Erwerb einer Eigentumswohnung im Bauherrenmodell mit Wiederverkaufsgarantie
Gesetze: EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) beteiligte sich mit Vertrag vom an einer von der A-KG (im Folgenden: KG) initiierten und betreuten Bauherrengemeinschaft (BHG), um für sich eine Wohnung und einen Tiefgaragenplatz zu errichten. Den Gesamtaufwand in Höhe von ... DM finanzierte er im Wesentlichen fremd. Das Gebäude wurde im September 1984 bezugsfertig. Ab Bezugsfertigkeit vermietete der Kläger seine Wohnung an die KG für fünf Jahre mit Verlängerungsoption. Die Wohnung ist bis heute nicht verkauft worden. Die aufgenommenen Darlehen sind inzwischen getilgt.
Im Rahmen einer Außenprüfung bei der BHG wurde eine an den Kläger adressierte Weiterverkaufsgarantie vom gefunden. Darauf erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) Änderungsbescheide. Dem Kläger wurden nunmehr mit Hinweis auf die fehlende Einkunftserzielungsabsicht keine Einkünfte aus diesem Objekt mehr zugerechnet. Der Einspruch blieb erfolglos.
Mit seiner Klage trug der Kläger vor, die Garantie sei ihm ohne Anforderung zugeschickt und nicht von ihm veranlasst worden. Hinzu komme, dass eine frühzeitige Veräußerung unwirtschaftlich und daher unwahrscheinlich gewesen sei. Überdies habe er etwa zwei Jahre später eine zweite Wohnung erworben, dabei sei ihm keine vergleichbare Zusage erteilt worden. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Zur Begründung seines Urteils führte es aus, es sei davon überzeugt, dass die Garantie für die Kaufentscheidung des Klägers bedeutsam gewesen sei und er sich damit die Möglichkeit eines Verkaufs innerhalb eines Zeitraums habe offen halten wollen, in dem es nicht zur Erzielung eines Totalüberschusses hätte kommen können. Die Tatsache der Nichtinanspruchnahme der Garantie könne ebenso wie das spätere Tilgungsverhalten des Klägers für die Beurteilung der Motivationslage beim Erwerb nicht maßgebend sein.
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Das FG habe unzutreffend unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger die Zusage nicht in Anspruch genommen habe. Überdies habe es nicht offen bleiben dürfen, ob der Kläger die Garantie bereits bei Vertragsschluss gekannt habe.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
1. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielt, wer ein Grundstück gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Grundstücks einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (vgl. , BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751). Dieser Entschluss muss endgültig gefasst sein (, BFHE 171, 45, BStBl II 1993, 658, m.w.N.). Die Absicht, einen Überschuss zu erzielen, fehlt dann, wenn der Steuerpflichtige sich noch nicht entschieden hat, ob er das Grundstück langfristig vermieten oder kurzfristig verkaufen will (BFH in BFHE 171, 45, BStBl II 1993, 658, und Urteil vom IX R 15/91, BFH/NV 1994, 301).
a) Als Indiz dafür hat der BFH die beim Erwerb getroffene Vereinbarung eines Rückkaufsrechts, einer Rückkaufgarantie oder —wie hier— einer Wiederverkaufsgarantie angesehen, wenn sie für den Zeitraum gilt, in dem planmäßig nur Werbungskostenüberschüsse erwirtschaftet werden und der vereinbarte Preis in etwa den Gesamtkosten entspricht oder sie sogar übersteigt (, BFHE 189, 428, BStBl II 2000, 67; vom IX R 17/96, BFHE 183, 142, BStBl II 1997, 650, und vom IX R 71/93, BFHE 175, 416, BStBl II 1995, 116). Die Absicht des Steuerpflichtigen, langfristig Überschüsse bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, kann aber wegen der Wiederverkaufsgarantie nur dann verneint werden, wenn erkennbar ist, dass der Steuerpflichtige bereits beim Erwerb des Objekts ernsthaft in Betracht gezogen hat, sich mit Rücksicht auf diese Garantie von dem Objekt wieder zu trennen (vgl. , BFHE 177, 95, BStBl II 1995, 462). Daraus folgt auch, dass der Steuerpflichtige die Garantie bei Abschluss der Verträge gekannt haben muss (, BFHE 176, 424, BStBl II 1995, 460). Die Feststellungslast liegt insoweit beim FA (BFH-Urteil in BFHE 176, 424, BStBl II 1995, 460).
