Online-Nachricht - Donnerstag, 04.10.2018

Mehrwertsteuer | Generelle Umkehrung der Steuerschuldnerschaft (Rat der EU)

Am hat der Rat einem Vorschlag zugestimmt, der befristete Ausnahmen von den normalen Mehrwertsteuer-Regeln vorsieht.

Hintergrund: Das sog. "Reverse-Charge"-Verfahren beinhaltet die Verlagerung der Mehrwertsteuerschuldnerschaft vom Lieferer bzw. Dienstleister auf den Erwerber. Die Kommission hat den Vorschlag im Dezember 2016 auf Ersuchen der besonders von Mehrwertsteuerbetrug betroffenen Mitgliedstaaten vorgelegt. Schwachstellen im Mehrwertsteuersystem machen die Mitgliedstaaten anfällig für Betrug, was manchmal ernste Folgen für die Staatshaushalte hat. Dies gilt insbesondere für grenzüberschreitende Umsätze. Eine häufige Betrugsform ist der "Karussell-" oder "Missing-Trader"-Betrug, bei dem Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen gekauft und weiterverkauft werden, ohne dass Mehrwertsteuer entrichtet wird. Das "Reverse-Charge"-Verfahren kann bereits vorübergehend, jedoch nicht generell angewandt werden. Nach den geltenden Vorschriften ist es auf eine im Voraus festgelegte Liste von Sektoren beschränkt.

Dank der vorgeschlagenen Richtlinie können die Mitgliedstaaten, die am stärksten von Mehrwertsteuerbetrug betroffen sind, eine befristete generelle Umkehrung der Mehrwertsteuerschuldnerschaft anwenden.

Voraussetzungen für die Anwendung der Richtlinie:

  • Die Mitgliedstaaten werden die generelle Umkehrung der Steuerschuldnerschaft nur auf inländische Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen oberhalb eines Schwellenwerts von 17 500 € je Umsatz, nur bis zum und unter sehr strengen technischen Voraussetzungen anwenden können.

  • Insbesondere muss in einem Mitgliedstaat, der diese Maßnahme anzuwenden wünscht, der Anteil des Karussellbetrug an der Mehrwertsteuerlücke 25 % betragen.

  • Dieser Mitgliedstaat muss unter anderem angemessene und effiziente elektronische Berichtspflichten für alle Steuerpflichtigen einrichten, insbesondere für diejenigen, auf die das Verfahren angewandt wird.

  • Die generelle Umkehrung der Mehrwertsteuerschuldnerschaft kann nur dann von einem Mitgliedstaat angewandt werden, wenn er die einschlägigen Kriterien erfüllt und wenn sein Antrag vom Rat genehmigt wurde. Die Anwendung dieser Maßnahme unterliegt zudem strengen Schutzvorkehrungen der EU.

Die Richtlinie wird eine kurzfristige Lösung für die Eindämmung von Betrug durch die am stärksten davon betroffenen Mitgliedstaaten bieten, solange die Beratungen über ein neues und endgültiges Mehrwertsteuersystem, bei dem Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen im Bestimmungsland besteuert würden, noch andauern. Die Kommission hat kürzlich die Vorschläge vorgelegt, die auf die Ersetzung der derzeitigen "übergangsweise geltenden" Mehrwertsteuerregelungen durch ein endgültiges Mehrwertsteuersystem abstellen.

Hinweis:

Auf einer Tagung des Rates "Wirtschaft und Finanzen" wurde eine Einigung erzielt. Die Richtlinie wird voraussichtlich ohne Aussprache angenommen, sobald das Europäische Parlament Stellung genommen hat.

Quelle: Rat der EU, Pressemitteilung v. 02.10.2018 (Ls)

Fundstelle(n):
NWB HAAAG-95994