BGH Urteil v. - 2 StR 67/19

Konkurrenzrechtliche Beurteilung von verschiedenen Tatbestandshandlungen der Geldfälschung

Gesetze: § 52 StGB, § 53 StGB, § 146 Abs 1 Nr 1 StGB, § 146 Abs 1 Nr 2 StGB, § 149 Abs 1 StGB

Instanzenzug: Az: 2 StR 67/19 Beschlussvorgehend LG Gießen Az: 704 Js 48640/17 - 7 KLsnachgehend Az: 2 StR 67/19 Beschluss

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geldfälschung in Tateinheit mit Betrug sowie wegen Vorbereitung der Fälschung von Geld zu einem Jahr und neun Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Hiergegen wendet sich die zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft. Das Rechtsmittel, mit dem die Verletzung sachlichen Rechts beanstandet wird, hat Erfolg. Der Schuldspruch ist darüber hinaus zu Lasten des Angeklagten rechtsfehlerhaft (§ 301 StPO).

I.

21. Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte in der Absicht, nach und nach Falschgeldscheine herzustellen, um diese für seine auch durch Drogenkonsum gestiegenen Lebenshaltungskosten nutzen zu können, von einer ihm unbekannten Person in M.      für 500 € ein Bastelset, das Utensilien zum Herstellen von verschiedenen Geldwertzeichen im „Wert“ von insgesamt rund 5.000 € enthielt. Der Farbton der darin enthaltenen, noch nicht ausgeschnittenen und nur einseitig bedruckten Papierscheine wirkte nahezu echt, anhand der Qualität des Papieres - einfaches Kopierpapier - war die Unechtheit der Scheine aber taktil erkennbar, der aufzuklebende „Silberstreifen“ aus einfachem Bastelpapier lies die Falschheit auch im Rahmen einer optischen Prüfung erkennen.

3In der Nacht vom 2. auf den wollte der Angeklagte in F.       Betäubungsmittel erwerben und hatte hierfür mittels des Bastelsets zwei falsche Einhundert-Euro-Scheine hergestellt. Bei einer in den frühen Morgenstunden des durchgeführten Verkehrskontrolle wurde das Falschgeld sichergestellt.

4Am bezahlte der Angeklagte an einem Obst- und Gemüsestand erworbene Ware mit einem zuvor aus dem Bastelset erstellten Einhundert-Euro-Schein, der zunächst akzeptiert aber in den Abendstunden des gleichen Tages vom Händler als falsch erkannt und sodann polizeilich sichergestellt wurde.

5Auch in der Nacht auf den wollte der Angeklagte mit einem zuvor aus dem Bastelset hergestellten Einhundert-Euro-Schein Betäubungsmittel erwerben, geriet aber erneut in eine Verkehrskontrolle. In dem von ihm geführten Kraftfahrzeug konnten der bereits hergestellte Einhundert-Euro-Schein sowie das Bastelset sichergestellt werden.

62. Die Strafkammer hat das Verhalten des Angeklagten, soweit er Ein-hundert-Euro-Scheine bereits hergestellt hatte, als eine Tat der Geldfälschung (§ 146 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 StGB) gewertet; eine Gewerbsmäßigkeit im Sinne von § 146 Abs. 2 StGB hat die Strafkammer mit Blick auf die mindere Qualität der Falschgeldscheine verneint. Tateinheitlich hierzu habe sich der Angeklagte des Betruges (§ 263 StGB) zum Nachteil des Obst- und Gemüsehändlers strafbar gemacht. Soweit der Angeklagte Geldscheine noch nicht hergestellt hatte, habe er sich tatmehrheitlich wegen der nach § 149 Abs. 1 StGB strafbaren Vorbereitungshandlung schuldig gemacht.

II.

7Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Die konkurrenzrechtliche Bewertung durch das Landgericht hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

81. Zutreffend geht die Strafkammer davon aus, dass zwischen dem vom Angeklagten am zum Nachteil des Obst- und Gemüsehändlers begangenen Betrug und der vollendeten Geldfälschung Tateinheit vorliegt (, BGHSt 31, 380, 381; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 30. Aufl., § 146 Rn. 29; SSW-StGB/Wittig, 4. Aufl., § 146 Rn. 34 jeweils mwN). Rechtsfehlerhaft ist indes die Annahme, der Angeklagte habe durch das Inverkehrbringen eines zuvor hergestellten Geldscheins „tateinheitlich die Tatbestandsalternative des § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB verwirklicht“. Die Vorbereitungshandlung des Herstellens (§ 146 Abs. 1 Nr. 1 StGB) geht - ebenso wie die des Sichverschaffens, § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB - im Falle eines sich planmäßig anschließenden Inverkehrbringens regelmäßig im Tatbestand des § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB zu einer einzigen Tat auf (st. Rspr.; vgl. nur Rn. 4; vom - 1 StR 264/86, NJW 1986, 2960 mwN). Mit dem Inverkehrbringen beendet der Täter seine Tat. Die Handlungen nach § 146 Abs. 1 Nr. 1 StGB und das sodann erfolgte Inverkehrbringen bilden eine deliktische Einheit und stellen dementsprechend nur ein einziges Geldfälschungsdelikt nach § 146 Abs. 1 StGB dar (Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, aaO, § 146 Rn. 26). Dies gilt auch in Konstellationen, in denen - wie hier hinsichtlich der am 2./ und am begangenen Taten - das Inverkehrbringen im Versuchsstadium steckenbleibt (MünchKomm-StGB/Erb, 3. Aufl., § 146 Rn. 56 mwN).

