(Anforderungen an einen Eröffnungsbeschluss)
Gesetze: § 76 Abs 1 GVG, § 76a Abs 3 StGB, § 154 Abs 2 StPO, § 206a StPO
Instanzenzug: Az: 770 Js 28834/ 16 - 4 KLs
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung unter Einbeziehung weiterer Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 4.497,06 Euro angeordnet. Die auf die Verletzung des materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Hinsichtlich der Tat II.2 der Urteilsgründe liegt kein wirksamer Eröffnungsbeschluss vor, weil die Entscheidung nicht in der gesetzlich bestimmten Besetzung getroffen worden ist. Dies führt zur Einstellung des Verfahrens gemäß § 206a StPO (vgl. , BGHSt 24, 208, 212).
3Nach § 76 Abs. 1 GVG beschließt die große Strafkammer die Eröffnung des Hauptverfahrens in der Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden; die Schöffen wirken an der Entscheidung nicht mit (§ 76 Abs. 1 Satz 2 GVG). Dagegen hat die Strafkammer verstoßen, indem sie das Hauptverfahren in der hinzuverbundenen Strafsache (Tat II.2 der Urteilsgründe) in der Hauptverhandlung wegen der Tat II.1 der Urteilsgründe in der dafür gemäß § 76 Abs. 2 Satz 4 GVG beschlossenen Besetzung mit zwei Richtern unter Mitwirkung der Schöffen eröffnet hat. Der Eröffnungsbeschluss ist daher unwirksam; das Verfahren ist insoweit einzustellen (vgl. , BGHSt 60, 248, 250).
4Die Entscheidung erübrigt sich nicht deshalb, weil die Strafkammer hinsichtlich der Tat in der Hauptverhandlung nach § 154 Abs. 2 StPO verfahren ist. Denn mangels wirksamer Eröffnungsentscheidung war diese Tat nicht Gegenstand des Hauptverfahrens. Die Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO ist daher unwirksam (vgl. für das Verfahrenshindernis einer unwirksamen Anklage , BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 13).
52. Die Verfahrenseinstellung führt zur Aufhebung der Einziehung des Wertes des Tatertrages, soweit die Strafkammer die Anordnung auf Tat II.2 der Urteilsgründe gestützt hat.
6Zwar ist es rechtlich zulässig, in der Hauptverhandlung vom subjektiven in das objektive Verfahren überzugehen, um bei einer Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO den Tatertrag gemäß § 76a Abs. 3 StGB selbständig einzuziehen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Tat überhaupt Gegenstand des Verfahrens ist. Dies war hier mangels wirksamer Eröffnung des Hauptverfahrens nicht der Fall.
7Es kommt daher nicht darauf an, dass – worauf der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zu Recht hinweist – es zudem an dem nach § 435 Abs. 1 Satz 1 StPO erforderlichen Antrag der Staatsanwaltschaft fehlt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 435 Rn. 19).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:050618B5STR133.18.0
Fundstelle(n):
QAAAH-04210