BAG Urteil v. - 3 AZR 333/18

Instanzenzug: Az: 16 Ca 4504/16 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Köln Az: 11 Sa 348/17 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Höhe der Anpassung einer dem Kläger von der Beklagten gewährten Pensionsergänzung.

2Der Kläger war vom bis zum bei der Beklagten - ein in den deutschen G-Konzern eingebundenes Versicherungsunternehmen - tätig. Er bezieht seit dem von der Beklagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den „Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes“ (im Folgenden BVW). Diese lauten auszugsweise:

3Der Kläger erhielt - neben seiner gesetzlichen Rente - bis zum von der Beklagten eine Pensionsergänzung iHv. 5.069,07 Euro brutto sowie eine Rente der Versorgungskasse iHv. 1.035,22 Euro brutto.

4Zum wurden die Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung um 2,09717 vH erhöht.

5Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom mit, dass die Vorstände und Aufsichtsräte der G Versicherungen beschlossen haben, die „Gesamtversorgungsbezüge bzw. Renten unter Anwendung der in § 6 Ziffer 3 der Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes normierten Regelung zum für diesen Stichtag um 0,5 % zu erhöhen“.

6Nach der Entscheidung der Beklagten sollten entweder die Gesamtversorgungsbezüge um 0,5 vH erhöht und sodann die - erhöhte - gesetzliche Rente sowie die Versorgungskassenrente abgezogen werden oder, wenn dies für den Versorgungsempfänger günstiger war, lediglich die Pensionsergänzung um 0,5 vH erhöht werden. Da letztere Variante für den Kläger - wie letztlich für alle nach den BVW versorgungsberechtigten Betriebsrentner - günstiger war, wurde seine Pensionsergänzung um 0,5 vH gesteigert. Demgemäß gewährte die Beklagte dem Kläger ab dem eine Pensionsergänzung iHv. 5.094,42 Euro brutto. Zudem erhielt er weiterhin eine Rente der Versorgungskasse iHv. 1.035,22 Euro brutto.

7Zum stiegen die Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung um 4,2451 vH.

8Der Vorstand der Beklagten beschloss nach Anhörung der Betriebsräte und des Gesamtbetriebsrats am , die Gesamtversorgungsbezüge bzw. Renten zum um 0,5 vH zu erhöhen; sofern eine Anpassung der Pensionsergänzung um 0,5 vH für den Versorgungsempfänger günstiger sein sollte, sollte diese vorgenommen werden. Der Aufsichtsrat der Beklagten fasste am einen entsprechenden Beschluss. Ab dem gewährte die Beklagte dem Kläger eine Pensionsergänzung iHv. 5.119,89 Euro brutto. Von der Versorgungskasse erhielt der Kläger ab dem eine Rente iHv. 1.040,50 Euro brutto.

9Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse ihm ab dem eine höhere Pensionsergänzung zahlen. Nach § 6 Ziff. 1 der Ausführungsbestimmungen (im Folgenden AB) BVW hätten seine Gesamtversorgungsbezüge zum um 2,09717 vH und zum um weitere 4,2451 vH angehoben werden müssen. Abzüglich der gewährten Versorgungskassenrente, der gesetzlichen Rentenleistungen und bereits erfolgten Zahlungen der Beklagten ergebe sich damit ab dem eine monatliche Differenz iHv. 102,67 Euro und ab dem iHv. insgesamt 336,79 Euro. Die Regelung in AB § 6 Ziff. 3 BVW sei mangels Bestimmtheit unwirksam. Jedenfalls seien ihre Voraussetzungen nicht erfüllt.

10Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

11Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Anpassungen zum und zum seien auf der Grundlage von AB § 6 Ziff. 3 BVW erfolgt. Die Regelung sei ausreichend bestimmt. Eine Anpassung nach AB § 6 Ziff. 1 BVW sei aufgrund der veränderten rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht vertretbar.

12Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten - unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung - den monatlichen Differenzbetrag ab iHv. 336,79 Euro auf 336,49 Euro reduziert und den jeweiligen Beginn der Zinsläufe im Antrag zu 2. angepasst. Auf die Anschlussberufung des Klägers hat es die Beklagte auf den Antrag zu 3. verurteilt, Rückstände iHv. insgesamt 4.037,88 Euro zzgl. Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 336,49 Euro brutto seit dem , dem , dem , dem , dem , dem , dem , dem , dem , dem , dem und dem zu zahlen. Die Verurteilung zur Zahlung künftiger Leistungen iHv. 336,49 Euro aufgrund des Antrags zu 1. ab dem hat es jedoch unverändert belassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

13Die zulässige Revision der Beklagten ist teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht im Wesentlichen zurückgewiesen. Allerdings hat es der Anschlussberufung teilweise zu Unrecht stattgegeben und die Beklagte für den Zeitraum vom bis zum sowohl im Tenor zu 1. als auch im Tenor zu 3. zur Zahlung von jeweils 336,49 Euro brutto monatlich verurteilt.

