Online-Nachricht - Donnerstag, 13.06.2019

Einkommensteuer | Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld (BFH)

Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld, die auf der Grundlage eines Transfer-Arbeitsverhältnisses und mit Rücksicht auf dieses von der Transfergesellschaft geleistet werden, sind regelmäßig keine Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG, sondern laufender Arbeitslohn i.S. des § 19 EStG (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist nach § 34 Abs. 1 EStG die darauf entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz zu bemessen. Nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG kommen als außerordentliche Einkünfte u.a. Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG in Betracht.

Sachverhalt: Der Kläger wechselte - nach mehr als 24 Jahren Beschäftigungszeit - wegen der Stilllegung eines Werkes des Arbeitgebers zu einer Transfergesellschaft. Für die einvernehmliche Aufhebung des langjährigen Beschäftigungsverhältnisses zahlte der bisherige Arbeitgeber dem Kläger eine Abfindung. Gleichzeitig schloss der Kläger mit der Transfergesellschaft ein befristetes Arbeitsverhältnis für die Dauer von zwei Jahren mit dem Ziel ab, dem Kläger Qualifizierungsmöglichkeiten zu eröffnen und seine Arbeitsmarktchancen zu verbessern. Den Kläger trafen arbeitsvertraglich geregelte Mitwirkungs- und Teilnahmepflichten. Er hatte den Weisungen der Transfergesellschaft zu folgen. Ein Beschäftigungsanspruch bestand nicht.

Grundlage für das neue Arbeitsverhältnis mit der Transfergesellschaft war die Gewährung von Transferkurzarbeitergeld gemäß § 111 SGB III. Die Transfergesellschaft verpflichtete sich zur Zahlung eines Zuschusses zum Transferkurzarbeitergeld. Das Finanzamt (FA) behandelte die Aufstockungsbeträge als laufenden, der normalen Tarifbelastung unterliegenden Arbeitslohn nach § 19 EStG. Der Kläger war demgegenüber der Auffassung, es handele sich um eine ermäßigt zu besteuernde Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG für den Verlust seines früheren Arbeitsplatzes.

Der BFH gewährte - anders als die Vorinstanz (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 15.12.2017) - die Steuersatzermäßigung nicht:

  • Die Zuzahlungen der Transfergesellschaft zum Transferkurzarbeitergeld sind laufender Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, da sie mit Rücksicht auf das Transfer-Arbeitsverhältnis geleistet bzw. durch dieses veranlasst sind.

  • Sie sind dem Kläger aus dem mit der Transfergesellschaft geschlossenen Arbeitsverhältnis zugeflossen und durch dieses unmittelbar veranlasst. Erst in der Transfergesellschaft und auf der Grundlage des Transfer-Arbeitsverhältnisses erhielt der Kläger die Aufstockungsbeträge, die mit der Erfüllung der persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Transferkurzarbeitergeld verknüpft waren.

  • Daher stellten sie eine Gegenleistung für die vom Kläger aus dem Arbeitsverhältnis geschuldeten Arbeitnehmerpflichten dar.

  • Der Annahme von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit steht nicht entgegen, dass der Kläger weder einen Anspruch auf Beschäftigung gegenüber der Transfergesellschaft hatte noch diese zur tatsächlichen Beschäftigung des Klägers verpflichtet war.

  • Ein Arbeitgeber kann auch gänzlich auf die Arbeitsleistung eines Mitarbeiters verzichten, ohne dass dies der Annahme eines Arbeitsverhältnisses entgegenstünde (vgl. z.B. , BStBl II 1994, 653, unter II.2.b, m.w.N., zur Freistellung).

Anmerkung von RA, StB Prof. Dr. Hans-Joachim Kanzler, Mitherausgeber der NWB und Vorsitzender Richter am BFH a. D., Bad Kreuznach:

Das Urteil des BFH ist zu akzeptieren, weil es formal der Gesetzeslage entspricht. Es hinterlässt aber einen zwiespältigen Eindruck. Das Instrument der Transfergesellschaft bietet dem Arbeitgeber vielfältige Vorteile. Vor allem die Vermeidung von Kündigungsfristen und Kündigungsschutzklagen führen zu Einsparungen, die in die Finanzierung der Arbeitsverhältnisse bei der Transfergesellschaft investiert werden können.

Wie in den Tatbeständen der Urteile des FG und des BFH eigens betont, handelte es sich bei der Transfer-GmbH um ein „rechtlich“ eigenständiges Unternehmen, wobei der Umstand, dass diese Transfergesellschaft aus Sozialplanmitteln des früheren Arbeitgebers finanziert wurde, "unerheblich" sein soll (Rn. 22 des BFH-Urteils).

Wären diese Mittel in eine Aufstockung der ebenfalls geleisteten Abfindungen geflossen, dann hätten sie auch der tarifermäßigten Besteuerung unterlegen. Ein solches Wahlrecht wird Arbeitnehmern in vergleichbaren Situationen aber wohl nicht eingeräumt werden können, obwohl der Wechsel in eine Transfergesellschaft für die von Arbeitslosigkeit bedrohten Beschäftigten freiwillig erfolgt.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB TAAAH-17231