BGH Beschluss v. - 3 StR 262/16

Anordnung der Sicherungsverwahrung: Vorverurteilung bei nachträglicher Gesamtstrafenbildung

Gesetze: § 55 StGB, § 66 Abs 1 S 1 Nr 2 StGB, § 66 Abs 4 S 1 StGB

Instanzenzug: Az: 2020 Js 18762/15 - 1 KLsnachgehend Az: 2 BvR 512/17 Nichtannahmebeschluss

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Verabredung zum Verbrechen der besonders schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition, einer Schusswaffe sowie Munition" zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2Während der Schuld- und der Strafausspruch materiellrechtlicher Prüfung standhalten, kann die vom Landgericht auf § 66 Abs. 1 StGB gestützte Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung keinen Bestand haben; denn den Urteilsgründen sind die erforderlichen formellen Voraussetzungen nicht zu entnehmen.

3Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 StGB setzt unter anderem voraus, dass der Täter die neue Tat nach zwei vorangegangenen Verurteilungen wegen Straftaten aus dem Katalog des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB zu Freiheitsstrafen von jeweils mindestens einem Jahr begangen hat (§ 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB). Dabei gilt nach § 66 Abs. 4 Satz 1 StGB die Verurteilung zu einer Gesamtstrafe als eine Verurteilung. Diese Vorschrift findet auch Anwendung, wenn die Gesamtstrafe im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB gebildet worden ist. Danach ist hier nur eine Vorverurteilung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB gegeben. Zwar liegen der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Lüneburg vom mehrere Einzelfreiheitsstrafen von mehr als einem Jahr zugrunde. Diese Einzelstrafen gelten aber gemäß § 66 Abs. 4 Satz 1 StGB als eine einzige Verurteilung, weil sie in die durch das Urteil des Landgerichts Lüneburg, Kammern in Celle, vom verhängte Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen worden sind (vgl. , NStZ-RR 2009, 307 mwN). Vorangegangene Verurteilungen des Angeklagten haben lediglich Straftaten zum Gegenstand, die von dem Katalog des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB nicht erfasst sind.

4Ob die Verhängung der Maßregel nach § 66 Abs. 2 oder 3 StGB in Betracht kommt, vermag der Senat nicht zu entscheiden, weil er hier die insoweit geforderte Ermessensentscheidung nicht selbst treffen kann. Sie ist vielmehr dem neuen Tatgericht vorbehalten (, juris Rn. 3 mwN). Die Sache bedarf daher im Maßregelausspruch neuer Verhandlung und Entscheidung.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:131216B3STR262.16.0

Fundstelle(n):
KAAAG-78931