EuGH Urteil v. - C-264/17

Gründe

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

20Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 316 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass ein steuerpflichtiger Wiederverkäufer für die Anwendung der Differenzbesteuerung auf eine Lieferung von Kunstgegenständen optieren kann, die er zuvor im Rahmen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung vom Urheber oder dessen Rechtsnachfolgern erworben hat, obwohl diese nicht zu den in Art. 314 der Richtlinie aufgeführten Personengruppen gehören.

21Vorab ist, vorbehaltlich der Überprüfung durch das vorlegende Gericht, festzustellen, dass der Ausgangsrechtsstreit Lieferungen von Kunstgegenständen im Sinne von Art. 311 Abs. 1 Nr. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie an einen steuerpflichtigen Wiederverkäufer im Sinne von Art. 311 Abs. 1 Nr. 5 der Richtlinie betrifft.

22Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Regelung zur Besteuerung der Handelsspanne des steuerpflichtigen Wiederverkäufers bei der Lieferung von Kunstgegenständen eine von der allgemeinen Regelung der Mehrwertsteuerrichtlinie abweichende Sonderregelung darstellt. Die Art. 314 und 316 der Richtlinie, die bestimmen, in welchen Fällen diese Sonderregelung zur Anwendung kommt, müssen daher eng ausgelegt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Litdana, C-624/15, , Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23Es entspricht jedoch nicht dem Sinn dieser Regel einer engen Auslegung, wenn die zur Umschreibung der genannten Regelung verwendeten Begriffe in einer Weise ausgelegt werden, die ihnen ihre Wirkung nimmt. Ihre Auslegung muss nämlich mit den Zielen im Einklang stehen, die mit der Regelung verfolgt werden, und den Erfordernissen der steuerlichen Neutralität entsprechen (vgl. entsprechend Urteil vom , PFC Clinic, C-91/12, EU:C:2013:198, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24Außerdem sind nach ständiger Rechtsprechung bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (Urteil vom , Aviva, C-605/15, , Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25Erstens sieht Art. 316 der Mehrwertsteuerrichtlinie nach seinem Wortlaut vor, dass die Mitgliedstaaten den steuerpflichtigen Wiederverkäufern das Recht einräumen, bei Lieferungen der in dieser Vorschrift abschließend aufgezählten Gegenstände die Differenzbesteuerung anzuwenden. Aus dem Wortlaut von Art. 316 ergibt sich jedoch nicht, dass dieses Recht von der Erfüllung der in Art. 314 Buchst. a bis d der Richtlinie vorgesehenen Voraussetzungen abhängt oder dass die Mitgliedstaaten, die die Einzelheiten der Ausübung dieses Rechts festlegen, über ein Ermessen in Bezug auf die Voraussetzungen verfügen, denen sie das Recht eines steuerpflichtigen Wiederverkäufers auf Anwendung der Differenzbesteuerung unterwerfen können.

26Es läuft daher schon dem Wortlaut von Art. 316 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie zuwider, wenn ein Mitgliedstaat das Recht eines steuerpflichtigen Wiederverkäufers, auf eine Lieferung, die sich an eine innergemeinschaftliche Lieferung eines Kunstgegenstands im Sinne dieser Bestimmung anschließt, die Differenzbesteuerung anzuwenden, davon abhängig macht, dass der Kunstgegenstand von einer der in Art. 314 Buchst. a bis d der Richtlinie aufgeführten Personen geliefert wird.

27Zweitens wird diese Auslegung durch die Analyse des Zusammenhangs, in dem Art. 316 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie steht, bestätigt.

28Zunächst ergibt diese Analyse, dass Art. 316 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie einen eigenständigen und gegenüber Art. 314 der Richtlinie ergänzenden Anwendungsbereich hat. Während nach Art. 314 nämlich bei bestimmten Lieferungen durch einen steuerpflichtigen Wiederverkäufer eine Verpflichtung zur Anwendung der Differenzbesteuerung besteht, sieht Art. 316 Abs. 1 lediglich ein Recht vor, unter bestimmten Voraussetzungen für die Anwendung der Differenzbesteuerung zu optieren. Diese Option hätte aber keinen Sinn, wenn ihre Ausübung den gleichen Voraussetzungen unterläge, wie sie Art. 314 für die zwingende Anwendung der Differenzbesteuerung vorsieht. Somit ist zwar der Anwendungsbereich von Art. 314 der Mehrwertsteuerrichtlinie auf Lieferungen von Gegenständen innerhalb der Union beschränkt, doch gilt diese Beschränkung nicht für Art. 316 Abs. 1 der Richtlinie.

