OFD Frankfurt/M. - S 2140 A – 4 – St 213

Verfügung betr. ertragsteuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen; Steuerstundung und Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen (§§ 163, 222, 227 AO)

Sanierungsbedürftigkeit bei Einzelunternehmen

Nach dem , BStBl 2014 II S. 572, kann bei einem Einzelunternehmer die Prüfung der Sanierungsbedürftigkeit nicht auf die Wirtschaftslage des Unternehmens beschränkt werden. Vielmehr ist auch die private Leistungsfähigkeit des Unternehmers einschließlich seines Privatvermögens zu beleuchten, da eine Krise im privaten Bereich eine Unternehmenskrise verstärken kann. Dies bedeutet, dass der Einzelunternehmer vorhandenes Privatvermögen zur Lösung der Unternehmenskrise einsetzen muss. Da Gläubiger des Einzelunternehmers unabhängig von der Zuordnung ihrer Forderungen sowohl auf das Betriebsvermögen wie auch auf das Privatvermögen Zugriff nehmen können, ist in die Prüfung der Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens außer dem positiven auch das überschuldete und ertraglose Privatvermögen einzubeziehen, das die Leistungsfähigkeit des Unternehmens beeinträchtigt und möglicherweise zur nachhaltigen Zahlungsunfähigkeit des Unternehmers führt.

Betriebsaufspaltung

Im Falle einer Betriebsaufspaltung ist für die Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen eines begünstigten Sanierungsgewinns beim Besitzunternehmen eine Gesamtbetrachtung von Besitz- und Betriebsunternehmen vorzunehmen, da nur aufgrund der personellen und sachlichen Verflechtung beim Besitzunternehmen gewerbliche Einkünfte erzielt werden.

Sanierungsabsicht

Sie ist im Allgemeinen zu bejahen, wenn sich mehrere Gläubiger am Erlass beteiligen. Höhere Anforderungen gelten für den Fall, dass nur ein Gläubiger seine Forderungen erlassen hat. In diesen Fällen ist die Sanierungsabsicht besonders darzulegen und zu prüfen.

Nach dem (Az. ) besteht keine Sanierungsabsicht, wenn lediglich der Hauptgläubiger im Rahmen einer Vergleichsvereinbarung seine Schulden erlässt, die Bank, gegenüber der nicht unerhebliche Verbindlichkeiten bestehen, dagegen nicht auf die Erfüllung ihrer Forderungen verzichtet und der Hauptgläubiger nach dem Schulderlass seine Geschäftsbeziehungen nicht fortführt und damit kein Interesse am Fortbestand des Schuldners zeigt.

Abzug von Sanierungskosten

Sanierungskosten sind solche Kosten, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Schulderlass der Gläubiger stehen, z. B. Rechts- und Beratungskosten. Es handelt sich dabei nach den allgemeinen Grundsätzen regelmäßig um Betriebsausgaben i. S. d. § 4 Abs. 4 EStG. Die Anwendung des § 3c Abs. 1 EStG auf diese Betriebsausgaben kommt nicht in Betracht, da es sich bei der Begünstigung der Sanierungsgewinne nicht um eine Steuerbefreiung, sondern eine sachliche Billigkeitsmaßnahme außerhalb des Steuerfestsetzungsverfahrens handelt. Im Rahmen der Ermittlung des Umfangs der zu gewährenden Billigkeitsmaßnahmen mindern die Sanierungskosten aber den Sanierungsgewinn, und zwar auch dann, wenn sie in einem anderen Veranlagungszeitraum entstanden sind als der Sanierungsgewinn.

Demnach ermittelt sich der begünstigte Sanierungsgewinn wie folgt:

Sanierungsgewinn

abzgl. Sanierungskosten

abzgl. laufende Verluste

abzgl. Verlustvortrag gem. § 10d Abs. 2 EStG

abzgl. Verlustrücktrag aus dem Folgejahr gem. § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG = verbleibender Sanierungsgewinn

abzgl. evtl. verbleibender Verlustvortrag (maximal bis zur Höhe des verbleibenden Sanierungsgewinns

abzgl. evtl. verbleibender Verlustrücktrag aus dem Folgejahr (maximal bis zur Höhe des nach der erweiterten Verlustverrechnung mit dem Verlustvortrag verbleibenden Sanierungsgewinns oder bis zur Höhe des verbleibenden Verlustrücktrags) = Sanierungsgewinn als Grundlage für die Ermittlung der Höhe der zu stundenden/erlassenden Steuer

Beispiel 1:

Im Jahr 01 fallen Sanierungskosten für die Erstellung des Sanierungsplans in Höhe von 90 000 € an, der laufende Verlust beträgt 50 000 €. Der verrechenbare Verlust zum beträgt 50 000 €. Im Jahr 02 wird ein laufender Gewinn von 410 000 € erzielt (darin enthalten Buchgewinne von 400 000 € aus dem Schulderlass), weitere Einkünfte liegen nicht vor. Im Jahr 02 ergibt sich kein Verlustrücktrag.


