Online-Nachricht - Donnerstag, 01.08.2019

Einkommensteuer | Eingeschränkte Abfärbewirkung bei Beteiligungseinkünften einer Personengesellschaft (BFH)

Einkünfte einer Personengesellschaft aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen werden aufgrund zusätzlicher gewerblicher Beteiligungseinkünfte bei der Einkommensteuer in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert, unterliegen aber nicht der Gewerbesteuer. Dies hat der , veröffentlicht am , entschieden. Danach ist § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG verfassungskonform dahin auszulegen, dass ein gewerbliches Unternehmen i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG nicht als der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb gilt.

Hintergrund: Einkommensteuerrechtlich gelten die Einkünfte einer Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in zwei Fällen insgesamt als gewerblich. Diese sog. Abfärbewirkung greift ein, wenn zu den Einkünften einer Personengesellschaft auch Einkünfte aus originär gewerblicher Tätigkeit (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 EStG) oder aus der Beteiligung an einer anderen gewerblichen Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG) gehören.

Sachverhalt: Im Streitfall erzielte eine KG hauptsächlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen. Daneben wurden ihr in geringem Umfang (negative) gewerbliche Einkünfte aus Beteiligungen an anderen Personengesellschaften zugerechnet. Für Gesellschaften, die neben nicht gewerblichen Einkünften auch solche aus einer originär gewerblichen Tätigkeit (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 EStG) erzielen, hatte der BFH bereits entschieden, dass geringfügige gewerbliche Einkünfte nicht zur Abfärbung führen. Auf eine solche Geringfügigkeitsgrenze berief sich im Streitfall auch die KG in Bezug auf ihre gewerblichen Beteiligungseinkünfte. Sie machte geltend, dass eine Abfärbung der gewerblichen Beteiligungseinkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG angesichts deren Geringfügigkeit unverhältnismäßig sei. Dem folgte der BFH nicht.

Hierzu führten die Richter des BFH u.a. aus:

  • Einkommensteuerrechtlich führen gewerbliche Beteiligungseinkünfte unabhängig von ihrem Umfang immer zur Umqualifizierung nicht gewerblicher Einkünfte. Es handelt sich insoweit um eine grundsätzlich zulässige Typisierung, mit der Einkünfte einer Einkunftsart insgesamt einer anderen Einkunftsart zugeordnet werden. Nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls kann diese Umqualifizierung für den Steuerpflichtigen auch zu steuerrechtlichen Vorteilen wie etwa bei einer Verlustberücksichtigung oder einer Rücklagenbildung führen.

  • Im Hinblick auf die Gewerbesteuer ist die Abfärbewirkung aufgrund gewerblicher Beteiligungseinkünfte (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG) - anders als die Abfärbewirkung bei originär gewerblicher Tätigkeit (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 EStG) - aber nur dann verfassungsgemäß, wenn die infolge der Abfärbung gewerblichen Einkünfte nicht gewerbesteuerbar sind. Nur so wird eine verfassungswidrige Schlechterstellung von Personengesellschaften gegenüber Einzelunternehmern vermieden.

  • Die Abfärbewirkung aufgrund originär gewerblicher Tätigkeit verhindert, dass infolge unzureichender Abgrenzungsmöglichkeiten zwischen verschiedenen Tätigkeiten einer Gesellschaft gewerbliche Einkünfte der Gewerbesteuer entzogen werden. Diese Gefahr besteht bei gewerblichen Beteiligungseinkünften nicht, so dass es insoweit keiner Abfärbewirkung bedarf. Zudem sind die gewerblichen Beteiligungseinkünfte, die bei der Obergesellschaft (im Streitfall: KG) einkommensteuerrechtlich zur Gewerblichkeit der weiteren Einkünfte führen, bei ihr im Hinblick auf die gewerbesteuerrechtliche Kürzung ohnehin nicht mit Gewerbesteuer belastet.

Anmerkung von Steuerberater Klaus Korn, Mitherausgeber der NWB und of counsel der c•k•s•s Carlé • Korn • Stahl • Strahl Partnerschaftsgesellschaft mbB, Köln:

Mit dem Urteil hat der BFH über eine umstrittene Grundsatzfrage in durchaus überraschender Weise entschieden. Es gibt durchaus beachtliche Argumente dafür, wie bei der Abfärbewirkung durch gewerbliche Einnahmen, erst recht die gewerbliche Infektion einer nicht gewerblich tätigen Personengesellschaft durch Beteiligung an einer gewerblichen Mitunternehmerschaft von der Überschreitung einer Bagatellgrenze abhängig zu machen. Denn fast sämtliche Argumente, mit denen die Abfärberegelung gerechtfertigt wird, greifen nicht, so dass sie in Bagatellfällen unverhältnismäßig ist. Der BFH hat dieser Unverhältnismäßigkeit jedoch (nur) dadurch Rechnung getragen, dass er § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG verfassungskonform auslegt und die Abfärbewirkung von Beteiligungen an gewerblichen Mitunternehmerschaften für die Gewerbesteuer ausschließt. Für den Streitfall ist die einkommensteuerliche Infektion der Klägerin (einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft) besonders unglücklich, weil sie durch die Einbringung von zwei Minibeteiligungen an Flugzeugleasingfonds entstanden ist, die ihre jeweiligen Flugzeuge bereits in Vorjahren verkauft hatten, sich im Streitjahr in der Abwicklungsphase befanden und überdies steuerliche Verluste erzielten. Der BFH hat zur Rechtfertigung seiner Entscheidung auf die Gestaltungsmöglichkeiten hingewiesen, die darin bestehen, einerseits durch gezielte geringfügige Beteiligung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft an einer Mitunternehmerschaft (etwa einem geschlossenen Fonds) „steuersicher“ bewusst eine gewerbliche Mitunternehmerschaft zu erzeugen. Andererseits ist die Infektionswirkung leicht durch eine Parallel-Personengesellschaft vermeidbar, die die „schädlichen“ Mitunternehmeranteile hält, so dass die Betroffenen es in der Hand haben, die Abfärbewirkung zu vermeiden.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 46/2019 v. 1.8.2019; NWB Datenbank (Sc)

Fundstelle(n):
NWB DAAAH-24065