29Des Weiteren bestätigt eine Analyse von Art. 322 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie in Verbindung mit ihrem Art. 316 Abs. 1, dass Art. 316 gegenüber Art. 314 der Richtlinie eigenständigen und ergänzenden Charakter hat. Art. 322 Buchst. b schließt nämlich im Wesentlichen das Recht eines steuerpflichtigen Wiederverkäufers aus, von seiner Steuerschuld die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer auf Kunstgegenstände, die ihm gemäß Art. 316 Abs. 1 Buchst. b geliefert werden, abzuziehen.

30Ein solcher Ausschluss, der das Bestehen eines Abzugsrechts und damit eines vorherigen besteuerten Umsatzes voraussetzt, kann nämlich in den von Art. 314 der Mehrwertsteuerrichtlinie erfassten Fällen keine Anwendung finden, denn ihnen ist gemeinsam, dass die Lieferung des Kunstgegenstands an den steuerpflichtigen Wiederverkäufer nicht der Mehrwertsteuer unterlag oder von ihr befreit war.

31Schließlich entkräftet eine Analyse des Zusammenhangs, in dem Art. 316 der Mehrwertsteuerrichtlinie steht, auch das Vorbringen der deutschen Regierung, die Differenzbesteuerung könne auf die Lieferung von Kunstgegenständen, die bei Wirtschaftsbeteiligten aus anderen Mitgliedstaaten erworben worden seien, nicht angewandt werden, weil der Entstehungstatbestand der Steuer, insbesondere der innergemeinschaftliche Erwerb, in Art. 316 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie nicht erwähnt werde. Wie der Generalanwalt in Nr. 65 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, regelt die Differenzbesteuerung die Besteuerung von Gegenständen nämlich nicht auf der Stufe ihres Erwerbs durch den steuerpflichtigen Wiederverkäufer, sondern auf der Stufe ihres Verkaufs. Dies wird dadurch bestätigt, dass die Steuerbemessungsgrundlage nach den Art. 315 und 317 der Richtlinie anhand des vom steuerpflichtigen Wiederverkäufer geforderten Verkaufspreises berechnet wird.

32Drittens ist zum einen hinsichtlich der mit der Mehrwertsteuerrichtlinie verfolgten allgemeinen Ziele ihren Erwägungsgründen 4 und 7 zu entnehmen, dass mit ihr ein Mehrwertsteuersystem geschaffen werden soll, durch das die Wettbewerbsbedingungen nicht verfälscht und der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr nicht behindert werden. Außerdem wohnt nach ständiger Rechtsprechung dem durch die Richtlinie geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystem der Grundsatz der steuerlichen Neutralität inne, der es insbesondere nicht zulässt, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleichartige Umsätze tätigen, bei der Erhebung der Mehrwertsteuer unterschiedlich behandelt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , ATP PensionService, C-464/12, EU:C:2014:139, Rn. 42 und 44 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

33Die von der deutschen Regierung befürwortete Auslegung, wonach Art. 316 der Mehrwertsteuerrichtlinie auf Lieferungen im Anschluss an einen innergemeinschaftlichen Umsatz nicht anwendbar sei, verstößt gegen die Grundsätze, auf denen das Mehrwertsteuersystem beruht. Diese Auslegung würde nämlich zu einer steuerlichen Ungleichbehandlung der Lieferungen von Kunstgegenständen, die Gegenstand einer Eingangslieferung aus dem Inland waren, und der Lieferungen von Kunstgegenständen führen, die Gegenstand einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Eingangslieferung waren. Wie die deutsche Regierung in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, führt ein Verbot wie das in § 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a UStG vorgesehene zu einer Ungleichbehandlung, je nachdem, ob die dem steuerpflichtigen Wiederverkäufer gelieferten Kunstgegenstände inländischen oder innergemeinschaftlichen Ursprungs sind, da nach dieser nationalen Bestimmung ein steuerpflichtiger Wiederverkäufer bei der Lieferung eines Kunstgegenstands, der Gegenstand einer innergemeinschaftlichen Eingangslieferung war, nicht die Differenzbesteuerung wählen kann, wohl aber bei der Lieferung eines Kunstgegenstands, der ihm aus Deutschland geliefert wurde.

34Aufgrund der Ungleichbehandlung, die sich aus der genannten nationalen Bestimmung ergibt, droht nicht nur die Gefahr einer Beeinträchtigung des freien Verkehrs der Kunstgegenstände und der Verfälschung des Wettbewerbs zwischen steuerpflichtigen Wiederverkäufern in der Union, sondern sie droht auch den Grundsatz der steuerlichen Neutralität in Frage zu stellen, da steuerpflichtige Wiederverkäufer, die gleiche Umsätze – Erwerb und Wiederverkauf von Kunstgegenständen – tätigen, hinsichtlich der Möglichkeit, bei diesen Gegenständen für die Differenzbesteuerung zu optieren, ungleich behandelt werden, je nachdem, ob die Gegenstände aus dem Inland geliefert wurden oder mittels einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Eingangslieferung.