92. Die konkurrenzrechtliche Bewertung, es liege ungeachtet des mehrfachen Inverkehrbringens nur „ein Fall der Geldfälschung“ vor, wird von den Feststellungen nicht getragen.

10a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für die Frage, in wie vielen rechtlich selbständigen Fällen der Täter bei mehreren Absatzgeschäften jeweils den Tatbestand der Geldfälschung verwirklicht, entscheidend auf die Zahl der diesen zu Grunde liegenden einheitlich zu bewertenden Herstellungs- oder Erwerbsvorgänge an (vgl. , NStZ 2011, 516). Verschafft sich der Täter durch eine einheitliche Handlung Falschgeld, um dieses im Anschluss entweder bei günstiger Gelegenheit oder an bereits feststehende Abnehmer abzusetzen, so liegt auch dann nur eine Tat im Sinne des § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB vor, wenn das Inverkehrbringen in mehreren Einzelakten geschieht (BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 601/08, NJW 2009, 3798; vom - 4 StR 569/98, NStZ-RR 2000, 105). Maßgebend ist insoweit, dass der Täter sich das Geld bereits in der Absicht verschafft hat, dieses später abzusetzen, und er diese Absicht sodann verwirklicht (vgl. Rn. 30). Hat sich der Täter demgegenüber in einem jeweils selbständigen Erwerbsvorgang mehrere Falschgeldmengen verschafft, liegt Tatmehrheit selbst dann vor, wenn Teilmengen daraus an den gleichen Abnehmer geliefert werden sollen (vgl. , NStZ-RR 2016, 276, 277). Dementsprechend kann wiederholtes und daher auch gewerbsmäßiges Handeln vorliegen, wenn der Täter beabsichtigt, sich durch mehrfaches Sichverschaffen von Falschgeld und dessen Inverkehrbringen eine Einnahmequelle zu erschließen (Senat, Beschluss vom - 2 StR 511/10, NJW 2011, 1686 f. mwN). Für das in der entsprechenden Absicht erfolgte wiederholte Herstellen von Falschgeld gilt nichts anderes ().

11b) Hiervon ausgehend hätte es näherer Feststellung zur Herstellung der sichergestellten bzw. in Verkehr gebrachten falschen Einhundert-Euro-Scheine bedurft. Allein der Erwerb des Bastelsets in der Absicht, damit Geldscheine im möglichen Umfang herzustellen und in Verkehr zu bringen, kann die Annahme von Tateinheit nicht begründen.

12aa) Soweit die Strafkammer offenlässt, „wann genau die sichergestellten Scheine tatsächlich gefertigt worden sind“ ist nicht ersichtlich, dass sie - unter Anwendung des Zweifelsatzes - davon ausgeht, der Angeklagte habe die vier nachgemachten Einhundert-Euro-Scheine einheitlich als Gesamtmenge hergestellt. Denn die Urteilsgründe teilen an anderer Stelle die Absicht des Angeklagten mit, die Geldscheine „nach und nach“ herzustellen, sowie dessen Einlassung „die Scheine (...) nach Bedarf“ hergestellt zu haben. Damit bleibt unklar, ob die Strafkammer von einem als einheitlich zu bewertenden Herstellungsvorgang ausgeht.

13bb) Tateinheit liegt nach den getroffenen Feststellungen auch nicht deswegen vor, weil der Angeklagte die sichergestellten Scheine mittels eines Bastelsets hergestellt hat, dass er zuvor erworben hatte und das Utensilien zur Herstellung einer begrenzten Menge Falschgeld enthielt. Die Auffassung der Strafkammer, bei Annahme von Tatmehrheit bestünde ein Wertungswiderspruch zu Fällen, in denen der Täter Falschgeld in einem Akt erwirbt, teilt der Senat nicht.

14(1) Da das Bastelset noch auszuschneidende, nur einseitig bedruckte Papierscheine enthielt, erlangte der Angeklagte mit dem Bastelset noch kein Falschgeld (vgl. , NStZ 1994, 124). Anders als das Erlangen eines Bündels Falschgeld war der Erwerb des Bastelsets lediglich eine Vorbereitungshandlung zu den nachfolgend begangenen Geldfälschungsdelikten. Die Vorbereitungshandlung ist für sich allein nicht geeignet, Tateinheit zu begründen (vgl. Rn. 3).

