OFD Frankfurt/M. - S 2244 A-61-St 215

Ablösung von Gesellschafterdarlehen oder -sicherheiten durch Gesellschaftereinlagen als nachträgliche Anschaffungskosten

Bezug:

1. Grundsätze

Der Ausfall von Darlehen, die der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft gewährt hat, führt in Höhe des Nennwertes zu (nachträglichen) Anschaffungskosten der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft, wenn es sich um ein Finanzplandarlehen, krisenbestimmtes Darlehen oder Krisendarlehen handelt (vgl. ofix: EStG/17/19, vgl. zum Umgang mit der neuen BFH-Rechtsprechung ofix: EStG/17/37 ). Hingegen führt der Ausfall eines in der Krise stehen gelassenen Darlehens nur in Höhe des Teilwerts im Zeitpunkt des Eintritts der Krise zu Anschaffungskosten. Dieser Wert liegt wegen der Krise der Kapitalgesellschaft regelmäßig bei 0 €. (vgl. ofix: EStG/17/19).

Einlagen eines Gesellschafters in die Kapitalgesellschaft führen immer zu Anschaffungskosten der Beteiligung (vgl. ofix: EStG/17/10).

2. Gestaltung

Ein Gesellschafter hat der Kapitalgesellschaft ein Darlehen gewährt, welches als in der Krise stehen gelassenes Darlehen zu qualifizieren ist. Die Kapitalgesellschaft kann das Darlehen nicht zurückzahlen, der Ausfall wäre nicht als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Nun leistet der Gesellschafter eine Einlage in die Kapitalgesellschaft, die er ggf. bei einer Bank refinanziert hat. Die Kapitalgesellschaft tilgt mit diesen Finanzmitteln das Darlehen des Gesellschafters. Hat der Gesellschafter die Einlage refinanziert, zahlt er das Refinanzierungsdarlehen bei der Bank zurück.

Wirtschaftlich hat der Gesellschafter mit der Einlage den gleichen finanziellen Verlust erlitten wie mit einem Darlehensausfall. Statt eines Darlehensanspruchs, der nicht mehr erfüllt wird, hat er nun eine Einlage geleistet, die er nicht mehr zurückerhält. Steuerlich wird jedoch ein Darlehensausfall, der nicht zu Anschaffungskosten führt, durch eine anschaffungskostenerhöhende Einlage ersetzt.

Anstatt einer Einlage kann der Gesellschafter das alte Darlehen auch durch ein neu gewährtes Gesellschafterdarlehen tilgen. Da sich die Kapitalgesellschaft in der Krise befindet, wäre das neue Darlehen als Krisendarlehen zu beurteilen und bei Ausfall in voller Höhe als Anschaffungskosten zu berücksichtigen.

3. Rechtliche Würdigung

Das Niedersächsische entschieden, dass es sich um einen Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO handelt, soweit die neu zugeführten Finanzmittel nur dazu dienten, Darlehen abzulösen, die der auch die neuen Finanzmittel zuführende Gesellschafter der Gesellschaft gewährt hatte. Könne die Kapitalgesellschaft die ursprünglichen Darlehen des Gesellschafters nur zurückzahlen, weil sie kurz zuvor (im Streitfall tags zuvor) einen entsprechenden Betrag von diesem Gesellschafter darlehensweise (neu) oder als Einlage erhalten habe, änderten sich durch diese gegenläufigen Zahlungen weder die wirtschaftliche Position des Gesellschafters noch der Kapitalgesellschaft. Zweck dieses „Hin- und Herzahlens” könne insoweit nur gewesen sein, dem Gesellschafter die steuermindernde Berücksichtigung wirtschaftlich bereits entstandener Vermögensverluste des Privatvermögens nach § 17 EStG zu ermöglichen.

In den Urteilen (Az. , , ) leisteten die Gesellschafter Einlagen in die Kapitalrücklage der Gesellschaft, mit der ein Bankdarlehen der Gesellschaft getilgt wurde, für welches die Gesellschafter gebürgt hatten. Das FG Düsseldorf teilt im Ergebnis die Auffassung des FG Niedersachsen, jedoch mit der Argumentation der wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Wirtschaftlich betrachtet, diente die Zuführung in die Kapitalrücklage und anschließende Weiterleitung dieser Zahlung an die Bank zur Ablösung der von den Gesellschaftern gewährten Sicherheiten. Dies führe nicht generell zu nachträglichen Anschaffungskosten, sondern der Aufwand teile die steuerliche Beurteilung der abgelösten Sicherheit. Für die Frage der nachträglichen Anschaffungskosten ist demnach die Bürgschaft zu würdigen.

Der BFH hat mit Urteilen vom (Az. , und ) die Entscheidungen des FG Düsseldorf zurückgewiesen. Die – freiwillige und ohne Gewährung von Vorzügen seitens der Kapitalgesellschaft erbrachte – Einzahlung eines Gesellschafters in die Kapitalrücklage sei handelsbilanziell als Zuzahlung i. S. d. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB zu qualifizieren. Steuerrechtlich handele es sich um eine Einlage des Gesellschafters in das Gesellschaftsvermögen; hierdurch erhöhten sich auch die Anschaffungskosten des Gesellschafters für seine Beteiligung. Ohne Bedeutung sei, ob auch dann nachträgliche Anschaffungskosten entstanden wären, wenn ein anderes Vorgehen gewählt worden wäre. Denn bei dem Gesellschaftsanteil, auf den gezahlt wurde, auf der einen Seite und den Darlehensschulden der Gesellschaft auf der anderen Seite handele es sich um unterschiedliche Wirtschaftsgüter und damit auch um unterschiedliche Veranlassungsbereiche. Es liege auch kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i. S. d. § 42 Abs. 1 Satz 1 AO vor, denn mit der Einzahlung in das Gesellschaftsvermögen haben es die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ermöglicht, ihre betrieblichen Verbindlichkeiten abzulösen. Dieses vom Gesellschaftsrecht auch so vorgesehene Vorgehen widerspreche nicht den Wertungen des Rechts; es entspreche ihnen. In einem gesellschaftsrechtskonformen Vorgehen könne nicht zugleich ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts liegen.

Das BMF war dem Verfahren beigetreten. Die Urteile sind noch nicht im BStBl veröffentlicht und daher nicht über den entschiedenen Einzelfall anzuwenden. Die Veröffentlichung im BStBl bzw. eine Erörterung auf Bund-Länder-Ebene bleibt abzuwarten. Die Bearbeitung von (ruhenden) Einsprüchen in gleichgelagerten Sachverhalten ist daher zurückzustellen.

OFD Frankfurt/M. v. - S 2244 A-61-St 215

Fundstelle(n):
RAAAH-12541