35Zum anderen ist speziell hinsichtlich der mit der Differenzbesteuerung verfolgten Ziele darauf hinzuweisen, dass mit ihr nach dem 51. Erwägungsgrund der Mehrwertsteuerrichtlinie bezweckt wird, auf dem Gebiet der Gebrauchtgegenstände, Kunstgegenstände, Antiquitäten und Sammlungsstücke Doppelbesteuerungen und Wettbewerbsverzerrungen zwischen Steuerpflichtigen zu vermeiden.

36Hierzu ist festzustellen, dass es sich auf diesem Gebiet als schwierig erweisen könnte, zu ermitteln, ob auf einen bestimmten Gegenstand zuvor Mehrwertsteuer erhoben wurde, da dieser Gegenstand – wie es dem Wesen von Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten entspricht – sehr alt sein oder zuvor mehrfach Gegenstand des Handels zwischen verschiedenen Nichtsteuerpflichtigen gewesen sein kann. Gerade in Anbetracht dieser Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Mehrwertsteuer, die auf solche Gegenstände unter Umständen zuvor erhoben wurde, sieht die Mehrwertsteuerrichtlinie das Recht vor, für die Differenzbesteuerung zu optieren und die geschuldete Mehrwertsteuer, wie in Rn. 31 des vorliegenden Urteils hervorgehoben, im Wesentlichen anhand des Verkaufspreises der Gegenstände zu berechnen.

37Derartige Schwierigkeiten können aber nicht auftreten, wenn ein Kunstgegenstand im Sinne von Art. 316 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie von einer der in ihrem Art. 314 Buchst. a bis d aufgeführten Personen geliefert wird, da eine solche Lieferung nicht der Mehrwertsteuer unterlag oder von ihr befreit war, wie sich aus Rn. 30 des vorliegenden Urteils ergibt. In einem solchen Fall hätte es das in Rn. 35 des vorliegenden Urteils genannte Ziel nicht gerechtfertigt, für Lieferungen der in Art. 316 der Mehrwertsteuerrichtlinie genannten Gegenstände die Differenzbesteuerung in die Richtlinie aufzunehmen.

38Somit ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 316 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie, aber auch aus seinem Zusammenhang und den sowohl mit ihm als auch mit der Regelung, zu der er gehört, verfolgten Zielen, dass ein Mitgliedstaat die Möglichkeit, für die Anwendung der Differenzbesteuerung zu optieren, nicht davon abhängig machen darf, dass ein steuerpflichtiger Wiederverkäufer die in Art. 314 Buchst. a bis d der Mehrwertsteuerrichtlinie aufgestellten Voraussetzungen erfüllt.

39Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 316 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass ein steuerpflichtiger Wiederverkäufer für die Anwendung der Differenzbesteuerung auf eine Lieferung von Kunstgegenständen optieren kann, die er zuvor im Rahmen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung vom Urheber oder dessen Rechtsnachfolgern erworben hat, obwohl diese nicht zu den in Art. 314 der Richtlinie aufgeführten Personengruppen gehören.

Zur zweiten Frage

40Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob ein steuerpflichtiger Wiederverkäufer sowohl für die Anwendung der in Art. 316 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Differenzbesteuerung auf eine Lieferung von Kunstgegenständen, die er zuvor im Rahmen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung erworben hat, optieren als auch in Fällen, in denen ein Vorsteuerabzug nach Art. 322 Buchst. b der Richtlinie, der nicht in nationales Recht umgesetzt wurde, ausgeschlossen ist, Anspruch auf einen solchen Abzug erheben kann.

Zur Zulässigkeit

41Vorab ist das Vorbringen der deutschen Regierung zu prüfen, die zweite Frage sei unzulässig. Sie führt aus, diese Frage betreffe ein hypothetisches und für die im Ausgangsverfahren zu treffende Entscheidung unerhebliches Problem, da Herr Mensing bei den fraglichen Lieferungen keinen Vorsteuerabzug geltend gemacht habe.

42Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es im Rahmen der durch Art. 267 AEUV geschaffenen Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts ist, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen. Betrifft die vorgelegte Frage die Auslegung des Unionsrechts, ist der Gerichtshof daher grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden. Er darf die Entscheidung über die Vorlagefrage eines nationalen Gerichts nur dann verweigern, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn er nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil vom , Aspiro, C-40/15, , Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43Zwar ist unstreitig, dass Herr Mensing noch keinen Vorsteuerabzug geltend gemacht hat, doch geht aus der Zusammenfassung der Vorlageentscheidung in Rn. 14 des vorliegenden Urteils hervor, dass er nach dem nationalen Verfahrensrecht im Rahmen des Ausgangsrechtsstreits noch die Möglichkeit dazu hat.

44Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass die zweite Frage offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, so dass sie zulässig ist.

Zur Beantwortung der Frage

45Nach einem zentralen Grundsatz des Mehrwertsteuersystems ist das Recht auf Abzug der für den Erwerb von Gegenständen oder Dienstleistungen auf der Eingangsstufe entrichteten Mehrwertsteuer nur gegeben, wenn die für diesen Erwerb getätigten Aufwendungen zu den Kostenelementen der auf der Ausgangsstufe besteuerten, zum Abzug berechtigenden Umsätze gehören (Urteil vom , MDDP, C-319/12, EU:C:2013:778, Rn. 41).

46Wie der Generalanwalt in den Nrn. 71 und 72 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, verstieße es gegen diesen Grundsatz, wenn einem steuerpflichtigen Wiederverkäufer, der für die Anwendung der Differenzbesteuerung nach Art. 316 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie optiert hat, gestattet würde, in dem in Art. 322 Buchst. b der Richtlinie genannten Fall die entrichtete Vorsteuer in Abzug zu bringen. Wird die Sonderregelung in Form der Differenzbesteuerung angewandt, ist nämlich die Steuerbemessungsgrundlage nach den Art. 315 und 317 der Mehrwertsteuerrichtlinie die von dem steuerpflichtigen Wiederverkäufer erzielte Differenz (Handelsspanne), abzüglich des Betrags der auf diese Spanne erhobenen Mehrwertsteuer. Unter diesen Umständen ist die bei der Kaufpreiszahlung entrichtete Mehrwertsteuer nicht in der Steuer auf den Verkauf enthalten und eröffnet somit kein Abzugsrecht.

47Daher bestimmt Art. 322 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie, dass der steuerpflichtige Wiederverkäufer die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer auf Kunstgegenstände, die ihm vom Urheber oder von dessen Rechtsnachfolgern geliefert werden, nicht von seiner Steuerschuld abziehen darf, sofern die Gegenstände für Lieferungen verwendet werden, die der Differenzbesteuerung unterliegen.

48Mit anderen Worten kann er bei einer solchen Lieferung nicht sowohl für die Anwendung der Differenzbesteuerung nach Art. 316 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie optieren als auch Anspruch auf einen Vorsteuerabzug erheben.

49Im vorliegenden Fall beruft sich Herr Mensing unmittelbar auf die in Art. 316 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Option, die in der nationalen Regelung, um die es im Ausgangsverfahren geht, für innergemeinschaftliche Lieferungen von Kunstgegenständen nicht vorgesehen ist. Daraus folgt, dass Herr Mensing nur unter den in der Richtlinie vorgesehenen Voraussetzungen in den Genuss der Differenzbesteuerung nach diesem Artikel kommen kann, d. h., wenn er für diese Lieferungen keinen Vorsteuerabzug geltend macht.

50Daher ist auf die zweite Frage zu antworten, dass ein steuerpflichtiger Wiederverkäufer nicht sowohl für die Anwendung der in Art. 316 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Differenzbesteuerung auf eine Lieferung von Kunstgegenständen, die er zuvor im Rahmen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung erworben hat, optieren als auch in Fällen, in denen ein Vorsteuerabzug nach Art. 322 Buchst. b der Richtlinie, der nicht in nationales Recht umgesetzt wurde, ausgeschlossen ist, Anspruch auf einen solchen Abzug erheben kann.

Kosten

51Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

1. Art. 316 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass ein steuerpflichtiger Wiederverkäufer für die Anwendung der Differenzbesteuerung auf eine Lieferung von Kunstgegenständen optieren kann, die er zuvor im Rahmen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung vom Urheber oder dessen Rechtsnachfolgern erworben hat, obwohl diese nicht zu den in Art. 314 der Richtlinie aufgeführten Personengruppen gehören.

2. Ein steuerpflichtiger Wiederverkäufer kann nicht sowohl für die Anwendung der in Art. 316 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 vorgesehenen Differenzbesteuerung auf eine Lieferung von Kunstgegenständen, die er zuvor im Rahmen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung erworben hat, optieren als auch in Fällen, in denen ein Vorsteuerabzug nach Art. 322 Buchst. b der Richtlinie, der nicht in nationales Recht umgesetzt wurde, ausgeschlossen ist, Anspruch auf einen solchen Abzug erheben.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
EAAAH-06813