Online-Nachricht - Donnerstag, 11.07.2019

Einkommensteuer | Tarifbegünstigung eines Aufgabegewinns bei Realteilung (BFH)

Die tarifbegünstigte Besteuerung eines durch eine echte Realteilung einer Sozietät ausgelösten Aufgabegewinns gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG setzt voraus, dass der Steuerpflichtige die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen seiner bisherigen freiberuflichen Tätigkeit aufgibt. Hieran fehlt es, wenn er den ihm im Rahmen der Realteilung zugewiesenen Mandantenstamm dergestalt verwertet, dass dieser geplant auf eine GbR, an der der Steuerpflichtige beteiligt ist, übergeht und er in einem zweiten Schritt gegen Abfindung aus dieser GbR ausscheidet (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Der Kläger war Gesellschafter einer Rechtsanwaltssozietät mit mehreren Standorten. Die Sozietät wurde im Jahr 2001 durch Realteilung aufgelöst, was zu einer Betriebsaufgabe führte. Ihr Vermögen wurde auf Nachfolgegesellschaften, die die Partner der einzelnen Standorte gegründet hatten, übertragen.

Auch der Kläger wurde zunächst Gesellschafter einer solchen Nachfolgegesellschaft, schied jedoch unmittelbar nach deren Gründung gegen Zahlung einer Abfindung aus dieser Gesellschaft aus. Er war der Meinung, der im Zusammenhang mit der Auflösung der Sozietät entstandene anteilige Aufgabegewinn sei tarifbegünstigt zu besteuern, da er wirtschaftlich betrachtet aus der Sozietät ausgeschieden sei. Daneben habe er auf Ebene der Nachfolgegesellschaft einen Veräußerungsverlust erlitten.

Der BFH gewährte dem Kläger die streitige Tarifbegünstigung gem. §§ 18 Abs. 3, 16 Abs. 4, 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG für den anteiligen Aufgabegewinn aus der Sozietät nicht:

  • Die Tarifbegünstigung setzt im Fall einer Betriebsaufgabe durch Realteilung voraus, dass die anteiligen vermögensmäßigen Grundlagen der freiberuflichen Tätigkeit des Realteilers in der Sozietät aufgegeben werden.

  • Hieran fehlt es, wenn der Kläger die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen seiner beruflichen Tätigkeit in der Sozietät in Gestalt des anteiligen Mandantenstamms erst mit seinem Ausscheiden aus der Nachfolgegesellschaft endgültig aus der Hand gibt.

  • Dass der Realteiler im Ergebnis die freiberufliche Tätigkeit im bisherigen örtlichen Wirkungskreis zeitnah einstellt, genügt in diesem Fall nicht für die Gewährung der Tarifbegünstigung (Fortentwicklung des , BStBl II 2019, 64).

Anmerkung von Steuerberater Klaus Korn, Mitherausgeber der NWB und of counsel der c•k•s•s Carlé • Korn • Stahl • Strahl Partnerschaftsgesellschaft mbB, Köln:

Die Auflösung der an mehreren Standorten tätigen Rechtsanwaltssozietät erfolgte dergestalt, dass sich die an den einzelnen Standorten tätigen Partner jeweils zu Personengesellschaften zusammenschlossen, welche die Tätigkeiten an den Standorten fortsetzten. Die angestrebte Buchwertfortführung hat das Finanzamt abgelehnt und sich über die Höhe der durch Betriebsaufgabe realisierten stillen Reserven mit den Betroffenen verständigt. Streitpunkt blieb, ob die Tarifermäßigung nach §§ 16, 18, 34 EStG zum Zuge kam.

Der BFH hat sie abgelehnt, obwohl der Kläger als einer der Partner selbst nicht mehr berufstätig war und die stillen Reserven vollständig besteuert wurden. Begründet hat der Senat dies damit, die wesentlichen Grundlagen (bezogen auf seinen Anteil an der Sozietät) seien nicht unmittelbar veräußert oder aufgegeben, sondern in die neue Regional-GbR eingebracht worden. Die Veräußerung bzw. Aufgabe der wesentlichen Grundlagen sei aber für die Tarifermäßigung neben der Einstellung der Tätigkeit erforderlich. Aus der neuen Regional-GbR schied der Kläger allerdings bereits nach 30 Minuten um 0:30 Uhr - wie geplant - unter Abfindung zum Verkehrswert aus.

Eine Gesamtschau der geplanten Maßnahmen hat der BFH abgelehnt, was für die Steuergestaltung allgemein zu begrüßen, im Streitfall jedoch höchst unbefriedigend ist. Der Fall zeigt einmal mehr die zahlreichen Tücken der Realteilung.

Quelle: BFH, Pressemitteilung v. zum Urteil v. - VIII R 24/15; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB IAAAH-22614