b) Die Feststellung, ob der Steuerpflichtige die Absicht hatte, langfristig Einkünfte aus dem Objekt zu erzielen, hat das FG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu treffen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 177, 95, BStBl II 1995, 462, und in BFH/NV 1994, 301, zugleich zur revisionsrechtlichen Überprüfbarkeit). Es muss dabei auch spätere Ereignisse und Tatsachen im Rahmen seiner Gesamtwürdigung berücksichtigen (BFH-Beschlüsse vom IX S 10/98, BFH/NV 1999, 925, und vom IX B 97/93, BFHE 175, 541; BFH-Urteil in BFHE 183, 142, BStBl II 1997, 650). Dies hat der BFH ebenfalls bei der Prüfung des Fremdvergleichs hervorgehoben; danach kann für die Auslegung ursprünglich unklarer Vereinbarungen die spätere tatsächliche Übung der Parteien herangezogen werden (, BFHE 199, 380, BStBl II 2002, 699). Dem entspricht es, wenn man der Tatsache, dass der Erwerber von einer ihm eingeräumten Garantie (Wiederverkaufsgarantie oder Verkaufsgarantie) keinen Gebrauch gemacht hat und nach wie vor Eigentümer des bebauten Grundstücks ist, die Bedeutung eines Beweisanzeichens für eine von Anfang an bestehende Einkünfteerzielungsabsicht beimisst.
2. Nach diesen Maßstäben ist die Gesamtwürdigung des FG unvollständig, weil es die tatsächlichen Grundlagen des Beweisanzeichens im Hinblick auf die Wiederverkaufsgarantie nicht festgestellt und überdies nicht alle maßgeblichen Beweisanzeichen in seine Beurteilung einbezogen hat.
a) Das FG hat die Wiederverkaufsgarantie als für die Kaufentscheidung des Klägers bedeutsam gewertet. Es ist aus den Urteilsgründen aber nicht ersichtlich, ob der Kläger sie beim Abschluss des Vertrages am kannte. Das ist bereits deshalb zweifelhaft, weil diese Zusage erst am ausgestellt worden ist (vgl. dazu bereits BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 925).
b) Zwar ist das FG zutreffend davon ausgegangen, die hier vereinbarte Wiederverkaufsgarantie könne als gegen eine Einkünfteerzielungsabsicht sprechendes Indiz gewertet werden; denn sie bot insbesondere wegen der Zusatzvereinbarung einen Anreiz, die Wohnung wieder zu veräußern, bevor sie positive Einnahmeüberschüsse erbringt und ermöglichte es dem Kläger, sich unter Wahrnehmung der Steuervorteile ohne Vermögensverluste von der Immobilie zu trennen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 189, 428, BStBl II 2000, 67, zu 2., m.w.N.). Dies gilt aber nicht in allen Fällen. Denn eine derartige Garantie, für die —wie hier— der Kläger nichts aufzuwenden brauchte, kann den Steuerpflichtigen selbst dann interessieren, wenn er einen Verkauf nicht in Erwägung zieht. Sie bietet ihm eine gewisse Sicherheit, falls unvorhergesehene äußere Umstände ihn zu einer Änderung seines Entschlusses zwingen sollten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 142, BStBl II 1997, 650).
c) Das FG hat ferner unzutreffend den Umstand als für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht nicht maßgebend angesehen, dass der Kläger die vertraglich vereinbarte Zusage tatsächlich nicht in Anspruch genommen hat. Es hätte indes im Rahmen seiner Gesamtwürdigung nach den oben unter 1. b aufgeführten Grundsätzen auch in Erwägung ziehen müssen, dass der Kläger die Wohnung bis heute noch nicht veräußert hat. Dieser Umstand kann als Beweisanzeichen für eine von Anfang an bestehende Einkünfteerzielungsabsicht sprechen. Zwar ist denkbar, dass der Kläger sich erst später dazu entschieden hat, seine Wohnung anders als ursprünglich beabsichtigt zu behalten. Allein diese Möglichkeit schließt es jedoch entgegen der Auffassung des FG nicht von vornherein aus, die Tatsache, dass der Kläger die ihm eingeräumte Garantie tatsächlich nicht ausgeübt hat, im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen. Das FG hätte in diesem Zusammenhang den vom Zeugen bestätigten Vortrag des Klägers nicht dahingestellt lassen dürfen, er habe die Wohnung, um die es geht, wie auch eine weitere, zwei Jahre später angeschaffte Wohnung zum Zwecke der Alterssicherung erworben.
3. Die Vorentscheidung ist aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das Revisionsgericht kann die Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht, die eine Würdigung aller Beweisanzeichen bedeutet, nicht selbst vornehmen. Das FG hat daher im zweiten Rechtsgang die Einkünfteerzielungsabsicht insgesamt erneut zu beurteilen.
Da die Sache zurückverwiesen wird, erübrigt sich eine Entscheidung zu den geltend gemachten Verfahrensfehlern.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 1168
BFH/NV 2003 S. 1168 Nr. 9
RAAAA-71550