Online-Nachricht - Mittwoch, 11.07.2018

Verfahrensrecht | Wirtschaftliches Eigentum an einem Mitunternehmeranteil (BFH)

Dem Erwerber eines Anteils an einer Personengesellschaft kann die Mitunternehmerstellung bereits vor der zivilrechtlichen Übertragung des Gesellschaftsanteils zuzurechnen sein. Voraussetzung dafür ist, dass der Erwerber rechtsgeschäftlich eine auf den Erwerb des Gesellschaftsanteils gerichtete, rechtlich geschützte Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann, und Mitunternehmerrisiko sowie Mitunternehmerinitiative vollständig auf ihn übergegangen sind (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Kommanditisten der A-KG waren u.a. die B-KG, D und E. Mit notariell beurkundetem Vertrag v. (Anteilsveräußerungsvertrag) erwarb die K-AG "zeitversetzt" sämtliche Kommanditanteile der A-KG und sämtliche Geschäftsanteile der Komplementär-GmbH. In einem ersten Schritt erwarb die K-AG Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises 75 % des Kommanditkapitals der A-KG (Übergangsstichtag I). Die restlichen Kommanditanteile in Höhe von 25 % des Kommanditkapitals der A-KG gingen zum über (Übergangsstichtag II).

Mit dem unter VdN ergangenen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2000 stellte das FA für die A-KG erklärungsgemäß Gewinne aus der Veräußerung der Mitunternehmeranteile fest. Dabei wurde die Veräußerung der Beteiligungen in vollem Umfang bereits als im Streitjahr vollzogen angesehen. Hiergegen legten die B-KG, D und E Einspruch u.a. mit der Begründung ein, dass bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns für das Jahr 2000 von einer Veräußerung von nur 75 % der Anteile auszugehen sei.

Die Richter des BFH führten hierzu u.a. Folgendes aus:

  • Die von der B-KG, D und E erzielten Gewinne aus der Veräußerung ihrer Mitunternehmeranteile an der A-KG sind bereits im Rahmen der Gewinnfeststellung für das Streitjahr vollständig als Veräußerungsgewinne i.S. von § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu erfassen.

  • Denn alle drei ehemaligen Kommanditisten der A-KG haben bereits im Streitjahr nicht nur das Eigentum an ihren Mitunternehmeranteilen zu 75 %, sondern darüber hinaus das wirtschaftliche Eigentum an den restlichen 25 % ihrer Mitunternehmeranteile an die K-AG übertragen.

    • Der Veräußerungsgewinn ist bei Veräußerung eines gesamten Mitunternehmeranteils auch dann im Kalenderjahr des Ausscheidens des Mitunternehmers zu erfassen, wenn die Mitunternehmerschaft (wie im Streitfall die A-KG) ihren Gewinn für ein abweichendes Wirtschaftsjahr (bei der A-KG die Zeit v. 01.10. bis 30.09.) ermittelt, denn § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG ist auf den ausscheidenden Mitunternehmer nicht anwendbar.

    • Der Zeitpunkt der Veräußerung eines gesamten Mitunternehmeranteils ist deshalb spätestens in dem Kalenderjahr anzunehmen, in dem der Erwerber in die Lage versetzt wird, den zivilrechtlichen Gesellschafter wirtschaftlich auf Dauer aus dessen Stellung zu verdrängen.

  • Nach diesen Maßstäben ist die Würdigung des FG, dass die K-AG bereits im Laufe des Streitjahrs in der Lage gewesen sei, die B-KG, D und E (auch) hinsichtlich der streitbefangenen, ihnen die verbleibenden 25 % ihrer ursprünglichen Kommanditanteile aus ihrer insoweit noch fortbestehenden Stellung als zivilrechtliche Gesellschafter vollständig zu verdrängen, und damit wirtschaftliche Eigentümerin (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO) der streitbefangenen Anteile geworden sei, im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

    • Das Mitunternehmerrisiko ist bereits im Streitjahr auf die Erwerberin übergegangen, denn die Altgesellschafter, darunter die B-KG, D und E, hatten ihre vollständigen Gewinnansprüche schon im Streitjahr wirksam für die Zeit ab dem an die Erwerberin abgetreten und waren von diesem Zeitpunkt an nicht mehr an künftigen wirtschaftlichen Chancen und Risiken der A-KG beteiligt.

    • Die Altgesellschafter konnten über den Übergangsstichtag I hinaus in der A-KG auch keine Mitunternehmerinitiative mehr entwickeln. Vielmehr hat die K-AG als Erwerberin auch hinsichtlich der zivilrechtlich über den Übergangsstichtag I hinaus fortbestehenden Kommanditanteile der Altgesellschafter an deren Stelle Mitunternehmerinitiative entfaltet.

    • Zwar standen den Veräußerern über den Übergangsstichtag I hinaus die ihren reduzierten Anteilen entsprechenden Mitwirkungsrechte in der A-KG und der Komplementär-GmbH zu. Diese konnten jedoch faktisch nur noch zugunsten der K-AG ausgeübt werden.

Quelle: ; NWB Datenbank (Ls)

Fundstelle(n):
NWB MAAAG-88513