Online-Nachricht - Mittwoch, 15.05.2019

Einkommensteuer | Erste Tätigkeitsstätte auf einer Baustelle (FG)

Wird ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber wiederholt befristet auf einer Baustelle des Auftraggebers eingesetzt, begründet er dort auch dann keine erste Tätigkeitsstätte, wenn der Einsatz insgesamt ununterbrochen länger als vier Jahren andauert (; Revision nicht zugelassen).

Sachverhalt: Der Kläger war als angestellter Elektromonteur seit mindestens 2010 ununterbrochen auf der Baustelle der Auftraggeberin seiner Arbeitgeberin eingesetzt. Die Auftraggeberin hatte dabei jeweils befristete Aufträge an die Arbeitgeberin von längstens 36 Monaten erteilt. Auf dieser Grundlage wurde auch der Kläger auf der Baustelle eingesetzt. Die Arbeitgeberin hatte den Kläger im Arbeitsvertrag keiner ersten Tätigkeitsstätte i.S.v. § 9 Abs. 4 EStG zugeordnet.

Für das Streitjahr 2014 machte der Kläger Fahrtkosten zur Baustelle an 227 Tagen mit einem Kilometersatz von 0,30 € für die Hin- und Rückfahrt sowie Verpflegungsmehraufwendungen geltend. Das Finanzamt berücksichtigte dagegen nur die Entfernungspauschale mit der Begründung, dass die Baustelle nach einem Einsatz von mehr als 48 Monaten zur ersten Tätigkeitsstätte des Klägers geworden sei.

Dies sah der 1. Senat des FG Münster anders und gab der Klage vollumfänglich statt:

  • Der Kläger hat im Streitjahr 2014 keine erste Tätigkeitsstätte gehabt, so dass er Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen nach Reisekostengrundsätzen abziehen kann.

  • Mangels arbeitsvertraglicher Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte durch die Arbeitgeberin ist nach dem Gesetz maßgeblich, ob der Kläger der Baustelle für die Dauer des Dienstverhältnisses oder für mehr als 48 Monate zugewiesen worden ist.

  • Hierfür ist nicht darauf abzustellen, dass der Kläger rückwirkend betrachtet mehr als 48 Monate auf der Baustelle tätig war. Vielmehr ist im Wege einer Prognosebetrachtung anhand objektiver Umstände zu prüfen, ob der Kläger davon ausgehen konnte, für einen so langen Zeitraum auf der Baustelle eingesetzt zu werden.

  • Dies ist vorliegend aufgrund der stets befristeten Beauftragung seiner Arbeitgeberin durch ihre Auftraggeberin nicht der Fall. Dementsprechend hat der Kläger insbesondere seine Wohnsituation nicht danach ausrichten können.

Quelle: FG Münster, Newsletter Mai 2019 (il)

Fundstelle(n):
NWB HAAAH-14805