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FG Baden-Württemberg Urteil v. - 1 K 1519/18

Gesetze: AO § 258, AO § 131, AO § 120 Abs. 2 Nr. 2, AO § 5, InsO § 307 ff., InsO § 308 Abs. 1 S. 2, ZPO § 794 Abs. 1, FGO § 33 Abs. 1 Nr. 1, FGO § 41 Abs. 2 S. 1

Finanzrechtsweg bei Widerruf eines vom Finanzamt im Rahmen eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplans zunächst gewährten Vollstreckungsaufschubs

Entfallen des Vollstreckungsaufschubs durch Eintritt von im Schuldenbereinigungsplan vereinbarten auflösenden Bedingungen (hier: unvollständige Abführung einer Erbschaft des Schuldners)

Gestaltungsklage als zulässige Klage gegen Widerruf des Vollstreckungsaufschubs

Leitsatz

1. Die Rechtgrundlage eines der Gestaltungsfreiheit des Gläubigers und des Schuldners unterliegenden außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplans ist in §§ 307 ff. InsO zu suchen, auch wenn das gerichtliche Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet ist. Auch wenn der außergerichtliche Schuldenbereinigungsplan die materiell-rechtliche Wirkung eines Vergleichs i. S. v. § 794 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 308 Abs. 1 Satz 2 InsO hat, kann er einen Vollstreckungsaufschub enthalten, dessen Voraussetzungen und Bestand im Finanzrechtsweg nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO überprüft werden können (im Streitfall: Auslegung einer im Rahmen des Schuldenbereinigungsplans zwischen Finanzamt und Steuerpflichtigem getroffenen Vereinbarung nicht als Stundung, sondern als Vollstreckungsaufschub i. S. des § 258 AO bis zum Erlass der anschließend noch bestehenden Restschulden; Rechtsprechungsnachweise zur „Unbilligkeit” i.S. des § 258 AO).

2. Auch ein nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung verbundener Widerruf eines im Rahmen eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplans vom Finanzamt gewährten Vollstreckungsaufschubs stellt als actus contrarius zum (hoheitlich gewährten) Vollstreckungsaufschub einen Steuerverwaltungsakt dar, gegen den finanzgerichtlich zulässigerweise nicht mit einer Feststellungsklage, sondern mit einer Gestaltungsklage vorgegangen werden kann.

3. Hat sich der Steuerpflichtige in dem auf mehrere Jahre angelegten außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan gegenüber dem Finanzamt neben monatlichen Raten unter anderem zur Auskehrung eines bestimmten Prozentsatzes aller ihm in diesem Zeitraum zufallenden Erbschaften und Pflichtteilsansprüche verpflichtet, so ist davon auszugehen, dass das Finanzamt den vereinbarten Vollstreckungsaufschub nur unter der (auflösenden) Bedingung der Nichteinhaltung der Verpflichtungen des Steuerpflichtigen aus der Schuldenbereinigungsvereinbarung i. S. v. § 120 Abs. 2 Nr. 2 AO gewährt hat. Hat der Steuerpflichtige dem Finanzamt gleichwohl eine ihm im maßgeblichen Zeitraum zufallende Erbschaft nicht mitgeteilt (und die daraus gegenüber dem Finanzamt aus dem Schuldenbereinigungsplan resultierende Zahlungsverpflichtung bestritten und bis heute nicht vollständig erfüllt), so ist zum Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung die begünstigende Wirkung des Vollstreckungsaufschubs mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc) entfallen; eines Widerrufs des Vollstreckungsaufschubs bedarf es vor diesem Hintergrund nicht mehr.

4. Wird der Vollstreckungsaufschub gleichwohl vom Finanzamt aufgehoben, handelt es sich bei dem Aufhebungsbescheid um einen selbständigen Verwaltungsakt, in dessen Rahmen keine erneute Ermessensentscheidung zu treffen ist, so dass die Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides nur vom Eintritt der auflösenden Bedingung abhängt.

Fundstelle(n):
JAAAH-23694

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FG Baden-Württemberg, Urteil v. 28.03.2019 - 1 K 1519/18

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