15Auch die vom Landgericht angenommene Absicht des Angeklagten, „die Möglichkeiten zur Geldfälschung aus dem Bastelset vollständig umzusetzen“, begründet keine Tateinheit. Will ein Täter die Geldscheine in Abhängigkeit von seinem Bedarf „nach und nach“ herstellen, hat er also noch keine irgendwie bestimmten Vorstellungen über den späteren Tatablauf, sondern plant er spätere Geldfälschungshandlungen allenfalls in allgemeinen Umrissen, legt dies einen jeweils neuen Tatentschluss und die Annahme von Tatmehrheit nahe (vgl. Senat, Beschluss vom - 2 StR 400/17, Rn. 20 [zu § 267 StGB]).

16(2) Eine andere Bewertung der Konkurrenzfrage im Sinne des Landgerichts ergibt sich auch nicht daraus, dass das Beschaffen des Bastelsets nach § 149 StGB strafbar ist. Zutreffend führt der Generalbundesanwalt aus, dass die Vorbereitung nach § 149 Abs. 1 StGB als bloßer Vergehenstatbestand nicht geeignet ist, die den Verbrechenstatbestand des § 146 Abs. 1 StGB einzeln erfüllenden Tathandlungen zu einer Tat zu verklammern oder auf andere Weise zu verbinden.

173. Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich die falsche konkurrenzrechtliche Bewertung zugunsten des Angeklagten ausgewirkt hat. Eine zum Schuldspruch abschließende Entscheidung ist dem Senat nicht möglich. Die Sache bedarf daher erneuter Verhandlung und Entscheidung.

III.

18Die nach § 301 StPO gebotene Überprüfung des Urteils deckt auch einen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf. Die Verurteilung wegen eines tatmehrheitlich begangenen Vergehens nach § 149 StGB kann keinen Bestand haben und muss zugunsten des Angeklagten zur Aufhebung des Schuldspruchs insoweit und des Gesamtstrafenausspruchs führen.

191. Das Vergehen nach § 149 Abs. 1 StGB ist gegenüber § 146 Abs. 1 StGB subsidiär (LK-StGB/Ruß, 12. Aufl., § 149 Rn. 7; MünchKomm-StGB/Erb, aaO, § 149 Rn. 15; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, aaO, § 149 Rn. 12; BeckOK-StGB/Weidemann, 42. Ed., § 149 Rn. 17; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 29. Aufl., § 149 Rn. 7; aA NK-StGB/Puppe/Schumann, 5. Aufl., § 149 Rn. 20: Idealkonkurrenz kraft Erfolgseinheit). § 149 Abs. 1 StGB stellt - mit einem gegenüber § 146 Abs. 1 StGB milderen Strafrahmen - Vorbereitungshandlungen zur Fälschung von Geld und Wertzeichen als selbständiges Delikt unter Strafe, um der Gefahr unmittelbar bevorstehender Fälschungen zu begegnen (BT-Drucks. 7/550, S. 228 f.). Wird die Fälschung sodann begangen, also der Angriff auf das geschützte Rechtsgut intensiviert und mit dem Versuch des vorbereiteten Geld- oder Wertzeichenfälschungsdelikts unter Benutzung der in § 149 Abs. 1 StGB genannten Utensilien begonnen, kommt eine Verurteilung wegen der Vorbereitungshandlung nicht mehr in Betracht (vgl. RGSt 48, 161; RGSt 66, 218, Fischer, StGB, 66. Aufl., § 149 Rn. 12). Dabei macht es keinen Unterschied, ob die vom Täter beschafften Gegenstände zur Vorbereitung der Fälschung eine einzige, mehrere oder zahlenmäßig nicht begrenzbare Fälschungen ermöglichen oder der Täter neben den bereits begangenen noch weitere Fälschungen beabsichtigte.

202. Das Entfallen der für das Vorbereitungsdelikt verhängten Einzelstrafe bedingt auch die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs zugunsten des Angeklagten. Jedoch ist der neue Tatrichter nicht gehindert, überschießendes Unrecht aus der Vorbereitungstat, die auf eine größere Menge Falschgeld gerichtet war, jedenfalls bei der Gesamtstrafenbildung zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen.

IV.

21Der neue Tatrichter wird auch Gelegenheit haben, den Qualifikationstatbestand der Gewerbsmäßigkeit (§ 146 Abs. 2 StGB) neu zu beurteilen. Gewerbsmäßigkeit bedeutet, dass der Täter die Absicht verfolgt, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Eine Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus, dass der Täter zur Gewinnerzielung mehrere selbstständige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art verwirklicht hat. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die wiederholte Tatbegehung entsprechend der Vorstellung des Täters tatsächlich geeignet ist, die erhofften Einnahmen zu erzielen. Maßgeblich sind vielmehr die ursprünglichen Planungen sowie das tatsächliche, strafrechtlich relevante Verhalten über den gesamten anzulastenden Tatzeitraum, wobei sich die Wiederholungsabsicht auf dasjenige Delikt beziehen muss, dessen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit qualifiziert ist (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschluss vom - 2 StR 511/10, NStZ 2011, 515, 516; , BGHSt 49, 177; Senat, Beschluss vom - 2 StR 575/95, NJW 1996, 1069).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:030719U2STR67.19.0

Fundstelle(n):
XAAAH-30200