Online-Nachricht - Mittwoch, 05.12.2018

Umsatzsteuer | Mehrfache Inanspruchnahme des § 19 UStG (BFH)

Werden von mehreren Gesellschaften gegenüber nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfängern inhaltsgleiche Buchführungsleistungen deshalb nacheinander erbracht, um mehrfach die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen zu können, liegt eine zweckwidrige Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung vor, die zu ihrer Versagung führt (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin war in Form einer GmbH als Steuerberatungsgesellschaft tätig. Die Klägerin war an insgesamt sechs GmbH & Co. KGs (KGs) jeweils als Kommanditistin beteiligt. Die KGs erbrachten Leistungen, die bis zur Gründung der KGs inhaltsgleich von der Klägerin direkt an diese Kunden erbracht worden waren. Die KGs hatten keine eigenen Angestellten und keine eigenen sächlichen Aktiva. Die Entgelte der Kunden vereinnahmten die KGs jeweils auf eigene Rechnung. Das FA vertrat die Auffassung, dass die entsprechenden Umsätze der KGs der Klägerin zuzurechnen seien, da die Gestaltung, nach der die Leistungen auf die KGs ausgelagert und aufgrund Unterschreitung der Kleinunternehmergrenze nicht der Umsatz- und Gewerbesteuer unterworfen wurden, missbräuchlich sei. Das FG wies die hiergegen erhobene Klage als unbegründet ab.

Der BFH hat der Revision der Klägerin stattgegeben und die Sache an das FG zurückverwiesen:

  • Zu Unrecht hat das FG die Umsätze der KGs unter Berufung auf § 42 AO der Klägerin zugerechnet.

  • Bei der hier vorliegenden missbräuchlichen Gestaltung ist die Anwendung der Kleinunternehmerregelung im Wege der teleologischen Reduktion auf Grundlage einer unionsrechtskonformen Auslegung zu versagen, so dass den KGs trotz formaler Einhaltung der Umsatzgrenzen die Berufung auf § 19 UStG verwehrt ist. Der Anwendungsbereich des § 42 AO ist danach nicht eröffnet und die Vorentscheidung deshalb aufzuheben.

  • Der EuGH hat festgestellt, dass die Gewährung von Steuerfreiheit nur Kleinunternehmer fördern solle, nicht aber solche, die durch Aufsplittung ihrer Tätigkeit auf verschiedene Mitgliedstaaten quasi "unter dem Deckmantel" der jeweils geltenden Kleinunternehmerregelung tätig seien, auch wenn diese Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit den Umfang der Geschäftstätigkeit eines Kleinunternehmens objektiv überschreiten würden (, Schmelz).

  • Entsprechend soll die Kleinunternehmerregelung nur denjenigen Unternehmen zugutekommen, die auch tatsächlich in geringem Umfang wirtschaftlich tätig sind.

  • Mit der planmäßigen Aufspaltung und künstlichen Verlagerung von Umsätzen auf die KGs mit dem Ziel, so die Kleinunternehmergrenze jeweils nicht zu überschreiten, wird der Vereinfachungszweck des § 19 UStG verfehlt und die Kleinunternehmerregelung missbräuchlich in Anspruch genommen.

Hinweis:

Das FG wird im zweiten Rechtsgang noch fehlenden Feststellungen nachzuholen haben. Es hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob und in welchem Umfang die Klägerin Vorsteuer bezüglich der Eingangsleistungen zum Abzug gebracht hat, die auf die Überlassungen an die KGs entfallen.

Quelle: ; NWB Datenbank (Ls)

Fundstelle(n):
NWB SAAAH-01464