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Sanierungsgewinn (= Ertrag aus Schuldenerlass)
400 000 €
Abzgl.
Sanierungskosten (bei Nichtberücksichtigung des Sanierungssachverhalts ergäbe sich im Wirtschaftsjahr 01 ein „laufender Gewinn” von 40 000 €. Somit sind aus dem Jahr 01 40 000 € Sanierungskosten anzusetzen, da in Höhe der verbliebenen 50 000 € nicht ausgeglichene negative Einkünfte begründet werden, die sich über den Verlustvortrag bereits mindernd auf den Sanierungsgewinn auswirken)
40 000 €
Abzgl. laufende Verluste
0 €
Abzgl. Verlustvortrag gem. § 10d Abs. 2 EStG
50 000 €
Abzgl. Verlustrücktrag aus dem Folgejahr gem. § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG
0 €
Verbleibender Sanierungsgewinn
310 000 €
Abzgl. verbleibender Verlustvortrag
0 €
Abzgl. verbleibender Verlustrücktrag aus dem Folgejahr
0 €
Sanierungsgewinn i. S. d. (BStBl I S. 240)
310 000 €

Beispiel 2:

Im Jahr 01 wird ein Sanierungsgewinn in Höhe von 9 Mio. € erzielt. Der laufende Verlust beträgt (ohne den Sanierungsgewinn und unter Berücksichtigung von 100 000 € Sanierungskosten) 5 Mio €; zudem liegen noch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 1 Mio. € vor. Zum 31. 12. des Vorjahres ist ein Verlustvortrag von 3,5 Mio. € festgestellt worden. Im Jahr 02 verbleibt im Rahmen der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte ein Verlust (unter Berücksichtigung von 75 000 € Sanierungskosten) von 50 000 €.


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Sanierungsgewinn (= Ertrag aus Schulderlass)
9 000 000 €
Abzgl.
Sanierungskosten (aus dem Jahr 01: 0 €, da die Sanierungskosten in voller Höhe den Verlust aus der Einkunftsquelle erhöhen – dieser „Gesamtverlust” ist vorrangig mit dem Sanierungsgewinn zu verrechnen; aus dem Jahr 02: 25 000 €, da in Höhe von 50 000 € nicht ausgeglichene negative Einkünfte begründet werden, die sich über den Verlustrücktrag mindernd auf den Sanierungsgewinn auswirken)
25 000 €
Abzgl. laufende Verluste
5 000 000 €
Abzgl.
Verlustvortrag gem. § 10d Abs. 2 EStG (1 Mio. + 60 % von 4 Mio. € = 2,4 Mio. €)
3 400 000 €
Abzgl.
Verlustrücktrag aus dem Folgejahr gem. § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG
50 000 €
= verbleibender Sanierungsgewinn
525 000 €
Abzgl.
verbleibender Verlustvortrag
100 000 €
Abzgl.
verbleibender Verlustrücktrag aus dem Folgejahr
0 €
= Sanierungsgewinn i. S. d. (BStBl I S. 240)
425 000 €

Berechnung der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Einkommensteuer

Hierzu bitte ich Folgendes zu beachten:

Zunächst erfolgt eine vorrangige Verrechnung sämtlicher nach Maßgabe der Rn. 8 des vorstehenden BMF-Schreibens zur Verfügung stehender Verluste und negativer Einkünfte mit dem Sanierungsgewinn, und zwar unabhängig von Verlustausgleichs- und -verrechnungsbeschränkungen.

Die auf den danach noch verbleibenden Sanierungsgewinn entfallende Einkommensteuer ist nicht durch eine Verhältnisrechnung zu ermitteln, sondern durch Gegenüberstellung des Steuerbetrages, der sich unter Einbeziehung des verbleibenden Sanierungsgewinns ergibt, und des Steuerbetrages, der ohne Einbeziehung dieses Sanierungsgewinns anfällt.

