BGH Beschluss v. - IX ZB 78/17

Versagung der Restschuldbefreiung bei Verheimlichung von in Treuhandperiode fallender Einkünfte

Gesetze: § 290 InsO vom , § 295 Abs 1 Nr 3 InsO vom , § 296 Abs 1 InsO vom , Art 103h EGInsO vom

Instanzenzug: LG Augsburg Az: 71 T 3436/17vorgehend AG Augsburg Az: 1 IK 666/14

Gründe

I.

1Auf einen am eingegangenen Antrag eröffnete das Insolvenzgericht mit Beschluss vom das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und ernannte den weiteren Beteiligten zu 1 zum Treuhänder. Auf Antrag der Schuldnerin stellte das Insolvenzgericht mit Beschluss vom fest, dass die Schuldnerin Restschuldbefreiung erlangt, wenn sie während der Laufzeit der Abtretungserklärung, also ab Aufhebung des Insolvenzverfahrens, den Obliegenheiten nach § 295 InsO nachkommt und die Voraussetzungen für eine Versagung nach § 297 InsO oder § 298 InsO nicht vorliegen. Mit Beschluss vom hob das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren auf.

2Mit Schreiben vom beantragte die weitere Beteiligte zu 2, die Restschuldbefreiung zu versagen. Sie machte geltend, dass der Ehemann der Schuldnerin mindestens seit Januar 2015 neben seiner Rente monatliche Einkünfte in Höhe von 450 € erzielt habe. Die Schuldnerin habe nur die Renteneinkünfte ihres Ehemannes angegeben, jedoch die zusätzlichen monatlichen Einkünfte ihres Ehemannes vorsätzlich verschwiegen. Daher sei der Ehemann bei der Berechnung des pfändbaren Teils des Einkommens der Schuldnerin als unterhaltsberechtigte Person berücksichtigt worden. Dies habe dazu geführt, dass die Schuldnerin einen zu geringen Teil ihres Einkommens zur Masse abgeführt habe. Auf Anforderung des weiteren Beteiligten zu 1 zahlte die Schuldnerin daraufhin 3.147,12 € für das Jahr 2016 als weiteren pfändbaren Teil ihres Einkommens an den weiteren Beteiligten zu 1.

3Das Insolvenzgericht hat den Antrag der weiteren Beteiligten zu 2 auf Versagung der Restschuldbefreiung zurückgewiesen. Der dagegen eingelegten sofortigen Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 hat das Insolvenzgericht abgeholfen und der Schuldnerin die angekündigte Restschuldbefreiung versagt. Das Landgericht - Einzelrichter - hat die sofortige Beschwerde der Schuldnerin zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde erstrebt die Schuldnerin die Zurückweisung des Antrags.

II.

4Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, §§ 6, 289 Abs. 2 Satz 1 InsO aF) und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

5Entscheidet der originäre Einzelrichter - wie hier - in einer Sache, der er rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimisst, über die Beschwerde und lässt er die Rechtsbeschwerde zu, so ist die Zulassung wirksam. Auf die Rechtsbeschwerde unterliegt die Entscheidung jedoch wegen der fehlerhaften Besetzung des Beschwerdegerichts der Aufhebung von Amts wegen, weil der Einzelrichter über die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) nicht selbst entscheiden durfte, sondern das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer hätte übertragen müssen. Dem originären Einzelrichter nach § 568 ZPO ist die Entscheidung von Rechtssachen grundsätzlicher Bedeutung schlechthin versagt (, NJW 2012, 3518 Rn. 4 mwN). Bejaht er mit der Zulassungsentscheidung zugleich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (, BGHZ 154, 200, 201 ff; vom - IX ZB 298/11, ZInsO 2012, 1439 Rn. 3; vom - IX ZB 56/13, ZInsO 2015, 108 Rn. 4; vom - IX ZB 93/12, ZInsO 2015, 1103 Rn. 4).

6Die Zurückverweisung gibt dem Beschwerdegericht Gelegenheit, sich mit den von der Rechtsbeschwerde gegen die tatsächlichen Feststellungen erhobenen Einwendungen auseinanderzusetzen. Die Frage, ob dem Schuldner Restschuldbefreiung zu versagen ist, richtet sich nach den bis zum geltenden Vorschriften (Art. 103h Satz 1 EGInsO). Nach diesen Vorschriften scheidet eine Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 InsO aF aus, wenn kein Gläubiger im Schlusstermin einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt hat (, WM 2003, 980, 981; vom - IX ZB 103/05, ZInsO 2006, 647 Rn. 6; vom - IX ZB 34/08, NZI 2009, 66 Rn. 10). Ebenso wenig käme ein Widerruf der Restschuldbefreiung wegen Vorliegens von Versagungsgründen nach § 290 InsO aF in Betracht, die dem Gläubiger erst nach Erteilung der Restschuldbefreiung bekannt geworden sind (, ZInsO 2016, 2097 Rn. 8, 16 f mwN).

7Das Beschwerdegericht wird daher zu prüfen haben, ob eine Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 296 Abs. 1 InsO aF in Betracht kommt. Dabei weist der Senat darauf hin, dass für einen Verstoß gegen § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO aF allein erheblich ist, ob in die Treuhandperiode fallende Einkünfte verheimlicht werden. Der Begriff des Verheimlichens geht über denjenigen des schlichten Verschweigens hinaus (, ZInsO 2009, 2212 Rn. 11; vom - IX ZB 168/09, WM 2011, 660 Rn. 8). Eine Pflicht, den Treuhänder unaufgefordert über einen höheren ausgezahlten Lohn oder über die Einkünfte eines Unterhaltsberechtigten zu unterrichten, enthält § 295 Abs. 1 InsO nicht ( aaO Rn. 11, 14 ff). Ob der Sachverhalt nach diesen Maßstäben die Anforderungen an ein Verheimlichen auch der Einkünfte in der Treuhandperiode erfüllt, hat der Tatrichter zu entscheiden.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:120718BIXZB78.17.0

Fundstelle(n):
UAAAG-94717