BAG Urteil v. - 3 AZR 306/18

Instanzenzug: Az: 11 Ca 3170/16 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Az: 3 Sa 196/17 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Höhe der Anpassung einer dem Kläger von der Beklagten gewährten Pensionsergänzung.

2Der Kläger war von 1977 bis zum bei der Beklagten - ein in den deutschen G-Konzern eingebundenes Lebensversicherungsunternehmen - tätig. Er bezieht seit dem von der Beklagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den „Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes“ (im Folgenden BVW). Diese lauten auszugsweise:

3Der Kläger erhielt - neben seiner gesetzlichen Rente - bis zum von der Beklagten eine Pensionsergänzung iHv. 648,42 Euro brutto sowie eine Rente der Versorgungskasse iHv. 305,42 Euro brutto.

4Zum wurden die Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung um 2,09717 vH erhöht.

5Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom mit, dass die Vorstände und Aufsichtsräte der G Versicherungen beschlossen haben, die „Gesamtversorgungsbezüge bzw. Renten unter Anwendung der in § 6 Ziffer 3 der Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes normierten Regelung zum für diesen Stichtag um 0,5 % zu erhöhen“.

6Nach der Entscheidung der Beklagten sollten entweder die Gesamtversorgungsbezüge um 0,5 vH erhöht und sodann die - erhöhte - gesetzliche Rente sowie die Versorgungskassenrente abgezogen werden oder, wenn dies für den Versorgungsempfänger günstiger war, lediglich die Pensionsergänzung um 0,5 vH erhöht werden. Da letztere Variante für den Kläger - wie letztlich für alle nach den BVW versorgungsberechtigten Betriebsrentner - günstiger war, wurde seine Pensionsergänzung um 0,5 vH gesteigert. Demgemäß gewährte die Beklagte dem Kläger ab dem eine Pensionsergänzung iHv. 651,66 Euro brutto. Zudem erhielt er weiterhin eine Rente der Versorgungskasse iHv. 305,42 Euro brutto.

7Zum stiegen die Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung um 4,2451 vH.

8Der Vorstand der Beklagten beschloss nach Anhörung der Betriebsräte und des Gesamtbetriebsrats am , die Gesamtversorgungsbezüge bzw. Renten zum um 0,5 vH zu erhöhen; sofern eine Anpassung der Pensionsergänzung um 0,5 vH für den Versorgungsempfänger günstiger sein sollte, sollte diese vorgenommen werden. Der Aufsichtsrat der Beklagten fasste am einen entsprechenden Beschluss. Ab dem gewährte die Beklagte dem Kläger eine Pensionsergänzung iHv. 654,92 Euro brutto. Von der Versorgungskasse erhielt der Kläger ab dem eine Rente iHv. 306,98 Euro brutto.

9Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse ihm ab dem eine höhere Pensionsergänzung zahlen. Nach § 6 Ziff. 1 der Ausführungsbestimmungen (im Folgenden AB) BVW hätten seine Gesamtversorgungsbezüge zum um 2,09717 vH und zum um weitere 4,2451 vH angehoben werden müssen. Abzüglich der gewährten Versorgungskassenrente, der gesetzlichen Rentenleistungen und bereits erfolgten Zahlungen der Beklagten ergebe sich damit ab dem eine monatliche Differenz iHv. 16,76 Euro und ab dem iHv. insgesamt 89,33 Euro. Die Regelung in AB § 6 Ziff. 3 BVW sei mangels Bestimmtheit unwirksam. Jedenfalls seien ihre Voraussetzungen nicht erfüllt.

10Der Kläger hat zuletzt beantragt,

11Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Anpassungen zum und zum seien auf der Grundlage von AB § 6 Ziff. 3 BVW erfolgt. Die Regelung sei ausreichend bestimmt. Eine Anpassung nach AB § 6 Ziff. 1 BVW sei aufgrund der veränderten rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht vertretbar.

12Das Arbeitsgericht hat der Klage in der Hauptsache stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es „wegen eines offenkundigen Schreib- und Rechenfehlers statt 89,33 Euro 53,33 Euro heißen muss“. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

13Die zulässige Revision der Beklagten ist teilweise begründet. Die zulässige Klage ist ab Juli 2016 lediglich in Höhe einer monatlichen Differenz von 53,28 Euro brutto begründet.

14I. Die Klage ist zulässig. Dies gilt - nach der gebotenen Auslegung (zu den Auslegungsmethoden vgl. etwa  - Rn. 26 mwN, BAGE 154, 337) - auch für den Klageantrag zu 1.

151. Der Kläger erstrebt mit dem Klageantrag zu 1. unter Berücksichtigung seines Klagevorbringens und der wohlverstandenen Interessenlage lediglich den zwischen den Parteien streitigen monatlichen Differenzbetrag iHv. 89,33 Euro. Davon sind auch die Vorinstanzen zutreffend ausgegangen.