Beispiel:
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Sanierungsgewinn (§ 15 EStG)
60 000 €
Lfd. Gewinn (§ 15 EStG)
20 000 €
Sonstige Einkünfte
70 000 €
Summe der Einkünfte
150 000 €
mit dem Sanierungsgewinn „verrechenbare Verluste” (z. B. vortragsfähiger Verlust nach § 10d EStG)
– 50 000 €
Einkünfte unter Berücksichtigung des um sämtliche Verluste gekürzten Sanierungsgewinns (60 000 – 50 000 + 20 000 + 70 000)
100 000 €
Einkünfte ohne Einbeziehung des um sämtliche Verluste gekürzten Sanierungsgewinns (20 000 + 70 000)
90 000 €

Die Differenz der auf der Grundlage der Beträge von 100 000 € und 90 000 € ermittelten Einkommensteuer stellt die auf den Sanierungsgewinn entfallende Steuer dar.

Sachliche Billigkeitsgründe

Des Weiteren ist zu beachten, dass es sich bei den Billigkeitsmaßnahmen zu Sanierungsgewinnen um solche aus sachlichen Gründen handelt und sie daher nicht davon abhängig sind, dass Zahlungstermine eingehalten und künftig fällig werdende Steuern pünktlich entrichtet werden. (Diese Voraussetzungen sind nur bei Billigkeitsmaßnahmen aus persönlichen Gründen unter dem Gesichtspunkt der Stundungs-/Erlasswürdigkeit zu prüfen.)

Ich bitte daher, die Stundungsverfügungen entsprechend abzuändern.

Forderungsverzicht durch GmbH-Gesellschafter

Bei einem Darlehensverzicht durch einen Gesellschafter liegt ein begünstigter Sanierungsgewinn nur dann vor, wenn der Verzicht eigenbetrieblich – und nicht gesellschaftsrechtlich – veranlasst ist. Von einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung ist auszugehen, wenn das Darlehen von vornherein als sogen. „Finanzplandarlehen” ausgereicht wurde.

Abweichend davon kann es sich im Falle eines sogen. Gläubigerakkords (auch unbeteiligte Dritte sprechen Darlehensverzichte aus oder leisten anderweitige Sanierungsbeiträge) unabhängig von der Art des Darlehens um einen begünstigten Sanierungsgewinn handeln, da sich der Gesellschafter in diesem Fall wie ein fremder Dritter verhält und sein Verzicht damit betrieblich veranlasst ist.

Auch wenn im Falle eines Gläubigerakkords Billigkeitsmaßnahmen für den Sanierungsgewinn gewährt wurden, können dennoch nachträgliche Anschaffungskosten nach § 17 EStG vorliegen, soweit die übrigen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.

Gewinne aus Dept-to-Equity-Swap-Gestaltungen

In diesen Fällen ist die Reduzierung der Verbindlichkeiten und zukünftigen Zinslast einer zu sanierenden Kapitalgesellschaft zunächst eine Kapitalherabsetzung und eine anschließende Kapitalerhöhung beabsichtigt. Zu diesem Zweck sollen die Gläubiger ihre Forderungen (teilweise) im Rahmen eines sogen. Dept-to-Equity-Swaps (Sachkapitalerhöhung in Form eines Schuldenerlasses) in (neues) Eigenkapital (Aktien, GmbH-Anteile) umwandeln. Die zu sanierende Kapitalgesellschaft wird in Höhe der Beträge, die Gegenstand dieses Dept-to-Equity-Swaps sind, von Verbindlichkeiten befreit. Hierdurch entsteht ein Buchgewinn in Höhe der erlassenen Verbindlichkeiten abzüglich des Nominalwerts der gewährten Gesellschaftsrechte. In der Vergangenheit war in solchen Fällen nach den allgemeinen Grundsätzen des vorstehenden BMF-Schreibens zu prüfen, ob es sich um begünstigte Sanierungsgewinne handelt.

In Fällen, in denen der Insolvenzantrag nach dem gestellt wurde/wird, besteht nach dem neuen § 225a Abs. 2 Satz 1 InsO die Möglichkeit, entsprechende Gestaltungen im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens abzuwickeln. Damit kann aufgrund des Insolvenzplans davon ausgegangen werden, dass ein begünstigter Sanierungsgewinn vorliegt.

