OFD Karlsruhe - S 7104 I

Unternehmereigenschaft, Vorsteuerabzug und Bemessungsgrundlage bei Blockheizkraftwerken (Kraft-Wärme-Kopplung)

1. Unternehmereigenschaft

Wird die durch die Anlage erzeugte Elektrizität zumindest teilweise und nicht nur gelegentlich entgeltlich in das allgemeine Stromnetz eingespeist, wird damit die Unternehmereigenschaft des Betreibers begründet. Die Erzielung eines bestimmten Mindestumsatzes und die Produktion von ständigen Überschüssen ist für die Annahme der Unternehmereigenschaft nicht erforderlich (vgl. Abschn. 2.5 Abs. 1 UStAE).

1.1 Anlagen von juristischen Personen öffentlichen Rechts

Bei Blockheizkraftwerken von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (insbesondere Landkreise, Zweckverbände) ist bis zum zu prüfen, ob solche Anlagen im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art (§ 2 Abs. 3 UStG) betrieben werden. Sind klärgas- oder deponiegasbefeuerte Blockheizkraftwerke von Abwasser- oder Abfallbeseitigungsanlagen als Hoheitsbetriebe zu behandeln, fällt der Verkauf von Strom und Wärme in den Bereich der hoheitlichen Tätigkeit.

Nach den hierzu geltenden Grundsätzen des R 4.4 KStR und des (BStBl 2009 I, 1597) ist eine wirtschaftliche Tätigkeit im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art erst dann anzunehmen, wenn die veräußerte Elektrizität oder Wärme überwiegend aus Deponiegas von Abfällen gewonnen wird, zu deren Annahme die beseitigungspflichtige Körperschaft nach § 15 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz nicht verpflichtet ist (z. B. Gewerbemüll, Sondermüll). Bei der Abgrenzung ist in entsprechender Anwendung von R 4.5 Abs. 6 Satz 5 KStR vom Verhältnis des Brennwerts dieses Abfalls und des Brennwerts zugekaufter Brennstoffe (sog. Stützbefeuerung) zum Brennwert des beseitigungspflichtigen Abfalls (insbesondere Hausmüll) auszugehen.

Verwenden Blockheizkraftwerke bei der hoheitlichen Abwasserbeseitigung (§ 18a Wasserhaushaltsgesetz) anfallendes Klärgas zur Strom- und Wärmeerzeugung, ist ein Betrieb gewerblicher Art erst dann gegeben, wenn der Brennwert zugekaufter Brennstoffe höher ist als der Brennwert der Faulgase.

Unterliegen Blockheizkraftwerke als Betriebe gewerblicher Art der Umsatzsteuer, erstreckt sich der Unternehmensbereich nicht auf die Abgabe von Strom und Wärme an den Hoheitsbereich. Die Verwendung des Blockheizkraftwerks für hoheitliche und damit nichtwirtschaftliche Tätigkeiten i. e. S. führt spätestens ab zu einer entsprechenden Aufteilung des Vorsteuerabzugs (vgl. BStBl 2012 I, 60 und vom , BStBl 2012 I, 533 sowie Abschn. 2.3 Abs. 1a, 2.5 Abs. 11 Satz 3 und 15.2b Abs. 2 Satz 6 UStAE).

Die juristische Person öffentlichen Rechts konnte bis zum erklären, dass sie die bis zum geltenden Regelungen weiterhin – längstens bis zum  – anwenden will (§ 27 Abs. 22 Satz 3 UStG). In diesen Fällen gelten weiterhin die o. g. Ausführungen.

2. Umsätze

Da Blockheizkraftwerke sowohl elektrische als auch thermische Energie erzeugen, können sowohl durch die Lieferung oder Verwendung der erzeugten Elektrizität als auch der erzeugten Wärme Umsätze anfallen.

2.1 Verwendung der erzeugten Elektrizität

Die entgeltliche Abgabe des Stroms ist eine Lieferung. Bei der Lieferung an Netzbetreiber ist Entgelt die Einspeisevergütung. Wird die erzeugte Elektrizität dezentral verbraucht (sog. Direktverbrauch) und nach dem KWKG vergütet liegen zwei Lieferungen vor. Eine Lieferung des Anlagenbetreibers an den Netzbetreiber und eine gleichzeitige Rücklieferung des Netzbetreibers an den Anlagenbetreiber. Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage vgl. Abschn. 2.5 Abs. 18 UStAE.

2.2 Verwendung der erzeugten Wärme

Die entgeltliche Abgabe der Wärme ist eine Lieferung. Wird die Wärme an eine nahestehende Person geliefert, ist die Mindestbemessungsgrundlage anzusetzen (Abschn. 2.5 Abs. 23 UStAE).

