Online-Nachricht - Freitag, 08.02.2019

Wohnungsbaugesetz | Keine unbefristete, aber langfristige Sozialbindung (BGH)

Bei der Förderung des sozialen Wohnungsbaus im sog. dritten Förderweg sind individuell vereinbarte, zeitlich unbefristete städtische Belegungsrechte unwirksam, und zwar auch dann, wenn die Kommune dem privaten Investor zur Errichtung von Sozialwohnungen kostengünstiges Bauland überlassen hat. Die Unwirksamkeit der Vereinbarung hat aber nicht zur Folge, dass die Belegungsrechte nicht bestehen. Vielmehr hätten die Parteien, wenn ihnen die Unwirksamkeit bekannt gewesen wäre, Belegungsrechte für einen möglichst langen rechtlich zulässigen Zeitraum vereinbart. Ist ein langfristiger, vergünstigter Kredit gewährt worden, bestehen die Belegungsrechte deshalb im Zweifel während der Laufzeit des Kredits fort ().

Sachverhalt und Prozessverlauf: Die Klägerin ist eine Wohnungsgenossenschaft. Mit notariellem Vertrag v. kaufte ihre Rechtsvorgängerin, eine Wohnungsbaugesellschaft, von der beklagten Stadt Grundstücke, die im Rahmen des dritten Förderwegs (§ 88d des Zweiten Wohnungsbaugesetzes) mit 52 Sozialwohnungen bebaut werden sollten. Zu deren Teilfinanzierung gewährte die Stadt der Wohnungsbaugesellschaft ein zinsgünstiges Darlehen. Die Wohnungsbaugesellschaft verpflichtete sich im Gegenzug, der Stadt unbefristete Belegungsrechte an den Wohnungen einzuräumen sowie diese verbilligt und nur an Inhaber von Wohnberechtigungsscheinen zu vermieten. Zur Sicherung dieser Verpflichtung wurde im Grundbuch zu Gunsten der Stadt eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit eingetragen. Mit notariellem Vertrag v. kaufte die Klägerin die Grundstücke unter Übernahme der auf die Belegungsrechte bezogenen Verpflichtung. Mit ihrer Klage will die Klägerin feststellen lassen, dass sie die Wohnungen nach Ablauf von 20 Jahren seit Bezugsfertigkeit frei und ohne Beachtung von Belegungsrechten vermieten kann, und dass die Stadt die Löschung der Dienstbarkeit bewilligen muss. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht (OLG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der von dem Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Der BGH hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an das OLG zurückverwiesen:

  • Die von der Klägerin übernommene, zeitlich unbefristete schuldrechtliche Verpflichtung zu der Vermietung der Wohnungen an Inhaber von Wohnberechtigungsscheinen ist gemäß § 134 BGB unwirksam.

  • Das Rechtsgeschäft ist im dritten Förderweg auf der Grundlage von § 88d II. WoBauG zustande gekommen. Diese Art der Förderung des sozialen Wohnungsbaus ermöglichte eine Vereinbarung des staatlichen Darlehensgebers mit dem privaten Bauherrn. Dass zeitlich unbefristete Belegungsrechte hierbei nicht vorgesehen waren, ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Gesetzes.

  • Allein der Umstand, dass die Stadt der Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht nur ein Darlehen gewährt, sondern ihr auch die erforderlichen Grundstücke verkauft hat, rechtfertigt keine unbefristete Bindung.

  • Zwar sind Grund und Boden - zumal in städtischen Lagen - ein knappes Gut, das bei einem Verkauf durch eine Stadt an einen Privaten dauerhaft bei diesem verbleibt. Nach der gesetzlichen Ausgestaltung gehört es aber zum Konzept des dritten Förderwegs, dass die öffentliche Hand privaten Investoren nach Möglichkeit werthaltiges, kostengünstiges Bauland zur Verfügung stellt. Gemäß § 88d Abs. 2 Nr. 2 II. WoBauG rechtfertigt eine solche Bereitstellung von Bauland eine Bindung für einen "längeren Zeitraum" von mehr als 15 Jahren; eine unbefristete Bindung hat der Gesetzgeber dagegen nicht vorgesehen.

  • Dieses Ergebnis entspricht allgemeinen subventionsrechtlichen Grundsätzen.

  • Aus der Unwirksamkeit der Vereinbarung folgt aber nicht ohne weiteres, dass bereits jetzt keine Belegungsrechte mehr bestehen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit Belegungsrechte für einen möglichst langen rechtlich zulässigen Zeitraum vereinbart hätten.

  • Insoweit kommt es nicht darauf an, wie sich die Mieten einerseits und die Kreditkonditionen andererseits später tatsächlich entwickelt haben. Maßgeblich sind vielmehr die Vorstellungen der Parteien bei Vertragsschluss, und im Zweifel hätten die Belegungsrechte, die als Gegenleistung für das Darlehen übernommen wurden, während der Laufzeit des vergünstigten Kredits fortbestehen sollen. Wann die Belegungsrechte enden, hängt deshalb von den der Bauherrin gewährten Vorteilen ab. Das Berufungsgericht wird daher aufklären müssen, zu welchen Konditionen das Darlehen ausgereicht worden ist.

Quelle: BGH, Pressemitteilung Nr. 14/2019 v. (Ls)

Fundstelle(n):
NWB XAAAH-07112