BFH Urteil v. - VI R 54/01

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden zu den Streitjahren 1995 bis 1997 als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung wurde festgestellt, dass der Reiseveranstalter G-GmbH, dessen Geschäftsführer der Kläger war, diesem Mitte 1995 zur teilweisen Finanzierung einer Eigentumswohnung ein Darlehen über 250 000 DM gewährt hatte. Das mit 5 v.H. zum Jahresende zu verzinsende Darlehen sollte in 5 Jahresraten, beginnend ab Juli 1996, zurückgezahlt werden. Die Darlehenssumme betrug Ende 1995 225 000 DM und Ende 1996 175 000 DM. Aufgrund einer entsprechenden Kontrollmitteilung erließ das Wohnsitz-Finanzamt, der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) geänderte Bescheide, in denen zusätzlicher Arbeitslohn in Höhe von 1 250 DM (1995), 2 250 DM (1996) und 1 750 DM (1997) angesetzt wurde, weil von einem Zinsvorteil von (6 v.H. ./. der gezahlten 5 v.H. =) 1 v.H. auszugehen sei.

Mit dem Einspruch trugen die Kläger vor, ein als geldwerter Vorteil zu erfassender Arbeitslohn sei nicht höher anzusetzen, als dies im Bereich der Verzinsung von Geschäftsführer-Verrechungskonten bei der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) geschehe. Nach der Rechtsprechung sei dabei von den bei Drei-Monats-Festgeldern möglichen Zinssätzen auszugehen. Der Arbeitgeber des Klägers habe in den Streitjahren Festgeldkonten unterhalten, deren Verzinsung 3,5 v.H. betragen habe. Der Zinssatz für Immobilienkredite mit fünfjähriger Laufzeit habe unter 6 v.H. gelegen, wobei zu berücksichtigen sei, dass der Arbeitgeber keine Bankgeschäfte tätige. Insoweit könne ein Mittelwert zwischen dem Soll- und Habenzinssatz angesetzt werden. Von diesem Wert sei auch der Arbeitgeber ausgegangen. Außerdem sei ein ggf. erfassbarer geldwerter Vorteil nach § 52 Abs. 2 Buchst. h des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. vom insoweit steuerfrei.

Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) teilweise statt, indem es den Vorteil 1995 von 1 250 DM auf 228 DM und 1997 von 1 750 DM auf 1 265 DM ermäßigte. Für 1996 wurde die Klage abgewiesen, weil der errechnete Vorteil von 2 312 DM zu einer Verböserung geführt hätte.

Das FG führte aus, der zu ermittelnde geldwerte Vorteil sei nicht nach § 52 Abs. 2 Buchst. h EStG befreit gewesen, weil diese Vorschrift nur für Darlehen gegolten habe, die vor 1989 vergeben wurden. Es seien auch nicht die zur Berechnung einer vGA entwickelten Grundsätze heranzuziehen, weil die Regelung des § 8 EStG insofern abschließend sei. Allerdings habe das FA den Zinsvorteil zu Unrecht nach Abs. 2 statt Abs. 3 dieser Vorschrift ermittelt. Das Tatbestandsmerkmal ”fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet” beziehe sich nicht auf die Voraussetzungen, sondern nur auf die Rechtsfolgen von § 8 Abs. 3 EStG. Daher reiche es aus, wenn eine Dienstleistung —darunter sei auch eine Darlehensgewährung zu verstehen— vom Arbeitgeber selbst stamme. Da der Kläger den Kredit für eine Immobilienfinanzierung erhalten habe, sei auf den Zinssatz abzustellen, den Geschäftsbanken im Juli 1995 für einen Hypothekarkredit mit einem Festzins für 5 Jahre verlangt hätten. Dieser könne mit dem im Monatsbericht der Deutschen Bundesbank für Juli 1995 veröffentlichten Durchschnittszins von 7,39 v.H. angesetzt werden. Unter Ansatz dieses Zinssatzes, sowie eines Bewertungsabschlags von 4 v.H. vom Angebotspreis und des Rabattfreibetrags von jeweils 2 400 DM errechnete das FG die oben wiedergegebenen Werte.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 8 Abs. 3 EStG. Der geldwerte Vorteil sei nach § 8 Abs. 2 EStG zu bewerten gewesen, da die Gewährung von Darlehen nicht zur Geschäftstätigkeit des Arbeitgebers, eines Reiseveranstalters, gehört habe und von diesem am Markt nicht angeboten worden sei. Hiervon sei sowohl nach der Rechtsprechung (, BFHE 175, 567, BStBl II 1995, 338), als auch der Verwaltungsauffassung (, BStBl I 1995, 273) auszugehen. Aus der Nichtaufnahme einer im Vorfeld der Gesetzgebung diskutierten Konzernklausel sei zu folgern, dass Rabatte nur auf solche Produkte begünstigt sein sollten, mit denen der Arbeitgeber am Markt erscheint (, BFHE 170, 190, BStBl II 1993, 376). Diese Auslegung entspreche auch der amtlichen Gesetzesbegründung.

Das FA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.

Die Kläger haben sich nicht geäußert.

Die Revision, die offensichtlich nur zu den Jahren 1995 und 1997 eingelegt worden ist, weil das Urteil des FG zum Jahr 1996 rechtskräftig geworden ist, führt insofern zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.

1. Das FG hat zutreffend entschieden, dass der aus der Gewährung eines zinsverbilligten Arbeitgeberdarlehens entstehende Vorteil für die Beschäftigung (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG) zu Einnahmen führt, die nach § 8 EStG zu bewerten sind. Dabei sind die Grundsätze, die zur vGA bei einer durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Vermögensminderung einer Kapitalgesellschaft entwickelt worden sind, wenn die Gesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer ein zinsloses Darlehen gewährt, nicht anwendbar. Dem FG ist auch darin zu folgen, dass im Streitfall § 52 Abs. 2 Buchst. b EStG 1995 (§ 52 Abs. 2 Buchst. h EStG 1997) nicht zum Zuge kommt (vgl. , BFH/NV 2001, 35).

2. Demgegenüber ist entgegen der Ansicht des FG § 8 Abs. 3 EStG nicht anwendbar, wenn Rabatte auf solche Leistungen gewährt werden, die der Arbeitgeber —außer an die Belegschaft— sonst nicht herstellt, vertreibt oder erbringt, d.h. mit denen der Arbeitgeber nicht am Marktgeschehen teilnimmt. Zur Begründung im Einzelnen wird auf das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil vom heutigen Tage VI R 164/01 verwiesen. Rabatte auf solche Leistungen sind vielmehr nach § 8 Abs. 2 EStG zu bewerten.

3. Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, hat der Arbeitgeber des Klägers als Reiseveranstalter an andere Personen als seine Arbeitnehmer keine Kredite vergeben. Sollte der Arbeitgeber, wie der Kläger vorträgt, Festgeldkonten unterhalten haben, beinhaltete dies zwar eine Kapitalnutzung. Eine solche ist aber nicht mit der Vergabe von Krediten der hier zu beurteilenden Art vergleichbar. Deswegen hat das FA den Zinsvorteil zu Recht nach § 8 Abs. 2 EStG ermittelt. Da der danach maßgebliche übliche Endpreis am Abgabeort unstreitig den vom FA zugrunde gelegten Marktzins von 6 v.H. nicht unterschreitet, ist die Sache entscheidungsreif.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 305
BFH/NV 2003 S. 305 Nr. 3
LAAAA-70849