Nutzt der Anlagenbetreiber die Wärme für unternehmensfremde Zwecke (z. B. Beheizung des eigen genutzten Einfamilienhauses) liegt eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG vor (Entnahme von Gegenständen). Bemessungsgrundlage ist grundsätzlich der Einkaufspreis oder die Selbstkosten

(Abschn. 2.5 Abs. 20 ff UStAE). Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Anlage sind dabei auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, die nach ertragsteuerlichen Grundsätzen anzusetzen ist, zu verteilen (Abschn. 2.5 Abs. 22 UStAE; ). Aus Vereinfachungsgründen ist es jedoch nicht zu beanstanden, wenn der Unternehmer die unentgeltliche Wärmeabgabe nach dem bundesweit einheitlichen durchschnittlichen Fernwärmepreis des jeweiligen Vorjahres auf Basis der jährlichen Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (sog. Energiedaten) bemisst (Abschn. 2.5 Abs. 22 Satz 8 UStAE).

Wird die Wärme für nichtwirtschaftliche Zwecke i. e. S. (z. B. Beheizung des Standesamtes) genutzt, ist zu unterscheiden, wann das Blockheizkraftwerk geliefert wurde. Für vor dem angeschaffte Blockheizkraftwerke, für die der Vorsteuerabzug in vollem Umfang beansprucht wurde, ist eine unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern (vgl. Tz. VI des o. g. . Wird das Blockheizkraftwerk erst nach bezogen, ist keine unentgeltliche Wertabgabe zu besteuern, weil insoweit der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist (vgl. Abschn. 15.2c Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a UStAE).

3. Zuordnung zum Unternehmen und Vorsteuerabzug

Wird die erzeugte elektrische und thermische Energie insgesamt unternehmerisch verwendet, ist die Anlage vollumfänglich Unternehmensvermögen.

Wird jedoch die erzeugte elektrische und thermische Energie auch für unternehmensfremde Zwecke genutzt (z. B. für das eigen genutzte Einfamilienhaus) und beträgt die unternehmerische Nutzung mindestens 10 % (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG), kann der Unternehmer bei Herstellung oder Anschaffung der Anlage diese insgesamt, im Umfang der unternehmerischen Nutzung oder gar nicht seinem Unternehmen zuordnen (Abschn. 15.2c Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b UStAE). Ein vollständiger Vorsteuerabzug für die Anlage kommt nur in Betracht, wenn sie insgesamt dem Unternehmen zugeordnet wird.

Die Verwendung für unternehmensfremde Zwecke führt bei Blockheizkraftwerken nicht zur Anwendung des § 15 Abs. 1b UStG (Abschn. 15.6a Abs. 3 Satz 3 UStAE). Bei Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs unterliegt die Entnahme der elektrischen oder thermischen Energie für unternehmensfremde Zwecke als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer.

Wird die Anlage nach dem angeschafft und teilweise für nicht wirtschaftliche Zwecke i. e. S. genutzt, kommt ein Vorsteuerabzug nur insoweit in Betracht, als sie für unternehmerische Zwecke verwendet wird.

Wird die erzeugte elektrische und thermische Energie teilweise für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen (§ 15 Abs. 2 UStG), ist die Vorsteuer aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und aus den laufenden Verbrauchskosten der Anlage nur zum Teil abzugsfähig. Eine Verwendung für Ausschlussumsätze liegt z. B. vor

  • bei der unmittelbaren Lieferung der erzeugten Wärme an den Mieter als Nebenleistung zu einer steuerfreien Grundstücksvermietung (Abschn. 4.12.1 Abs. 5 UStAE),

  • bei der Verwendung für eigene steuerfreie Umsätze (Arztpraxis, Krankenhaus, Pflegeheim) oder

  • der Verwendung für einen der Pauschalbesteuerung des § 24 UStG unterliegenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb.

Wird nur ein Teil der erzeugten elektrischen und thermischen Energie für Ausschlussumsätze verwendet, sind die Vorsteuern nach § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen (Abschn. 15.17 Abs. 3 UStAE).

Der ursprüngliche Vorsteuerabzug aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Anlage ist zu überwachen. Da es sich bei der Anlage um einen Gebäudebestandteil handelt, beträgt der Berichtigungszeitraums nach § 15a Abs. 1 UStG zehn Jahre ( BStBl 2010 II, 1086). Nutzungsänderungen, die zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs führen können, sind z. B.

4. Blockheizkraftwerke in Biogasanlagen

Zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Biogasanlagen vgl. ergänzend S 7410 Karte 5.

OFD Karlsruhe v. - S 7104 I

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
HAAAG-95232