach voraus, dass sie nicht auf bestimmte Angelegenheiten der Gesellschaft begrenzt ist, sondern uneingeschränkt die gesamte Unternehmenstätigkeit umfasst. Mit dieser Entscheidung befasst sich der Kläger nicht. Vielmehr macht er im Wesentlichen Ausführungen zu einem seiner Meinung nach bestehenden Unternehmerrisiko, ohne darzulegen, inwieweit sich sein Verständnis dieses Begriffs mit dem Verständnis des Senats im Zusammenhang mit statusrechtlichen Beurteilungen im Sozialversicherungsrecht deckt (vgl hierzu ua - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 36 mwN).

122. Auch einen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG bezeichnet der Kläger nicht in einer den Zulässigkeitsvoraussetzungen entsprechenden Weise (zu den Anforderungen an die Bezeichnung eines solchen Verfahrensmangels vgl exemplarisch - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4; B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 4 - jeweils mwN; Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX, RdNr 202 ff). Er bezeichnet bereits keine bundesrechtliche Verfahrensnorm, die das Berufungsgericht verletzt haben soll. Überdies wird ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht. Entsprechende Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung aber nicht. Der Kläger trägt hierzu auf Seite 4 der Beschwerdebegründung lediglich vor, das LSG habe zwar zunächst in den grundsätzlichen Ausführungen ausgeführt, dass auch das eigene Unternehmerrisiko bei der Abgrenzung nichtselbstständiger von selbstständiger Arbeit eine Rolle spiele, bei der Anwendung im konkreten Einzelfall dieses Kriterium dann aber außeracht gelassen. Insoweit sei sein Vorbringen, zuletzt im Schriftsatz vom , nicht berücksichtigt worden. Nimmt man zugunsten des Klägers an, er wolle mit seinen Ausführungen eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend machen, legt er aber insbesondere nicht dar, warum sich das vorinstanzliche Gericht unter Berücksichtigung seiner Rechtsauffassung mit dem Vorbringen hätte auseinandersetzen müssen (vgl Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 697 mwN). Gerade hierzu hätte angesichts der bereits genannten Rechtsprechung des Senats zur Statusbeurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH Anlass bestanden.

133. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

144. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2019:190619BB12KR419B0

Fundstelle(n):
JAAAH-30209