Online-Nachricht - Mittwoch, 15.05.2019

Verfahrensrecht | Keine Inanspruchnahme Minderjähriger bei Kontenleihe (FG)

Die Nutzung eines Kontos des minderjährigen Kindes durch den Vater zur Abwicklung seines betrieblichen Zahlungsverkehrs führt nicht dazu, dass das Kind durch einen Duldungsbescheid für rückständige Steuern des Vaters in Anspruch genommen werden kann (; Revision nicht zugelassen).

Sachverhalt: Die Klägerin hatte im Alter von 11 Jahren ein Girokonto eröffnet und wurde dabei von ihren Eltern vertreten. Der in der Baubranche tätige Vater veranlasste seine Kunden, Rechnungsbeträge auf dieses Konto zu überweisen. Dies führte zu Einzahlungen auf das Konto von insgesamt ca. 90.000 €. Nachdem die Klägerin volljährig geworden war, nahm das Finanzamt sie im Wege eines Duldungsbescheids in Anspruch und forderte sie auf, rückständige Steuern ihres Vaters in Höhe von ca. 23.200 € zu zahlen und berief sich dabei auf das Anfechtungsgesetz.

Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg:

  • Zwar ist davon auszugehen, dass der Vater der Klägerin in Gläubigerbenachteiligungsabsicht gehandelt hatte, indem er seine Kunden veranlasst hatte, Zahlungen auf das Konto der Klägerin vorzunehmen. Allerdings kann nicht davon ausgegangen werden, dass die damals minderjährige Klägerin diese Absicht kannte.

  • Die Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Vaters kann der Klägerin auch nicht deshalb zugerechnet werden, weil der Vater ihr gesetzlicher Vertreter war. Eine derartige Zurechnung kommt zwar grundsätzlich in Betracht, findet ihre Grenzen jedoch dann, wenn Eltern ihre rechtlichen Möglichkeiten als gesetzliche Vertreter missbrauchen. Der Minderjährigenschutz genießt insoweit Vorrang vor dem staatlichen Recht, Steuern einzutreiben.

  • Im Übrigen ist die Klägerin durch die Zahlungen auch nicht bzw. nicht mehr bereichert. Es ist nicht ersichtlich, dass entsprechende Vermögenswerte noch vorhanden sind.

Quelle: FG Münster, Newsletter Mai 2019 (Ls)

Fundstelle(n):
NWB DAAAH-14802