BGH Beschluss v. - IX ZA 8/18

Prozesskostenhilfe: Darlegung der Vermögenslosigkeit durch eine Partei kraft Amtes

Gesetze: § 114 Abs 1 S 1 ZPO, § 116 S 1 Nr 1 ZPO, § 208 Abs 1 InsO

Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 11 U 96/15vorgehend LG Hanau Az: 9 O 1421/11

Gründe

I.

1Die Antragstellerin ist Verwalterin in dem Anschlusskonkursverfahren über das Vermögen der D.                    GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Sie hat den Beklagten, der Erbe des verstorbenen früheren Konkursverwalters    K.     ist, unter anderem wegen pflichtwidriger Handlungen in dem Verfahren aus § 82 KO auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 406.758,98 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Ihre Klage ist insoweit wegen Verjährung der Ansprüche, zu deren Prüfung sie als Sonderkonkursverwalterin bestellt war, abgewiesen worden. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsurteil ist der Klägerin zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten am zugestellt worden.

2Am Freitag, den hat die Klägerin Prozesskostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde beantragt. Dem per Telefax eingegangenen Antrag ihrer zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten waren als Anlagen zwei Fotokopien das Staatsanzeigers für das Land Hessen vom und beigefügt, aus denen sich ergibt, dass die Klägerin in dem Verfahren jeweils am und am Masseunzulänglichkeit angezeigt hat. Eine Gläubigertabelle mit Prüfergebnissen, anhand derer zu beurteilen gewesen wäre, ob den wirtschaftlich beteiligten Gläubigern möglicherweise Vorschussleistungen zumutbar waren, war dem Antrag nicht beigefügt. Insoweit enthielt der Antrag, in dem das Prozesskostenhilfegesuch näher begründet wurde, auch sonst keine Ausführungen zu den wirtschaftlich beteiligten Gläubigern und zu der Frage, warum es nach Ansicht der Antragstellerin keinem Konkursgläubiger zugemutet werden kann, die Kosten einer Nichtzulassungsbeschwerde vorzufinanzieren.

II.

3Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor Versäumung der Frist des § 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 233 ZPO) wird der Klägerin nicht bewilligt werden können, weil sie nicht unverschuldet gehindert war, die genannte Frist zu wahren.

41. Eine Partei, die nicht in der Lage ist, die Prozesskosten zu tragen, muss ihr vollständiges Gesuch um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Rechtsmittelverfahren unter Verwendung der vorgeschriebenen Vordrucke und Beifügung aller erforderlichen Unterlagen innerhalb der Rechtsmittelfrist einreichen. Ist dies nicht geschehen, war die Partei nicht ohne ihr Verschulden verhindert, die Rechtsmittelfrist einzuhalten (, ZInsO 2017, 1428 Rn. 4 mwN). Für eine Partei kraft Amtes, deren Antrag nach § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu beurteilen ist, gilt zwar kein Formularzwang. Auch sie ist aber verpflichtet, die tatsächlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO fristgerecht darzulegen und auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Dies betrifft insbesondere die Umstände, derentwegen den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten eine Prozessfinanzierung nicht zumutbar ist ( aaO; vom - IX ZR 244/14, ZInsO 2015, 898 Rn. 2; vom - II ZA 3/12, NZI 2013, 82 Rn. 3 mwN). Die Regelung des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO soll sicherstellen, dass Prozesskostenhilfe nur gewährt wird, wenn die Kosten nicht von den Vermögensträgern aufgebracht werden können, denen ein Erfolg des beabsichtigten Rechtsstreits zugutekommt. Bei einem vom Konkursverwalter (Insolvenzverwalter) zugunsten der Konkursmasse (Insolvenzmasse) geführten Rechtsstreit sind dies in der Regel vor allem die Konkursgläubiger (Insolvenzgläubiger), die bei einem erfolgreichen Ausgang des Rechtsstreits mit einer verbesserten Befriedigung ihrer Ansprüche aus der zur Verteilung zur Verfügung stehenden Masse rechnen und deshalb als wirtschaftlich Beteiligte gelten können (, ZInsO 2016, 542 Rn. 14). Ist die Masse im Sinne von § 208 Abs. 1 InsO unzulänglich, werden die Insolvenzgläubiger häufig nicht mit einer Verbesserung ihrer Befriedigungsquote rechnen können. Gleichwohl genügt allein der Hinweis, dass Masseunzulänglichkeit angezeigt wurde, nicht, um die Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO darzulegen. Zum einen kann es Fälle geben, in denen bei einem Prozesserfolg die Masseunzulänglichkeit beseitigt wird und auch die Insolvenzgläubiger wieder eine teilweise Befriedigung erwarten können. Zum anderen können Massegläubiger vorhanden sein, denen ein Kostenvorschuss zumutbar ist (vgl. , WM 2005, 1857, 1858).

52. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist innerhalb der Monatsfrist des § 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO nach Zustellung des Berufungsurteils beim Bundesgerichtshof eingegangen. Entgegen § 114 Abs. 1 Satz 1, § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO hat die Klägerin jedoch innerhalb dieser Frist nichts dazu vorgetragen, dass den Insolvenz- oder Massegläubigern nicht zuzumuten sei, die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde aufzubringen. Auf vorinstanzliche Darlegungen und Unterlagen konnte schon deshalb nicht zurückgegriffen werden, weil die Klägerin in den Vorinstanzen keine Prozesskostenhilfe beantragt hat.

63. Ein Hinweis auf das Fehlen einer Gläubigertabelle und von Ausführungen zu den wirtschaftlich beteiligten Gläubigern und zur Zumutbarkeit von Vorschussleistungen konnte nicht innerhalb der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde erfolgen, weil der Antrag ohne die entsprechenden Darlegungen erst am , einem Freitag, eingegangen ist und eine Prüfung der Vollständigkeit des Prozesskostenhilfeantrages im normalen Geschäftsgang nicht vor Ablauf der Rechtsmittelfrist an diesem Tag erfolgen konnte.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:280319BIXZA8.18.0

Fundstelle(n):
ZIP 2019 S. 1486 Nr. 31
JAAAH-21351