Im Interesse der Gleichbehandlung sind auch außerhalb eines Insolvenzplanverfahrens entstehende Gewinne aus Dept-to-Equity-Swap-Gestaltungen als Sanierungsgewinne begünstigt, wenn die Gestaltungen den im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens zu beachtenden Regelungen entsprechen.

Übernahme von Versorgungsverpflichtungen durch einen Pensions-Sicherungs-Verein

Auf Bundesebene wurde der folgende Sachverhalt erörtert:

Im Rahmen eines außerordentlichen Vergleiches zur Abwendung eines Insolvenzverfahrens hat der Pensions-Sicherungs-Verein (PSVaG) auf Dauer die Erfüllung der laufenden Versorgungsleistungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Versorgungsempfängern übernommen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung – BetrAVG –). Im gleichen Zuge gingen die Rechte und Ansprüche der Versorgungsberechtigten auf den PSVaG über (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG). Diese auf ihn übergegangenen Forderungen erlässt der PSVaG dem Arbeitgeber im Rahmen des Vergleiches.

Es stellt sich die Frage, ob die Gewinnerhöhung, die sich beim Arbeitgeber aus dem Wegfall der bisher passivierten Versorgungsverpflichtungen ergibt, den Begriff des Schulderlasses i. S. d. Rz. 3 des vorstehenden BMF-Schreibens erfüllt. Dies ist aus folgenden Gründen zu bejahen:

Der PSVaG verzichtet auf eine Forderung, die er gegenüber dem Arbeitgeber innehat und auch geltend machen kann (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG). Dieser Forderungserlass ist nicht bereits gesetzlich geregelt bzw. Bestandteil der Insolvenzsicherung nach dem BetrAVG, sondern bedarf einer gesonderten Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und PSVaG, die als Erlassvertrag i. S. d. Rz. 3 des o. g. BMF-Schreibens anzusehen ist. Die Tatsache, dass die Versorgungsempfänger in diesem Zusammenhang kein Opfer erbringen, spielt hier keine Rolle, es kommt nur auf das maßgebliche Verhältnis PSVaG-Arbeitgeber an. Auch ist in den Beiträgen, die der Arbeitgeber an den PSVaG erbracht hat bzw. erbringt, keine Gegenleistung für den Schulderlass zu sehen, denn Ziel der gesetzlichen Insolvenzsicherung ist es nicht, die Firma im Insolvenzfall von Verpflichtungen zu befreien, sondern den Anspruch der Versorgungsberechtigten zu sichern. Nur hierfür werden die Beiträge gezahlt.

Verlustverrechnung

Zur Verlustverrechnung nach Rz. 8 des vorstehenden (BStBl I S. 240) bitte ich zu beachten, dass negative Einkünfte einer Einkunftsquelle des Steuerpflichtigen vorrangig mit einem Sanierungsgewinn desselben Steuerpflichtigen zu verrechnen sind. Erst ein danach eventuell verbleibender Verlust ist innerhalb der Einkunftsart zu verrechnen. Bei zusammenveranlagten Ehegatten ist lediglich ein (nach horizontalem und vertikalem Verlustausgleich) verbleibender Verlust des einen Ehegatten mit dem Sanierungsgewinn des anderen Ehegatten zu verrechnen.

Getrennte Veranlagung

Bei Ehegatten steht die Wahl der getrennten Veranlagung einer Billigkeitsmaßnahme nicht entgegen.

Zusammentreffen eines Sanierungsgewinns mit einem laufenden Gewinn

Hierbei ist die Verrechnung eines Verlustvortrages nach § 10d Abs. 2 EStG in einem ersten Schritt nach den Vorgaben des § 10d Abs. 2 EStG (Sockelbetrag von 1 Million zzgl. 60 % des 1 Million übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte) vorzunehmen, dieser Verlustvortrag vorrangig mit dem Sanierungsgewinn zu verrechnen und nur ein danach noch verbleibender steuerpflichtiger Sanierungsgewinn in einem zweiten Schritt über die Grenzen des § 10d Abs. 2 EStG hinaus mit einem ggf. noch bestehenden Verlustvortrag zu verrechnen. Soweit nach der Verrechnung mit dem Sanierungsgewinn noch Verlustvorträge nach § 10d EStG verbleiben, sind diese nur mit dem laufenden Gewinn zu verrechnen, soweit bei Anwendung des § 10d Abs. 2 EStG noch Verrechnungsvolumen verbleibt. Die Verrechnung des Sanierungsgewinns ist dabei auf die Beträge nach § 10d Abs. 2 EStG anzurechnen.

