Online-Nachricht - Montag, 16.04.2018

Verfahrensrecht | Vorläufigkeit ermöglicht keine nachträgliche Wahlrechtsausübung (FG)

Ein Vorläufigkeitsvermerk im Hinblick auf die nach einem BVerfG-Urteil zu erwartende Neuregelung des ErbStG umfasst nicht die Möglichkeit einer nachträglichen Wahlrechtsausübung auf Vollverschonung nach § 13a Abs. 8 ErbStG (; rechtskräftig).

Sachverhalt: Der Kläger erbte vom im Jahr 2012 verstorbenen Erblasser unter anderem Kommanditbeteiligungen an verschiedenen Gesellschaften. Im Rahmen seiner Erbschaftsteuererklärung stellte er zunächst keinen Antrag auf Vollverschonung des Betriebsvermögens. Im daraufhin ergangenen Erbschaftsteuerbescheid gewährte das FA auf die Beteiligungen einen Verschonungsabschlag in Höhe von 85%. Die Festsetzung erging "in vollem Umfang vorläufig" im Hinblick auf die durch das angeordnete Verpflichtung zur gesetzlichen Neuregelung. Nach Ablauf der Einspruchsfrist beantragte der Kläger die vollständige Steuerbefreiung für Betriebsvermögen gemäß § 13a Abs. 8 ErbStG. Dies lehnte das FA unter Hinweis auf den Eintritt der Bestandskraft ab. Demgegenüber berief sich der Kläger auf den Vorläufigkeitsvermerk, der die gesamte Erbschaftsteuerfestsetzung betreffe.

Das FG Münster führte hierzu u.a. aus:

  • Da der Erbschaftsteuerbescheid bestandskräftig geworden ist, hat der Kläger sein Wahlrecht nicht wirksam ausüben können.

  • Der Vorläufigkeitsvermerk durchbricht die Bestandskraft insoweit nicht. Die Reichweite eines solchen Vermerks ist durch Auslegung zu ermitteln.

  • Im Streitfall ergibt diese, dass das FA die Bestandskraft nur für den Fall hat offenhalten wollen, dass der Bescheid aufgrund einer gesetzlichen Neuregelung aufgehoben werden müsste.

  • Der Antrag auf Vollverschonung ist hiervon nicht umfasst, da dieser gerade nicht auf einer Neuregelung, sondern auf geltendem Recht beruht. Gegen diese Auslegung spricht auch nicht die „in vollem Umfang“ erklärte Vorläufigkeit. Diese Formulierung trägt lediglich dem Umstand Rechnung, dass noch nicht klar gewesen ist, in welchem Umfang der Gesetzgeber eine neue Regelung schaffen würde.

Hinweis:

Das Urteil ist auf der Homepage des FG Münster veröffentlicht.
Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: FG Münster, Newsletter April 2018 (Ls)

Fundstelle(n):
NWB HAAAG-80843