Online-Nachricht - Montag, 25.03.2019

Brexit | Vorbereitungen für möglichen Austritt ohne Abkommen (Kommission)

Die Europäische Kommission hat verschiedene Maßnahmen für ein sog. No-Deal-Szenario vorbereitet.

Hintergrund: In einem No-Deal-Szenario wird das Vereinigte Königreich ohne Übergangsabkommen zu einem Drittland. Das gesamte Primär- und Sekundärrecht der EU wird für das Vereinigte Königreich ab dem Austrittszeitpunkt nicht mehr gelten. Einen Übergangszeitraum, wie er im Austrittsabkommen vorgesehen ist, wird es nicht geben. In einem solchen Szenario würden die Beziehungen des Vereinigten Königreichs zur EU durch das allgemeine Völkerrecht einschließlich der Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) geregelt. Die EU müsste an ihren Grenzen mit dem Vereinigten Königreich ihre Vorschriften und Zölle sofort anwenden.

Notfallmaßnahmen der Europäischen Kommission für einen Austritt ohne Abkommen umfassen:

  • Programm PEACE: Fortsetzung des Programm zur Unterstützung des Friedensprozesses in Nordirland (PEACE) bis Ende 2020. Für den Zeitraum nach 2020 hat die Kommission bereits im Rahmen ihrer Vorschläge für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen vorgeschlagen, die grenzübergreifende Förderung von Frieden und Versöhnung in den Grenzgebieten Irlands und Nordirlands fortzusetzen und zu stärken.

  • EU-Haushalt (Verfahren zur endgültigen Verabschiedung läuft): Bei einem Austritt ohne Abkommen ist die EU in der Lage, ihren Verpflichtungen nachzukommen und bei vor dem unterzeichneten Verträgen bzw. getroffenen Entscheidungen auch im Jahr 2019 Zahlungen an Begünstigte im Vereinigten Königreich zu leisten, sofern das Vereinigte Königreich seinen Verpflichtungen gemäß dem EU-Haushalt für 2019 nachkommt und die erforderlichen Rechnungsprüfungen und Kontrollen akzeptiert.

  • Fischereirechte und finanzieller Ausgleich: Durch diese Maßnahmen sollen Fischer und andere Marktteilnehmer aus EU-Mitgliedstaaten eine Entschädigung aus dem Europäischen Meeres- und Fischereifonds für die vorübergehende Einstellung von Fangtätigkeiten erhalten. Dadurch wird auch sichergestellt, dass die EU Schiffen des Vereinigten Königreichs bis Ende 2019 Zugang zu den EU-Gewässern gewähren kann, sofern EU-Schiffe im Gegenzug Zugang zu den Gewässern des Vereinigten Königreichs haben.

  • Finanzdienstleistungen: vorübergehende, begrenzte Maßnahmen, um sicherzustellen, dass es beim zentralen Clearing von Derivaten und den von Zentralverwahrern im Vereinigten Königreich für Wirtschaftsbeteiligte in der EU erbrachten Diensten zu keinen unmittelbaren Störungen kommt, und um die Umwandlung bestimmter außerbörslicher Derivatekontrakte (OTC-Derivatekontrakte – OTC: over the counter) bei der Übertragung von einer Gegenpartei im Vereinigten Königreich auf eine Gegenpartei in der EU-27 für einen festgelegten Zeitraum von 12 Monaten zu erleichtern.

  • Konnektivität im Luftverkehr und Sicherheit: Durch diese beiden Maßnahmen wird eine grundlegende Konnektivität sichergestellt, um zu verhindern, dass der Luftverkehr zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich bei einem Austritt ohne Abkommen vollständig zum Erliegen kommt.

  • Konnektivität im Straßenverkehr: Die Maßnahme ermöglicht die Aufrechterhaltung einer sicheren grundlegenden Konnektivität im Straßenverkehr zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich für einen begrenzten Zeitraum, vorausgesetzt, das Vereinigte Königreich gewährt Unternehmen und Wirtschaftsteilnehmern aus der EU Gegenseitigkeit.