Beispiel:
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Verlustvortrag
18 000 000 €
 
 
Sanierungsgewinn
10 000 000 €
 
 
Laufender Gewinn
3 000 000 €
 
 
Berechnung
 
 
 
Gewinn (incl. Sanierungsgewinn)
 
13 000 000 €
 
Abzüglich Sockelbetrag
 
./. 1 000 000 €
1 000 000 €
Restlicher Gewinn
 
12 000 000 €
 
Davon 60 %
 
./. 7 200 000 €
+ 7 200 000 €
Verbleiben
 
4 800 000 €
 
Regulärer Verlustabzug
 
 
8 200 000 €
Zusätzlich bis zur Höhe des Sanierungsgewinns
 
./. 1 800 000 €
+ 1 800 000 €
z. v. E.
 
3 000 000 €
 
Gesamter Verlustabzug
 
 
10 000 000 €
Verbleibender Verlustvortrag
 
 
8 000 000 €

Erzielung eines Verlustes in dem auf das Sanierungsjahr folgenden Jahr

Wird in dem auf das Sanierungsjahr folgenden Jahr ein Verlust erzielt, der auf das Sanierungsjahr zurückzutragen ist, erfolgt der Verlustrücktrag grundsätzlich nach Maßgabe des § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG. Der Verlustrücktrag ist vorrangig auf den Sanierungsgewinn anzurechnen und in den Fällen, in denen noch ein steuerpflichtiger Sanierungsgewinn verbleibt, ein über die Grenzen des § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG hinausgehender Verlustrücktrag bis zur Höhe des Sanierungsgewinns vorzunehmen, soweit noch Rücktragsvolumen zur Verfügung steht.

War im Sanierungsjahr bereits eine über die Grenzen des § 10d EStG hinausgehende Verrechnung des Sanierungsgewinns mit Verlustvorträgen gewährt worden, so ist diese ganz oder teilweise rückgängig zu machen, wenn sich im Folgejahr ein Verlustrücktragsvolumen ergibt.

Soweit nach der Verrechnung des Sanierungsgewinns mit den laufenden Verlusten desselben Veranlagungszeitraums der Berücksichtigung der gesetzlichen Verlustvorträge nach § 10d Abs. 2 EStG und der gesetzlichen Verlustrückträge nach § 10d Abs. 1 EStG noch ein Sanierungsgewinn verbleibt, ist dieser über die Grenzen des § 10d EStG hinaus auf Grundlage von § 163 AO zuerst mit evtl. noch verbleibenden Verlustvorträgen und danach mit evtl. Verlusten aus dem Folgejahr, die die Grenzen des § 10d Abs. 1 EStG übersteigen, zu verrechnen. Ein Verlust aus dem übernächsten Veranlagungszeitraum ist nicht in den Veranlagungszeitraum, in dem ein Sanierungsgewinn erzielt wurde, zurückzutragen.

Verrechnung mit laufenden Verlusten und Veräußerungsverlusten

Eine Verrechnung von laufenden Verlusten mit Veräußerungsgewinnen ist erst nach der Verrechnung mit Sanierungsgewinnen vorzunehmen. Dieser Grundsatz gilt auch für die Verrechnung von Sanierungsgewinnen mit Veräußerungsverlusten.

Maßgebender Zeitpunkt

Die Voraussetzungen für eine Billigkeitsmaßnahme müssen im Zeitpunkt des Forderungsverzichts durch die Gläubiger und nicht im Zeitpunkt der Entscheidung der Finanzverwaltung über eine Billigkeitsmaßnahme vorliegen.

Zurechnung des Sanierungsgewinns bei Gesellschafterwechsel

Bei einem Wechsel der Gesellschafter einer Personengesellschaft ist der Ertrag aus einem Forderungsverzicht der Gesellschaftsgläubiger dem Neugesellschafter zuzurechnen, wenn nach den im konkreten Fall getroffenen Vereinbarungen der Neugesellschafter die betreffenden Verbindlichkeiten anstelle des Altgesellschafters wirtschaftlich tragen sollte. Ist vereinbart, dass der Neugesellschafter die betreffenden Verbindlichkeiten nicht wirtschaftlich tragen soll, so ist der entsprechende Ertrag dem Altgesellschafter zuzurechnen, der durch den Erlass der Schulden von seiner Haftung entbunden wird (, BStBl II S. 389).

