„Irrige Beurteilung” im Sinne von § 174 Abs. 4 AO betreffend die zeitliche Zuordnung eines Veräußerungsgewinns
inländischer Wohnsitz
Zuordnung landwirtschaftlicher Grundstücke zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen des Eigentümers
Erklärung der Betriebsaufgabe
Leitsatz
1. Eine irrige Beurteilung im Sinne von § 174 Abs. 4 AO liegt vor, wenn das Finanzamt nicht berücksichtigt, dass ein Veräußerungsgewinn
gemäß § 4a EStG zwei Veranlagungszeiträumen jeweils hälftig zuzuordnen ist und deshalb den Gewinn zu Unrecht in vollem Umfang
im ersten Veranlagungszeitraum ansetzt.
2. Ein Steuerpflichtiger kann mehrere Wohnsitze haben; der Wohnsitz im Inland muss nicht den Mittelpunkt der Lebensinteressen
darstellen.
3. Die Existenz eines landwirtschaftlichen Anwesens mit Wirtschaftsgebäuden und das Eigentum an umfangreichen fruchtbaren
landwirtschaftlichen Flächen sowie die von mehreren Vorfahren des Steuerpflichtigen absolvierte qualifizierte landwirtschaftliche
Ausbildung (Studium der Landwirtschaft) sind Beweisanzeichen dafür, dass die Familie ihre landwirtschaftlichen Güter seit
Generationen selbst verwaltet und bewirtschaftet hat und die landwirtschaftlich genutzten Flächen entsprechend zu einem land-
und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörten.
4. Das Bestehen eines landwirtschaftlichen Betriebs und die Zurechnung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft setzen
nicht voraus, dass der Betriebsinhaber selbst aktiv in der Landwirtschaft tätig wird. Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
sind demjenigen zuzurechnen, auf dessen Rechnung und Gefahr der Betrieb geführt wird.
5. Landwirtschaftliche Grundstücke bleiben in der Hand der Rechtsnachfolger Betriebsvermögen, wenn ursprünglich ein landwirtschaftlicher
Betrieb bestanden hat und die Grundstücke später nicht entnommen wurden oder der Betrieb aufgegeben wurde.
6. Die Mitteilung, dass keine Eigenbewirtschaftung der landwirtschaftlichen Grundstücke, sondern nur noch Verpachtung erfolgt,
kann nicht als „eindeutige und unmissverständliche Betriebsaufgabeerklärung” ausgelegt werden, wenn kein Aufgabegewinn ermittelt
und dem FA mitgeteilt wird.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): DStRE 2019 S. 1418 Nr. 22 EFG 2019 S. 1255 Nr. 15 DAAAH-22727
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Online-Dokument
FG Baden-Württemberg, Urteil v. 09.02.2018 - 13 K 89/17
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