  • Konnektivität im Schienenverkehr: Durch die Maßnahme wird sichergestellt, dass die Sicherheitsgenehmigungen für bestimmte Teile der Eisenbahninfrastruktur für einen streng begrenzten Zeitraum von drei Monaten gültig bleiben, damit langfristige Vorkehrungen im Einklang mit dem EU-Recht getroffen werden können. Dies betrifft insbesondere den Kanaltunnel und ist an die Bedingung geknüpft, dass das Vereinigte Königreich den EU-Anforderungen entsprechende Sicherheitsstandards beibehält.

  • Überprüfung von Schiffen: Dadurch sollen in der Schifffahrt die Rechtssicherheit und die Aufrechterhaltung des Betriebs sichergestellt werden.

  • Neuausrichtung des Kernnetzkorridors „Nordsee – Mittelmeer“: Durch diese Maßnahme werden dem Kernnetzwerk neue Seeverbindungen zwischen Irland, Frankreich, Belgien und den Niederlanden hinzugefügt, und es wird eine neue Finanzierungspriorität in die Fazilität „Connecting Europe“ aufgenommen, nämlich die Anpassung der Verkehrsinfrastruktur für Sicherheits- und Grenzkontrollzwecke.

  • Klimapolitik: Durch diese Maßnahme wird sichergestellt, dass das reibungslose Funktionieren und die Umweltwirksamkeit des Emissionshandelssystems auch durch ein No-Deal-Szenario nicht beeinträchtigt werden.

  • Programm Erasmus+: Studierende und Praktikanten, die sich zum Zeitpunkt des Austritts des Vereinigten Königreichs im Rahmen von Erasmus+ im Ausland aufhalten, können ihren Studienaufenthalt abschließen und weiterhin ihre Stipendien und sonstige Zahlungen beziehen.

  • Ansprüche aus der Sozialversicherung: Die Ansprüche von Personen, die ihr Recht auf Freizügigkeit vor dem Austritt des Vereinigten Königreichs ausgeübt haben (etwa aus Zeiträumen vor dem Austritt, in denen sie im Vereinigten Königreich versichert, (selbständig) berufstätig oder wohnhaft waren), bleiben bestehen.

  • Visa-Reziprozität (Verfahren zur endgültigen Verabschiedung läuft): visumfreie Reisen für Staatsangehörige des Vereinigten Königreichs in die EU, sofern im Gegenzug auch das Vereinigte Königreich allen EU-Bürgern unterschiedslos visumfreie Einreise gewährt.

  • Staatliche Beihilfen: Was den Bedarf an finanziellen Ressourcen und/oder technischer Unterstützung betrifft, so können die Probleme von Unternehmen im Fall eines No-Deal-Brexits im Rahmen der geltenden Vorschriften für staatliche Beihilfen gelöst werden. So können nach den Beihilfevorschriften Beratungsbeihilfen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) oder Ausbildungsbeihilfen gewährt werden, die für die Vorbereitung von KMU (auch auf mögliche künftige Zollformalitäten) genutzt werden könnten. Die Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien enthalten Bestimmungen über Regelungen für vorübergehende Umstrukturierungshilfe zugunsten von KMU, die zur Lösung ihrer durch den Brexit verursachten Liquiditätsprobleme beitragen könnte. Der Zugang zu Finanzmitteln ist in verschiedenen Formen möglich, z. B. über staatlich finanzierte Kreditprogramme, die den Referenzzinssatz einhalten, oder staatliche Garantien nach der Garantiemitteilung.

Hinweis:

Weitere Informationen für EU-Bürger und Unternehmen finden Sie auf der Homepage der Europäischen Kommission.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung v. (Ls)

Fundstelle(n):
NWB LAAAH-10602