Online-Nachricht - Montag, 04.06.2018

Einkommensteuer | Kindergeldanspruch bei fiktiver unbeschränkter Steuerpflicht (BFH)

Bei Gewerbetreibenden, die ohne Wohnsitz und ohne gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nur monatsweise tätig sind und antragsgemäß als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden, besteht der Anspruch auf Kindergeld für die Monate, in denen sie ihre inländische Tätigkeit ausüben. Es kommt bei den Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit für die gebotene monatsweise Betrachtung nicht auf den Zufluss von Einnahmen an (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Im Streitfall lebte der polnische Kläger mit seiner Familie in Polen. In Deutschland war er monatsweise selbständig im Baugewerbe tätig. Für das Jahr 2012 beanspruchte der Kläger u.a. für den Monat Mai Kindergeld. In dieser Zeit arbeitete er auf einer Baustelle und erzielte gewerbliche Einkünfte. Das Entgelt erhielt er hierfür erst im August 2012. Aus diesem Grund war die Familienkasse der Ansicht, dass das Kindergeld nur für diesen Monat zu berücksichtigen sei. Allerdings hatte die Familienkasse das Kindergeld für den August bereits aus anderen Gründen gewährt. Der Kläger wandte sich dagegen und erstritt vor dem FG das Kindergeld auch für den Monat Mai.

Die Richter des BFH führten hierzu weiter aus:

  • Der Kindergeldanspruch setzt in Fällen dieser Art u.a. die antragsgemäße Behandlung des Ausländers als fiktiv unbeschränkt steuerpflichtig und den Aufenthalt der Kinder im Inland oder im EU-Ausland voraus.

  • Auch wenn der Ausländer regelmäßig für das ganze Jahr nach § 1 Abs. 3 EStG als fiktiv unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird und sich aus dem entsprechenden Einkommensteuerbescheid nicht ergibt, in welcher Zeit er inländische Einkünfte erzielt hat, ist für den Kindergeldanspruch allein das in § 66 Abs. 2 EStG verankerte Monatsprinzip entscheidend.

Hinweis:

Der BFH hatte bisher hierzu nur entschieden, dass es bei zeitweise nichtselbständig tätigen Steuerpflichtigen wie z.B. Saisonarbeitern für den Kindergeldanspruch auf den Zufluss des Lohnes ankommt. Demgegenüber stellt der BFH in dem jetzt veröffentlichten Urteil bei einem zeitweise selbständig Tätigen auf die inländische Tätigkeit und nicht auf den Zufluss des Entgelts ab. Damit wird sichergestellt, dass der Kindergeldanspruch nicht von Zufälligkeiten oder selbst gewählten Gestaltungsformen abhängt. Ob hieraus folgt, dass an der bisherigen zuflussorientierten Beurteilung bei Saisonarbeitnehmern nicht mehr festzuhalten ist, ließ der BFH ausdrücklich offen.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 29/2018 v. (Ls)

Fundstelle(n):
NWB RAAAG-85095