Online-Nachricht - Mittwoch, 17.10.2018

Verfahrensrecht | Vorlage vollständiger Kasseneinzeldaten (FG)

Die Betreiberin einer Apotheke ist verpflichtet, dem Finanzamt im Rahmen einer Außenprüfung die vollständigen Kasseneinzeldaten in elektronischer Form vorzulegen (; Revision nicht zugelassen).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Datenanforderung im Rahmen einer bei der Klägerin andauernden Außenprüfung, insbesondere über den Umfang der in § 147 Abs. 6 der Abgabenordnung (AO) in der bis zum gültigen Fassung (a.F.) geregelten Datenzugriffsrechte des Beklagten.

Die Klägerin betreibt eine Apotheke. Sie zeichnet sowohl den Warenein- als auch den Warenausgang mittels einer PC-Kasse auf und nutzt das Warenwirtschaftssystem „Prokas“ der Firma awinta GmbH. Ihren Gewinn ermittelt sie durch Betriebsvermögensvergleich.

Mit Verfügung v. forderte das FA die Vorlage der elektronischen Buchführung auf einem maschinell verwertbaren Datenträger einschließlich bestimmter Daten aus dem Warenwirtschaftssystem, u.a. die Einzeldaten aus dem Warenverkauf („steuerlich relevante Daten aus der Tabelle BP_Verkauf.csv. Hierbei handelt es sich um die im System einzeln aufgelisteten verkauften Waren, getrennt nach Umsatzsteuersätzen.“). Die Klägerin verweigert die Vorlage der Daten mit der Begründung, dass auch unter Berücksichtigung der sog. Apotheker-Urteile des BFH (, BStBl II 2015, 519 und ) die Datenanforderung unrechtmäßig sei.

Hierzu führten die Richter des FG Münster weiter aus:

  • Der Beklagte durfte die Klägerin zur Überlassung der Kassendaten in elektronischer Form auffordern, da diese zur Aufzeichnung der einzelnen Verkäufe sowie zur Aufbewahrung der Aufzeichnung verpflichtet war.

  • Der Beklagte darf daher im Rahmen der bei der Kläger stattfindenden Außenprüfung gemäß § 147 Abs. 6 Satz 2, 2. Alt i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 AO a.F. die mit Hilfe einer PC-Kasse erstellten Daten auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Prüfung anfordern.

  • Den §§ 143 ff. AO, insbesondere § 144 AO, kann nichts anderes entnommen werden.

  • Zwar könnte aus dem systematischen Zusammenhang des § 144 AO zu § 143 AO, der eine Aufzeichnungspflicht hinsichtlich des Wareneingangs für sämtliche gewerbliche Unternehmer begründet, geschlussfolgert werden, dass eine Aufzeichnungspflicht hinsichtlich des Warenverkaufs für "einfache" gewerbliche Unternehmer gerade nicht bestehen solle.

  • Allein aus diesem systematischen Grund auf eine Sperrwirkung des § 144 AO zu schließen, greift jedoch zu kurz. Im Rückgriff auf die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten des HGB kann eine unzulässige Umgehung von § 144 AO - auch unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks dieser Vorschrift - nicht gesehen werden.

  • Vielmehr bestehen die verschiedenen steuerlichen und außensteuerlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten unabhängig voneinander. Weder aus dem Wortlaut, noch der Systematik oder der Entstehungsgeschichte - insbesondere von § 144 AO - kann gefolgert werden, dass § 144 AO eine Sperrwirkung entfalte.

Hinweis:

Das Gericht hat die Revision nicht zugelassen. Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des FG Münster veröffentlicht.

Quelle: FG Münster online (il)

Fundstelle(n):
NWB GAAAG-97182