Online-Nachricht - Dienstag, 22.05.2018

Umsatzsteuer | Zur finanziellen Eingliederung in einer Organschaft (FG)

Die für die umsatzsteuerliche Organschaft erforderliche finanzielle Eingliederung in das Unternehmen des Mehrheitsgesellschafters liegt auch dann vor, wenn der Mehrheitsgesellschafter nur über 50 % der Stimmrechte verfügt und in beiden Gesellschaften dieselbe Person als alleiniger Geschäftsführer tätig ist (; Revision zugelassen).

Hintergrund: § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG beruht unionsrechtlich auf Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedstaat in seinem Gebiet ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln. Die Annahme einer Organschaft erfordert nicht, dass sich alle drei Eingliederungsmerkmale gleichermaßen deutlich feststellen lassen. Nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse kann die Organschaft auch dann vorliegen, wenn die Eingliederung auf einem der drei Gebiete weniger stark ausgeprägt ist (z.B: ). Aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG und der Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL folgt aber, dass alle drei Merkmale vorliegen müssen.

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob im Streitjahr 2005 eine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen der A als Organträgerin und der Klägerin (eine GmbH) als Organgesellschaft vorliegt. Gegenstand der Klägerin ist nach § 2 des Gesellschaftsvertrags u.a. die Führung der Geschäfte der A und der C e.V.. Gesellschafter der Klägerin sind die A zu 51 % und die C e.V. zu 49 %. Alleiniger Geschäftsführer der Klägerin war im Streitjahr E, der zugleich alleiniger Geschäftsführer der A und geschäftsführender Vorstand der C e.V. war. Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung stellte der Prüfer fest, dass es für die Annahme einer umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen der Klägerin und der A als Organträgerin an einer finanziellen Eingliederung der Klägerin fehle. Die A sei zwar mit 51 % mehrheitlich am Gesellschaftskapital der Klägerin beteiligt, besitze aber aufgrund einer Regelungen in § 7 des Gesellschaftsvertrags keine Stimmrechtsmehrheit und sei damit nicht in der Lage, Beschlüsse bei der Klägerin durchzusetzen.

Das Schleswig-Holsteinische FG führte hierzu aus:

  • Es liegt eine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen der Klägerin als Organgesellschaft und der A als Organträgerin vor. Die umsatzsteuerliche Organschaft ergibt sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse aus einer deutlich ausgeprägten organisatorischen und wirtschaftlichen Eingliederung sowie einer finanziellen Eingliederung aufgrund der Mehrheitsbeteiligung der A an der Klägerin.

  • Die finanzielle Eingliederung i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse auch für den im Streitfall vorliegenden Fall einer Mehrheitsbeteiligung ohne Stimmrechtsmehrheit in der Gesellschafterversammlung anzunehmen. Die Mehrheitsbeteiligung der A an der Klägerin ermöglicht die rechtssichere Bestimmung der A als Organträgerin, da die C e.V. als Minderheitsgesellschafterin von der Stellung als Organträgerin ausgeschlossen ist.

  • Das über die Mehrheitsbeteiligung hinausgehende Erfordernis einer Stimmrechtsmehrheit geht damit über das hinaus, was im Streitfall zur Erreichung dieser Ziele geeignet und erforderlich ist.

  • Die für das Vorliegen eines Über- und Unterordnungsverhältnisses zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft erforderliche Durchgriffsmöglichkeit der A auf die Klägerin ergibt sich aus der Identität der Alleingeschäftsführers der A und der Klägerin, die zu einer stark ausgeprägten organisatorischen Eingliederung der Klägerin führt.

  • Die A kann durch ihren Alleingeschäftsführer E unmittelbar in die laufende Geschäftsführung der Klägerin eingreifen. Auf diese Weise ist es der A möglich, sich die für die Abgabe von Steueranmeldungen und Steuererklärungen notwendigen Informationen zu beschaffen und die zur Erfüllung von Steueransprüchen notwendigen Ausgleichsansprüche durchzusetzen.

  • Die C e.V. kann als Minderheitsgesellschafterin durch ihre Vertreter keine abweichende Willensbildung in der Gesellschafterversammlung herbeiführen, da die Vertreter der A insoweit über eine Sperrminorität von 50 % der Stimmrechte verfügen.

Hinweis:

Das Schleswig-Holsteinische FG hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da die Voraussetzungen für die finanzielle Eingliederung nicht abschließend höchstrichterlich geklärt sind.

Quelle: ; NWB Datenbank (Ls)

Fundstelle(n):
NWB KAAAG-84176