Online-Nachricht - Freitag, 06.04.2018

Dieselgate | Rücktritt vom Kaufvertrag trotz Nachbesserung (OLG)

Die Rückabwicklung des Kaufvertrags über ein Fahrzeug, das vom Hersteller mit einer Software für die Motorsteuerung versehen worden war, kommt auch dann in Betracht, wenn der Kunde ein Software-Update hat installieren lassen und das Fahrzeug anschließend genutzt hat ().

Sachverhalt: Der Käufer hatte von der Verkäuferin, die ein Audi Zentrum betreibt, im Januar 2015 einen gebrauchten Audi A 4 2,0 TDI Ambition erworben. Im September 2016 erfolgte das Software-Update durch die Verkäuferin; im Dezember 2016 trat der Kunde vom Kaufvertrag zurück.

Hierzu führten die Richter des OLG Köln weiter aus:

  • Das Fahrzeug ist bereits wegen des Einsatzes der Steuerungsoftware mangelhaft gewesen; diese sah für den Betrieb des Pkw auf dem Emissionsprüfstand einen speziellen Betriebsmodus vor, ohne dass die für die Erteilung der Betriebszulassung zuständige Behörde hiervon in Kenntnis gesetzt war.

  • Der Käufer trägt die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlschlagen einer vorgenommenen Nachbesserung nur dann, wenn er eine ihm als (Nach-)Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen hat.

  • Steht jedoch - wie hier - ein Sachmangel bei Gefahrübergang fest, ist der Anspruch des Käufers auf Übergabe und Übereignung einer mangelfreien Sache zunächst nicht vollumfänglich erfüllt worden.

  • Wird dem Käufer die als Nachbesserung in Betracht kommende Leistung - hier das Software-Update - nicht unter Anerkennung des ursprünglichen Mangels als Nacherfüllung angeboten und lässt der Käufer die Leistung auch deshalb durchführen, weil er eine Gefährdung der Betriebszulassung befürchten muss, verbleibt es bei der grundsätzlichen Darlegungs- und Beweislast des Schuldners bzw. Verkäufers für das Gelingen der (Nach-)Erfüllung.

  • Zudem sind den Kunden die zur Beurteilung des Erfolgs der Nachbesserung notwendigen Details nicht bekannt gewesen. Das spricht dafür, dass der Käufer die erfolgte Nachbesserung inhaltlich nicht habe billigen wollen, sondern an der Durchführung des Software-Updates nur deshalb mitgewirkt hat, um das Fahrzeug weiterhin nutzen zu können.

  • Der Käufer muss allerdings konkrete Sachmängel darlegen, die auf das Software-Update zurückgehen sollen. Dem hat der Kläger genügt, indem er nachteilige Auswirkungen des Software-Updates auf die Motorleistung, den Verbrauch, die CO2-Emissionen und die Lebensdauer des Pkw bzw. seiner Teile (Verschleiß) behauptet hat.

  • Einer Nachfristsetzung hat es hier nicht bedurft. Eine erneute Nachbesserung hätte es u.a. erfordert, dass der Hersteller eine neue Lösung zur Einhaltung der Stickstoffoxid-Emissions-Grenzwerte unter Beibehaltung der bisherigen Leistungs- und Verbrauchswerte sowie unter Schonung der Bauteile des Fahrzeugs entwickelt, erprobt und nach Erwirkung einer neuerlichen Freigabe des Kraftfahrtbundesamtes in der erforderlichen Menge hätte herstellen lassen. Den Käufern, kann es nicht zugemutet werden, sich erneut auf eine ungewisse Nachbesserung mit unbekanntem Inhalt in einem nicht prognostizierbaren zeitlichen Rahmen einlassen zu müssen.

Hinweis:

Der Senat hat eine Beweiserhebung angeordnet, zu deren Vorbereitung er dem Verkäufer aufgegeben hat, die Wirkungsweise der ursprünglich, d.h. vor dem Software-Update, zur Motorsteuerung eingesetzten Software in beiden Betriebsmodi sowie des Software-Updates und des im Zusammenhang damit eingebauten Strömungsgleichrichters darzulegen. Sodann soll mit Hilfe eines Sachverständigen insbesondere darüber Beweis erhoben werden, ob das Software-Update nachteilige Auswirkungen auf die Leistung, den Verbrauch, die Stickstoffoxid- und die CO2-Emissionen und die Lebensdauer des Fahrzeugs bzw. einzelner Bauteile hat.

Das Urteil ist demnächst im anonymisierten Volltext unter www.nrwe.de abrufbar.

Quelle: OLG Köln, Pressemitteilung v. 29.03.2018 (il)

Fundstelle(n):
NWB PAAAG-80220