162. Der so verstandene Klageantrag zu 1. ist auf Zahlung wiederkehrender Leistungen iSd. § 258 ZPO gerichtet. Bei wiederkehrenden Leistungen, die - wie Betriebsrentenansprüche - von keiner Gegenleistung abhängen, können gemäß § 258 ZPO grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird (vgl. statt vieler etwa  - Rn. 11 mwN).

17II. Die Klage ist ab Juli 2016 in Höhe einer monatlichen Differenz von 53,28 Euro brutto begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, die Gesamtversorgungsbezüge des Klägers nach AB § 6 Ziff. 1 und Ziff. 2 BVW entsprechend der Steigerung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung zum um 2,09717 vH und zum um 4,2451 vH zu erhöhen und von dem sich ergebenden Betrag die gesetzliche Rente des Klägers sowie die Leistungen der Versorgungskasse in Abzug zu bringen. Daher schuldet sie dem Kläger ab dem eine um 53,28 Euro brutto monatlich höhere Pensionsergänzung, für die Zeit vom bis zum insgesamt 159,84 Euro brutto zzgl. Zinsen und für die Zeit vom bis zum insgesamt 201,12 Euro brutto zzgl. Zinsen. Für die von der Beklagten vorgenommene - gesonderte - Erhöhung der Pensionsergänzung zum iHv. 0,5 vH und zum iHv. 0,5 vH fehlt es an einer rechtlichen Grundlage. AB § 6 Ziff. 3 Satz 1 BVW trägt diese Entscheidung nicht, sodass es bei der in AB § 6 Ziff. 1 BVW vorgesehenen Anpassung entsprechend der Erhöhung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung verbleibt.

181. Der Kläger kann verlangen, dass seine Gesamtversorgungsbezüge gemäß AB § 6 Ziff. 1 und Ziff. 2 BVW zum und zum entsprechend der Steigerung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst werden.

19Die von der Beklagten nach AB § 6 Ziff. 3 BVW in den Jahren 2015 und 2016 getroffenen Anpassungsentscheidungen sind unwirksam. Dabei kann dahinstehen, ob es sich - wovon die Parteien ausgehen - bei den BVW um eine Betriebsvereinbarung oder um eine von der Beklagten einseitig aufgestellte Versorgungsordnung handelt, die den Arbeitnehmern in Form einer Gesamtzusage bekanntgegeben wurde. Zwar hängt es vom Rechtscharakter der BVW ab, welche Auslegungsgrundsätze anzuwenden sind. Beide Auslegungsmethoden führen jedoch zu demselben Ergebnis. Danach berechtigt AB § 6 Ziff. 3 BVW die Beklagte nur dazu, die Gesamtversorgungsbezüge und damit das von den Arbeitnehmern erdiente Gesamtversorgungsniveau gleichmäßig zu verändern, nicht jedoch lediglich eine einzelne im Rahmen der Gesamtversorgung anzurechnende Leistung des Arbeitnehmers anzuheben. Dies hat der Senat in mehreren Urteilen entschieden (statt vieler nur  - Rn. 16 ff.; - 3 AZR 92/18 - Rn. 16 ff.). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen.

202. Damit verbleibt es bei der in AB § 6 Ziff. 1 und Ziff. 2 BVW vorgesehenen Anpassung. Der Kläger hat danach einen Anspruch auf Erhöhung seiner Gesamtversorgungsbezüge entsprechend der Erhöhung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung zum um 2,09717 vH und zum um 4,2451 vH. Die Beklagte schuldet ihm folglich für die Zeit vom bis zum insgesamt 201,12 Euro brutto (16,76 Euro/Monat x 12 Monate), für die Zeit vom bis zum 159,84 Euro brutto (53,28 Euro/Monat x 3 Monate) und ab dem monatlich eine um 53,28 Euro brutto höhere Pensionsergänzung. Aufgrund eines dem Kläger bereits in der Klageschrift unterlaufenen und vom Arbeitsgericht übernommenen Berechnungsfehlers (monatliche Differenz ab iHv. 89,33 Euro brutto statt 53,28 Euro brutto) ergibt sich ab Juli 2016 lediglich ein monatlicher Differenzbetrag iHv. 53,28 Euro brutto und nicht iHv. 89,33 Euro - wie vom Kläger und dem Arbeitsgericht angenommen - bzw. iHv. 53,33 Euro - wie vom Landesarbeitsgericht errechnet -, sondern lediglich iHv. 53,28 Euro brutto.

21III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2019:230719.U.3AZR306.18.0

Fundstelle(n):
MAAAH-28696