14I. Die Klage ist zulässig. Dies gilt - nach der gebotenen Auslegung (zu den Auslegungsmethoden vgl. etwa  - Rn. 26 mwN, BAGE 154, 337) - auch für den Klageantrag zu 1.

151. Der Kläger erstrebt mit dem Klageantrag zu 1. unter Berücksichtigung seines Klagevorbringens und der wohlverstandenen Interessenlage lediglich den zwischen den Parteien zuletzt noch streitigen monatlichen Differenzbetrag iHv. 336,49 Euro. Davon sind auch die Vorinstanzen zutreffend ausgegangen.

162. Der so verstandene Klageantrag zu 1. ist auf Zahlung wiederkehrender Leistungen iSd. § 258 ZPO gerichtet. Bei wiederkehrenden Leistungen, die - wie Betriebsrentenansprüche - von keiner Gegenleistung abhängen, können gemäß § 258 ZPO grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird (vgl. statt vieler etwa  - Rn. 11 mwN).

17II. Die Klage ist im Wesentlichen begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, die Gesamtversorgungsbezüge des Klägers nach AB § 6 Ziff. 1 und Ziff. 2 BVW entsprechend der Steigerung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung zum um 2,09717 vH und zum um 4,2451 vH zu erhöhen und von dem sich ergebenden Betrag die gesetzliche Rente des Klägers sowie die Leistungen der Versorgungskasse in Abzug zu bringen. Daher schuldet sie dem Kläger ab dem eine um 336,49 Euro brutto monatlich höhere Pensionsergänzung, für die Zeit vom bis zum rückständige Leistungen iHv. 1.232,04 Euro brutto zzgl. gestaffelter Zinsen und für die Zeit vom bis zum iHv. 4.037,88 Euro brutto zzgl. gestaffelter Zinsen. Für die von der Beklagten vorgenommene - gesonderte - Erhöhung der Pensionsergänzung zum iHv. 0,5 vH und zum iHv. 0,5 vH fehlt es an einer rechtlichen Grundlage. AB § 6 Ziff. 3 Satz 1 BVW trägt diese Entscheidung nicht, sodass es bei der in AB § 6 Ziff. 1 BVW vorgesehenen Anpassung entsprechend der Erhöhung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung verbleibt.

181. Der Kläger kann verlangen, dass seine Gesamtversorgungsbezüge gemäß AB § 6 Ziff. 1 und Ziff. 2 BVW zum und zum entsprechend der Steigerung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst werden.

19Die von der Beklagten nach AB § 6 Ziff. 3 BVW in den Jahren 2015 und 2016 getroffenen Anpassungsentscheidungen sind unwirksam. Dabei kann dahinstehen, ob es sich - wovon die Parteien ausgehen - bei den BVW um eine Betriebsvereinbarung oder um eine von der Beklagten einseitig aufgestellte Versorgungsordnung handelt, die den Arbeitnehmern in Form einer Gesamtzusage bekanntgegeben wurde. Zwar hängt es vom Rechtscharakter der BVW ab, welche Auslegungsgrundsätze anzuwenden sind. Beide Auslegungsmethoden führen jedoch zu demselben Ergebnis. Danach berechtigt AB § 6 Ziff. 3 BVW die Beklagte nur dazu, die Gesamtversorgungsbezüge und damit das von den Arbeitnehmern erdiente Gesamtversorgungsniveau gleichmäßig zu verändern, nicht jedoch lediglich eine einzelne im Rahmen der Gesamtversorgung anzurechnende Leistung des Arbeitnehmers anzuheben. Dies hat der Senat in mehreren Urteilen entschieden (statt vieler nur  - Rn. 16 ff.; - 3 AZR 92/18 - Rn. 16 ff.). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen.

202. Damit verbleibt es bei der in AB § 6 Ziff. 1 und Ziff. 2 BVW vorgesehenen Anpassung. Der Kläger hat danach einen Anspruch auf Erhöhung seiner Gesamtversorgungsbezüge entsprechend der Erhöhung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung zum um 2,09717 vH und zum um 4,2451 vH. Die Beklagte schuldet ihm folglich für die Zeit vom bis zum insgesamt 1.232,04 Euro brutto, für die Zeit vom bis zum insgesamt 4.037,88 Euro jeweils zzgl. Zinsen nach näherer Maßgabe im Tenor und ab dem monatlich eine um 336,49 Euro brutto höhere Pensionsergänzung. Die Erhöhung der Gesamtversorgung zum ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

21III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2019:230719.U.3AZR333.18.0

Fundstelle(n):
QAAAH-28699