BFH Beschluss v. - VIII B 147/02

Rüge eines Verfahrensfehlers wegen Übergehens eines Beweisantrags

Gesetze: FGO § 96

Gründe

1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Klägern) gerügten Verfahrensfehler liegen nicht vor. Das Finanzgericht (FG) hat § 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht verletzt. Es hat auch nicht dadurch verfahrensfehlerhaft gehandelt, dass es Beweisanträge der Kläger übergangen hat. Die Kläger haben ihr Rügerecht infolge Verzichts verloren.

a) Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist dann gegeben, wenn das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde legt, der dem schriftlich festgehaltenen Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht, oder der eine nach den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt lässt (, BFH/NV 2002, 947). Das war hier nicht der Fall.

Das FG hat das Vorbringen der Kläger zur Kenntnis genommen. Es hat die wesentlichen Gesichtspunkte im Tatbestand seiner Entscheidung angesprochen. Es hat in dem Urteil insbesondere dargestellt, wie sich der Sachverhalt aus der Sicht der Kläger darstellt. Hierbei hat es auch die ab dem Frühjahr 1997 erfolgten Verkaufsbemühungen erwähnt und Ausführungen dazu gemacht, welche Bedeutung die im Kaufvertrag vom ... Juni 1998 vereinbarte Steuerklausel aus der Sicht der Kläger hatte. Das FG hat in seinem Urteil zudem das im klägerischen Schriftsatz vom ... November 2001 erwähnte Schreiben an die X-Zeitung angesprochen. Es hat dieses Schreiben zwar in zeitlicher Hinsicht falsch zugeordnet; da in ihm die genauen Modalitäten des geplanten Ausscheidens des Klägers aber nicht genannt sind, stand es der Annahme des FG nicht entgegen, der Kläger habe einen fließenden Übergang in der Unternehmensnachfolge geplant. Soweit die Kläger geltend machen, das FG hätte unter Berücksichtigung des Akteninhalts und des Vorbringens der Beteiligten nicht zu dieser Schlussfolgerung kommen dürfen, rügen sie eine unzutreffende Würdigung des Sachverhalts. Insoweit handelt es sich aber um die Rüge eines materiell-rechtlichen Fehlers, der einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht begründet (, BFH/NV 2002, 1331, und Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 81 f., m.w.N.).

b) Das FG hat auch nicht dadurch gegen die Sachaufklärungspflicht und gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen, dass es den schriftsätzlich angebotenen Beweisen nicht nachgegangen ist.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass es sich bei dem Übergehen eines Beweisantrags um einen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften handelt, auf deren Einhaltung gemäß § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung (ZPO) verzichtet werden kann (, BFH/NV 2003, 326, m.w.N.). Ein Verfahrensfehler liegt deshalb nur dann vor, wenn ein sachkundig vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung das Übergehen des Beweisantrags gerügt hat oder eine solche Rüge nicht möglich war.

Die Prozessbevollmächtigten der Kläger haben eine solche Rüge in der mündlichen Verhandlung nicht ausgesprochen, obwohl für sie aufgrund der unterbliebenen Ladung des Klägers und der angebotenen Zeugin erkennbar sein musste, das FG werde die angebotenen Beweise nicht erheben.

Auch mussten sie damit rechnen, dass das FG Zweifel am Vorliegen eines bereits im Jahr 1997 gefassten endgültigen Entschlusses zur Aufgabe des Mitunternehmeranteils haben werde. Auf solche Zweifel des Gerichts weisen die Prozessbevollmächtigten der Kläger in ihrem Schriftsatz vom ... November 2001 selbst hin. Sie konnten nicht aufgrund der mit diesem Schriftsatz vorgelegten weiteren Unterlagen darauf vertrauen, solche Zweifel seien behoben, sofern das Gericht nicht einen gegenteiligen rechtlichen Hinweis gibt (BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 947).

2. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.

Fundstelle(n):
OAAAA-71188