Online-Nachricht - Freitag, 16.08.2019

Umsatzsteuer | Fahrschulunterricht ist nicht umsatzsteuerfrei (BFH)

Fahrunterricht in einer Fahrschule ist ein spezialisierter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt. Er fällt deshalb nicht unter den Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Klägerin, eine GmbH, betrieb eine Fahrschule. Sie wies in den von ihr ausgestellten Rechnungen keine Umsatzsteuer gesondert aus, weil sie der Auffassung war, ihre Leistungen seien umsatzsteuerfrei. Dem folgten weder das Finanzamt noch das Finanzgericht.

Der BFH wies die Revision der Fahrschule zurück. Im Revisionsverfahren hatte der BFH ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Auslegung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gerichtet. Dieses hatte der EuGH mit seinem Urteil A & G Fahrschul-Akademie v. - C 449/17 (EU:C:2019:202) beantwortet (lesen Sie hierzu unsere Online-Nachricht v. 14.3.2019 sowie Trinks/Trinks, ).

Nach dem nun ergangenen Urteil des BFH ist der von der Fahrschule geleistete Fahrunterricht nicht nach innerstaatlichem Recht steuerfrei:

  • Mangels der hierfür erforderlichen Bescheinigung handelt es sich nicht um eine dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistung, die i.S. von § 4 Nr. 21 UStG steuerfrei ist.

  • Die Fahrschule kann sich auch nicht unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL mit dem danach von der Umsatzsteuer zu befreienden "Schul- und Hochschulunterricht" berufen.

  • Denn der Fahrunterricht in einer Fahrschule ist nach dem im Streitfall ergangenen EuGH-Urteil ein spezialisierter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt und der deshalb nicht unter den Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL fällt (EuGH-Urteil A & G Fahrschul-Akademie, EU:C:2019:202, Rz 29, 30).

Anmerkung von Steuerberater Klaus Korn, Mitherausgeber der NWB und of counsel der c•k•s•s Carlé • Korn • Stahl • Strahl Partnerschaftsgesellschaft mbB, Köln:

Das Anschlussurteil zu der Entscheidung des (A & G Fahrschul-Akademie) hat der BFH nur mit wenigen Zeilen begründet, indem er auf das Verständnis des EuGH zum Begriff Schul- und Hochschulunterricht verweist.

Es wird allgemein angenommen, dass das Urteil des EuGH zu einer deutlichen Einschränkung der Steuerbefreiung für Unterrichtsleistungen gegenüber dem bisherigen Verständnis kommt. Abgesehen davon sieht eine vorgesehene Neufassung des § 4 Nr. 21 UStG durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften mit Wirkung ab vor, die Steuerbefreiung an Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL anzupassen. Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung für die Vergangenheit reagiert und - soweit Verböserungen drohen - vertrauensschützende Übergangsregelungen erlässt.

Für den Fahrschulunterricht sind diese indes nicht erforderlich, denn die Finanzverwaltung hat die Steuerbefreiung für Unterricht zur Erlangung der Fahrerlaubnis der Klassen B und C1 nie anerkannt. Bemerkenswert ist der Hinweis in der Urteilsbegründung, der Senat habe die Steuerbefreiung für Schwimmunterricht befürwortet, weil es sich beim Schwimmen um das Erlernen einer elementaren Grundfähigkeit handelt.

Quelle: BFH, Pressemitteilung v. zum sowie NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB XAAAH-28221