Feststellungsverfahren

Die durch das Betriebsfinanzamt ermittelte Höhe des Sanierungsgewinns wird den Wohnsitzfinanzämtern nachrichtlich mitgeteilt (Kz. 14.147). Insoweit handelt es sich nicht um einen Grundlagenbescheid mit Bindungswirkung, sondern eine Form der Amtshilfe. Bei im Betriebsvermögen gehaltenen Beteiligungen an vermögensverwaltenden Personengesellschaften ist allerdings auch für die Ermittlung des Sanierungsgewinns das Wohnsitzfinanzamt zuständig. Die Rundverfügung – 02 – St 213 ist entsprechend anzuwenden.

Zuständigkeit für Billigkeitsmaßnahmen bei der GewSt

Aufgrund der Änderung des § 184 Abs. 1 Satz 1 AO durch das ZollkodexAnpG wird von Seiten der Steuerpflichtigen bzw. ihrer steuerlichen Berater auf der Grundlage des Schreibens des Hessischen Städtetags vom geltend gemacht, die Zuständigkeit für die Gewährung von Billigkeitsmaßnahmen bezüglich der Gewerbesteuer im Zusammenhang mit Sanierungsgewinnen sei von den Gemeinden auf die Finanzverwaltung übergegangen. Diese Rechtsauffassung teile ich nicht. Das Absehen von der Mindestgewinnbesteuerung stellt eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 Satz 2 AO dar, da eine Besteuerungsgrundlage (abzugsfähiger Verlust), die sich mindernd auf die Steuer auswirkt, zu einem früheren Zeitpunkt berücksichtigt wird. Die Änderung des § 184 Abs. 2 Satz 1 AO bezieht sich aber auf Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 Satz 1 AO. Darüber hinaus wirken Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 Satz 2 AO für den Gewerbesteuer-Messbetrag nur, wenn sie Auswirkung auf die gewerblichen Einkünfte haben (§ 184 Abs. 2 Satz 2 AO). Das ist bei § 10a GewStG nicht der Fall.

Um sicherzustellen, dass die Kommunen in Sanierungsfällen Stundungs- und Erlassmaßnahmen der Finanzverwaltung bei der Einkommen- oder Körperschaftsteuer auch bei der Erhebung der Gewerbesteuer nachvollziehen, wäre eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich oder mindestens ein entsprechendes Schreiben des BMF. Das vorstehende (BStBl I S. 240) bietet dafür keine Grundlage. Insbesondere verweist Rz. 14 auf die Zuständigkeit der Gemeinden für Billigkeitsmaßnahmen im Erhebungsverfahren.

Steuerermäßigung nach § 35 EStG

Nach Rn. 15 Satz 2 des vorstehenden BMF-Schreibens ist die Steuerermäßigung bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 35 EStG) entsprechend zu mindern, wenn die Gemeinde im Wege einer Billigkeitsmaßnahme auf die Gewerbesteuer verzichtet. Da die Steuerbegünstigung nach § 35 EStG auf die Höhe der tatsächlich gezahlten GewSt beschränkt ist, fällt diese Steuerbegünstigung nachträglich weg, wenn die Gemeinde die GewSt erlassen hat. Dadurch erhöht sich entsprechend die Einkommensteuer, die auf den Sanierungsgewinn entfällt. Auch dieser Differenzbetrag der Einkommensteuererhöhung fällt grundsätzlich unter die Regelung des BMF-Schreibens. In diesen Fällen ist ebenfalls die auf den Sanierungsgewinn entfallende Steuer durch die Gegenüberstellung des unter Einbeziehung des Sanierungsgewinns festgesetzten Steuerbetrags (ohne Steuerermäßigung nach § 35 EStG auf den Sanierungsgewinn) und des Steuerbetrags, der sich in der sogen. „Schattenveranlagung” ohne Einbeziehung des (nach Verrechnung mit sämtlichen Verlusten und negativen Einkünften) verbleibenden Sanierungsgewinns ergibt, zu ermitteln. Damit ist im Ergebnis der Differenzbetrag, der sich aus dem Wegfall der Steuerermäßigung nach § 35 EStG ergibt, ebenso zu erlassen.

OFD Frankfurt/M. v. - S 2140 A – 4 – St 213

Fundstelle(n):
EAAAH-02111